• 28.03.2023
  • Bildung
Erfahrungen mit der generalistischen Ausbildung

"Wir müssen das gesamte System neu denken"

Die Schwester Der Pfleger

Ausgabe 4/2023

Seite 62

In diesem Jahr schließen die ersten Pflegefachfrauen und -männer ihre Ausbildung ab. Über die bisherigen Erfahrungen und künftigen Herausforderungen der Generalistik sprachen wir mit zwei ausgewiesenen Experten der Pflegebildung: Christine Vogler und Carsten Drude.

Frau Vogler, Herr Drude, kürzlich haben die ersten Absolventinnen und Absolventen der generalistischen Pflegeausbildung ihre Abschlusszeugnisse erhalten. Wann ist es an Ihren Bildungseinrichtungen so weit?

Drude: An unserer Akademie in Münster haben wir noch etwas Zeit: Die ersten Generalistinnen und Generalisten werden ihre Ausbildung im Juli abschließen.

Vogler: Wir beenden unsere ersten Jahrgänge im März. Wenn dieses Interview erscheint, haben wir unseren Absolventinnen und Ab- solventen also bereits gratuliert.

Wie bewerten Sie die ersten drei Jahre der Ausbildungsreform – was lief gut, wo ergaben sich Probleme?

Drude: Insgesamt hat die Umstellung sehr gut funktioniert. Besonders positiv bewerte ich die große Bereitschaft der Lehrenden, sich auf die neuen Inhalte und Strukturen einzulassen – das wird uns, dem Bundesverband Lehrende Gesundheits- und Sozialberufe, von vielen Bildungseinrichtungen zurückgemeldet. Während der Übergangsphase, die übrigens immer noch andauert, ist das parallele Unterrichtssystem mit all seinen Herausforderungen für die Lehrenden eine echte Doppelbelastung. Das ist auch mein erster Kritikpunkt: Trotz zahl-reicher Förderprogramme ist die messbare Mehrarbeit in den Stellenplänen der Lehrenden nicht refinanziert worden. Handlungs- bedarf sehe ich zweitens im Hinblick auf die Vorgaben zu den verpflichtenden Praxisphasen. Hier wünsche ich mir mehr Flexibilität, damit es nicht zum „Überlaufen“ einzelner Praxisbereiche kommt – wie derzeit in vielen Einrichtungen der Fall. Auch die starren Regelungen für die Abschlussprüfungen sollten flexibeler gestaltet werden, zum Beispiel in Form praktischer Prüfungen im Skills Lab oder Simulationszentrum. Die Pandemiephase hat gezeigt, was alles möglich ist – jedoch sind die Ausnahmeregelungen wieder zurück- genommen worden.

Nach zwei Jahren Ausbildung können die Auszubildenden entscheiden, ob sie den generalistischen Abschluss oder den Berufsabschluss in der Altenpflege beziehungsweise Gesundheits- und Kinderkrankenpflege anstreben. Wie viele Ihrer Auszubildenden haben sich für diese spezialisierten Abschlüsse entschieden?

Drude: An unserer Einrichtung wurde ausschließlich der generalistische Abschluss gewählt. Ein Teil der Auszubildenden hat allerdings die Möglichkeit der Vertiefung in der Pädiatrie genutzt.

Vogler: Bei uns haben sich ebenfalls alle für die Berufszulassung als Pflegefachfrau oder Pflegefachmann entschieden.

Das Pflegeberufegesetz sieht eine Evaluation des Wahlrechts bis Ende 2025 vor. Bei mangelnder Nachfrage ist es möglich, die besonderen Berufsabschlüsse abzuschaffen und den Fokus allein auf die Generalistik zu legen. Glauben beziehungsweise hoffen Sie, dass es dazu kommt?

Drude: Ich bin davon überzeugt, dass die ursprüngliche Idee der generalistischen Pflegeausbildung – ein gemeinsamer Abschluss – der richtige Weg ist. Um nicht falsch verstanden zu werden: Es bedarf eines hohen Maßes an Spezialisierung – und das nicht nur in den Settings der genannten besonderen Berufsabschlüsse. Die Spezialisierung muss aber an die breit gefächerte Grundausbildung anschließen.

Wie sollte die Spezialisierung im Anschluss an die generalistische Grundausbildung künftig organisiert werden?

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