Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hat für seine Reformvorschläge in der Reha- und Intensivpflege viel Kritik einstecken müssen. Jetzt hat er seine Reformpläne angepasst. Sein neuer Entwurf stellt Patientinnen und Patienten besser, die künstlich beatmet werden müssen. Seinen Kritikern geht das indes nicht weit genug.
Mit dem neuen Entwurf wolle das Ministerium klarstellen, dass es weiterhin möglich sein soll, Intensivpflege-Bedürftige zu Hause zu betreuen. Die Wahlmöglichkeit für Patientinnen und Patienten solle erhalten bleiben.
Mit einem überarbeiteten Gesetzentwurf wollen wir die Versorgung von Intensiv-Pflegebedürftigen verbessern. Damit greifen wir die Anregungen von Betroffenen auf und räumen Missverständnisse aus. https://t.co/fNg3nbUzfS pic.twitter.com/tzy9hsH9DA
— BMG (@BMG_Bund) 6. Dezember 2019
Spahn gab vor wenigen Tagen einen überarbeiteten Entwurf in die regierungsinterne Abstimmung.
Für die Qualität von Intensivpflege-Angeboten zu Hause oder in Pflege-Wohngemeinschaften sind zugleich einheitliche Vorgaben und stärkere Kontrollen vorgesehen. Gründe dafür sind u. a. Fälle von Geschäftemachereien und Zweifel an der Betreuungsqualität in der Versorgung solcher Patientinnen und Patienten zu Hause.
Gegensteuern will Spahn außerdem mit finanziellen Anreizen. So sollen die Eigenanteile von bis zu 3.000 Euro im Monat, die Betroffene für die Intensivpflege im Heim bisher selbst zahlen müssen, laut Ministerium künftig die Kassen übernehmen. Bisher wird nur die Intensivpflege zu Hause komplett von der Kasse bezahlt.
Inklusionsbeirat hat "große Sorge"
Der Inklusionsbeirat auf Bundesebene beobachtet die geplanten gesetzlichen Änderungen "mit großer Sorge". In einer Stellungnahme von Montag fordert der Inklusionsbeirat die Bundesregierung auf, "keinen Gesetzentwurf zu beschließen, der so eklatant" die UN-Behindertenrechtskonvention verletze, indem er Menschen mit einem hohen Bedarf an medizinischer Behandlungspflege schlechterstelle als bisher.
Nach wie vor sei zu befürchten, dass beatmete Menschen aus Kostengründen in stationäre Pflegeeinrichtungen gedrängt würden.
Deutliche Kritik kommt auch von der Sprecherin für Behindertenpolitik der Bundestagsfraktion Bündnis90/Die Grünen, Corinna Rüffer: "Nur weil das umstrittene Reha- und Intensivpflege-Stärkungsgesetz (RISG) jetzt Intensivpflege- und Rehabilitationsstärkungsgesetz (IPREG) heißt, hat sich am zentralen Streitpunkt nichts geändert: Beatmeten Menschen soll das Recht auf eine selbstbestimmte Wahl des eigenen Wohnorts weiterhin verwehrt werden. Nach wie vor findet der Bundesgesundheitsminister: Wenn es zu teuer wird, dann geht es ins Pflegeheim."
Im Fall einer ambulanten Versorgung sehe Spahns Vorschlag einen Kostenvorbehalt vor, den es bislang nicht gebe. Der Wunsch nach dem Leben in der eigenen Wohnung solle nur noch berücksichtigt werden, wenn die Krankenkasse zur Ansicht gelange, auf diese Weise würden Selbstbestimmung und Teilhabe möglich.
Die Kassen würden aber "nie ausschließlich im Sinne der Betroffenen entscheiden", sondern Kosten abwägen. Das schüre begründete Ängste und Unsicherheiten bei Betroffenen, so Rüffer weiter. Das Recht behinderter Menschen, über ihren Wohnort zu entscheiden, sei Spahn "offenbar egal".