Ein Missverhältnis zwischen Aufwand und Belohnung ist der größte Einflussfaktor auf die Absichten von Pflegenden, ihren Beruf zu verlassen oder den Arbeitgeber zu wechseln. Das zeigt eine bundesweite Online-Umfrage der Alice Salomon Hochschule Berlin (ASH) unter knapp 2.700 Pflegefachpersonen. Wie die ASH am Donnerstag berichtet hat, stünden hoher Zeitdruck und viel Verantwortung einer nur moderaten Bezahlung und Anerkennung gegenüber.
Corona-Pandemie erhöht Unzufriedenzeit beim Pflegepersonal
Etwa 40 % der befragten Pflegenden gaben laut ASH an, mind. monatlich daran zu denken, den Pflegeberuf zu verlassen. Ca. 30 % überlegten monatlich, den Arbeitsplatz zu wechseln, und rd. ein Drittel wolle die Arbeitszeit reduzieren.
Seit Beginn der SARS-CoV-2-Pandemie hätten sich die Arbeitsbedingungen beruflich Pflegender verschärft. Dies führe zu einem erhöhten Wunsch, den Beruf zu verlassen, argumentierte die ASH weiter.
Kollaps droht, wenn Pflegende ihre Ausstiegsabsichten realisieren sollten
Bislang sei es weder Politik noch Arbeitgebern gelungen, dem Bedürfnis der Berufsgruppe nach mehr Anerkennung und Belohnung zu entsprechen, bemängelte der ASH-Professor für Pflegewissenschaften und einer der Leiter der Umfrage, Johannes Gräske. Er schlussfolgerte aus den Ergebnissen:
"Die Gesundheitspolitik muss (…) sowohl Belohnungsanreize setzen, als auch – und das ist wesentlich dringender – die Belastungen der Pflegenden nachhaltig senken."
Nur so könne das "ungünstige Verhältnis von Aufwand und Belohnung korrigiert" werden. Damit würde dann auch der Wunsch, den Beruf zu verlassen, an Bedeutung verlieren, ist sich Gräske sicher. Wenn die Pflegenden ihre Ausstiegsabsichten tatsächlich realisieren sollten, bestünde für das deutsche Gesundheitssystem die "akute Gefahr" eines Zusammenbruchs. In der Pandemie habe die Berufsgruppe den Kollaps bisher verhindert, mahnte der Pflegewissenschaftler.
Die Studienerhebung erfolgte von Mai bis Juli 2021. Dafür hatte die ASH alle Krankenhäuser (basierend auf dem aktuellen Krankenhausverzeichnis des Statistischen Bundesamts), Langzeitpflegeeinrichtungen und ambulanten Pflegedienste (basierend auf dem AOK-Pflegenavigator) angeschrieben.