• 25.01.2022
  • Bildung
Lernortkooperationen

Gemeinsam die Ausbildung gestalten

Unsere Autorinnen haben Merkmale einer gelungenen Lernortkooperation herausgearbeitet.

Die Schwester Der Pfleger

Ausgabe 2/2022

Seite 64

Eine gute Lernortkooperation ist durch den engen Austausch einer Pflegeschule und einer Praxiseinrichtung gekennzeichnet – mit dem gemeinsamen Ziel einer effizienten beruflichen oder hochschulischen Pflegeausbildung. Unsere Autorinnen haben Merkmale einer gelungenen Lernortkooperation herausgearbeitet.

Eine Lernortkooperation bezeichnet die Zusammenarbeit von Pflegeschulen mit den Trägern der praktischen Ausbildung auf der Grundlage einer schriftlichen Vereinbarung oder eines Vertrags. Laut Pflegeberufegesetz (PflBG) § 10 Abs. 1 und 2 trägt die Pflegeschule die Gesamtverantwortung für die Koordination des Unterrichts mit der praktischen Ausbildung. Demnach sind Pflegeschulen auch für eine gelingende Koordinierung der Lernortkooperationen verantwortlich.

Eine funktionierende Lernortkooperation unterstützt ein effizientes Ausbildungsgeschehen. Das Wissen um die Bedingungen und Anforderungen des jeweils anderen Lernorts ist für Lehrende, praktisch Ausbildende und Praxisanleitende wesentlich. Abhängig von den jeweiligen Gegebenheiten vor Ort kann eine Kooperation der Lernorte auf unterschiedlichen Ebenen erfolgen: Sie kann sich auf fachliche, pädagogische und/oder organisatorische Schwerpunkte beziehen.

In einer Publikation des Bundesinstituts für Berufsbildung (BIBB) [1] sind Formulierungshilfen für eine erfolgreiche Zusammenarbeit im Rahmen einer Lernortkooperation veröffentlicht. In dieser Handreichung sind auch die verschiedenen Formen von Lernortkooperationen beschrieben, wozu beispielsweise einseitige oder wechselseitige Verträge mit Praxiseinsatzstellen zählen. Unterschiedliche Voraussetzungen in Bezug auf Trägerschaft, Größe, Spezifika der Region usw. können in den Kooperationsverträgen festgehalten werden.

Fachveranstaltungen des BIBB unter Einbezug von Expertinnen und Experten der Pflegebildung bestätigen den Mehrwert einer Lernortkooperation. Dies gilt für die berufliche und hochschulische Pflegeausbildung gleichermaßen. Feste Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartner auf beiden Seiten und eine damit einhergehende klare Kommunikation zur Abstimmung verbindlicher Ziele sind wichtig für einen kontinuierlichen Austausch und ein respektvolles Miteinander. Der organisierte Austausch zu didaktischen Fragen sowie die gemeinsame Entwicklung und Evaluation von Inhalten, Lernaufgaben, Prüfungsinhalten und Bewertungsstandards ist einer transparenten Pflegeausbildung zuträglich. Praxisanleitende nehmen im Rahmen einer Lernortkooperation eine vermittelnde und orientierende Rolle ein.

Die Rolle der Praxisanleitenden

Die Wissensvermittlung für die Auszubildenden findet an unterschiedlichen Lernorten statt: an den Pflegeschulen im Rahmen des theoretischen und praktischen Unterrichts mit 2.100 Stunden und in der praktischen Pflegeausbildung mit 2.500 Stunden.

In der Zeit der praktischen Pflegeausbildung lernen die Auszubildenden die vorgegebenen Einsatzbereiche kennen. Aufgrund der orientierenden und vertiefenden Einsätze sind die Auszubildenden in der Lage, sich die entsprechenden Kompetenzen anzueignen. Das Ziel liegt hier vor allem in der Verzahnung des theoretischen Wissens mit dem praktischen Pflegehandeln. Maßgebend hierbei ist vor allem die Weitergabe der praktischen Expertise der Pflegenden, die durch die Praxisanleitenden in den unterschiedlichen praktischen Lernorten gewährleistet wird.

Praxisanleitende haben neben ihrer Pflegeausbildung nach PflBG § 4 Abs. 3 eine berufspädagogische Zusatzqualifikation im Umfang von mindestens 300 Stunden absolviert. Mit Beginn der generalistischen Pflegeausbildung wurde dies um eine kontinuierliche, berufspädagogische Fortbildung im Umfang von mindestens 24 Stunden jährlich erweitert. Ein im besten Fall von allen an der Pflegeausbildung beteiligten Akteuren entwickelter Gesprächsleitfaden unterstützt eine sorgfältige Reflexion der Anleitungssituationen mit den Auszubildenden und Studierenden.

Ein Tätigkeitsfeld der Praxisanleitenden betrifft die pädagogische Unterstützung der Pflegepraxis. Dazu gehört beispielsweise eine Konzeption, die alle Pflegefachpersonen befähigt, Auszubildende in situativen Anleitungssituationen kompetenzfördernd zu begleiten. Auch die Einhaltung von mindestens zehn Prozent geplanter Praxisanleitung während des jeweiligen Praxiseinsatzes der Auszubildenden und ihre Hilfe bei der Bearbeitung von Arbeits- und Lernaufgaben gehören dazu.

Um die Sichtbarkeit der Praxisanleitung im Pflegealltag zu erhöhen, ist es hilfreich, die Zeiten der gesetzlich vorgeschriebenen geplanten und strukturierten Praxisanleitung im Dienstplan zu kennzeichnen – sowohl bei den Auszubildenden als auch bei den Praxisanleitenden. Die Praxisanleitenden geben zudem zu Beginn des ersten Ausbildungsjahres Unterstützung zum Führen des Ausbildungsnachweises. Vorlagen hierfür finden sich auf der Website des BIBB [2].

Ein weiteres Tätigkeitsfeld der Praxisanleitenden ist die Zusammenarbeit mit der Pflegeschule im Rahmen einer Lernortkooperation. Das gemeinsame Ziel aller Akteure lautet, eine kompetenzfördernde Lernumgebung für die Auszubildenden zu schaffen. Das gelingt besonders gut, wenn ein kontinuierlicher Austausch zwischen Praxisanleitenden, Pflege- pädagoginnen und -pädagogen sowie Auszubildenden gewährleistet ist.

Hilfreich hierfür sind digitale Plattformen, zu denen alle an der Ausbildung beteiligten Personen Zugriff haben. Auf diesen Plattformen werden Austauschmöglichkeiten, Arbeits- und Lernaufgaben, Terminabsprachen von Praxisbegleitungen und persönliche Einladungen zu Lernortkooperationstreffen versendet. Manche Praxisanleitenden erarbeiten auch auf diesem Medium gemeinsam mit den Praxisbegleitenden der Pflegeschulen Beurteilungsbögen. Mehr zur Rolle der Praxisanleitenden ist in einer aktuellen Publikation des BIBB [3] nachzulesen.

 

Praxisanleiterkonferenz erleichtert Abstimmung

Damit Praxiseinrichtungen und Pflegeschulen ein gemeinsames Verständnis von Kompetenzen und Qualitätsstandards entwickeln können, braucht es einen kontinuierlichen und organisierten Austausch zu didaktischen Fragen. Die teilnehmenden Praxisanleitenden, Pflegelehrenden und Entscheidungsträger der beteiligten Einrichtungen bestimmen die Inhalte der regelmäßigen Austauschtreffen – meist Praxisanleiterkonferenzen, aber auch Praxisanleitertreffen, -workshop oder -sitzung genannt. Diese Abstimmungsprozesse zwischen allen beteiligten Akteuren sollten auf Augenhöhe [4] und auf Grundlage eines wertschätzenden Dialogs [5] stattfinden.

Eine Praxisanleiterkonferenz ist wichtiger Bestandteil einer gelebten Lernortkooperation und wird i. d. R. von der Pflegeschule organisiert. Zu Beginn einer Kooperation sollten sowohl Ziele als auch Begrifflichkeiten, Aufgaben, Verantwortlichkeiten und Entscheidungswege der Kooperation festgelegt werden. Ein nach § 8 Abs. 3 PflBG gemeinsamer Ausbildungsplan als Teil der Lernortkooperation ist Erfolg versprechend, wenn er kooperativ, sachlich und zeitlich mit allen an der praktischen Pflegeausbildung beteiligten Akteuren gestaltet und vertraglich geregelt ist.

An Praxisanleiterkonferenzen nehmen die Praxisanleitenden aller beteiligten Institutionen eines bestehenden Ausbildungsverbundes teil, damit alle Versorgungssettings vertreten sind. Pflegedienst- und Stationsleitungen können je nach Situation ebenfalls teilnehmen. Tabelle 1 fasst die möglichen Inhalte von Praxisanleiterkonferenzen zusammen.

Teilnehmende der BIBB-Fachveranstaltungen berichteten, dass die zeitliche Gestaltung der Praxisanleiterkonferenzen nach Bedarf der Lernorte ausgelegt wird. So finden Treffen z. B. zwei- bis viermal pro Jahr an einem zentralen Ort statt. Es gibt ebenso unterschiedliche Zeitrahmen für diese Zusammenkünfte, die von 90 Minuten bis zu einem vollen Arbeitstag reichen. Eine verlässliche Kommunikation ist entscheidend. Sie kann auch aus einer Mischung aus persönlichen und virtuellen bzw. telefonischen Absprachen und einer ausreichend zeitlichen Verfügbarkeit für Vor-Ort-Besuche bestehen. Die Praxisanleiterkonferenz wird auch in den Dienstplänen der Einrichtungen gekennzeichnet.

Lernortkooperationen fördern kollegialen Austausch

Zusammenfassend ist festzuhalten, dass Lernortkooperationen die Zusammenarbeit der Akteure in der beruflichen und hochschu- lischen Pflegeausbildung vertiefen. Praxisanleiterkonferenzen sind ein bedeutender Teil von Lernkooperationen, da sie den kollegialen Austausch und die Netzwerkarbeit fördern. Diese Arbeitskreise sind Kommunikations- und Informationsforen, in denen auch auf das Pflegeberufegesetz abgestimmte Methoden für Praxisanleitende erarbeitet werden können.

Von den Pflegeschulen organisiert, verbessert sich die Einbindung der Praxisanleitenden in die Pflegebildung und gewährleistet den Theorie-Praxis-Transfer. Eine geplante und strukturierte Praxisanleitung steigert die Zufriedenheit der Praxisanleitenden, Lehrenden und Auszubildenden gleichermaßen – dies fördert eine fachlich fundierte Pflege, ein gutes Arbeitsklima und langfristig den Verbleib der professionell Pflegenden in ihrem Beruf.

 

[1] Kooperationsverträge in der beruflichen Pflegeausbildung: Fachworkshop-Empfehlungen zur Umsetzung in der Praxis. Im Internet: lit.bibb.de/vufind/Record/DS-184381; Zugriff: 14.01.2022

[2] Musterentwurf zum Ausbildungsnachweis. Im Internet: www.bibb.de/de/117108.php; Zugriff: 14.01.2022

[3] Empfehlungen für Praxisanleitende im Rahmen der Pflegeausbildung nach dem Pflegeberufegesetz (PflBG). Im Internet: www.bibb.de/dienst/veroeffentlichungen/de/ publication/show/17241; Zugriff: 14.01.2022

[4] Leibig A, Sahmel KH. Methodische Kompetenzen von PraxisanleiterInnen für die hochschulische Ausbildung. PADUA 2019; 1 (14): 7–12

[5] Darmann-Finck I, Reuschenbach B. Akademisierung der Pflegeberufe – Weg aus der Angebotsmisere? Gesundheits- und Sozialpolitik 2019; 73(4–5):78–83

[6] Klein Z et al. Empfehlungen für Praxisanleitende im Rahmen der Pflegeausbildung nach dem Pflegeberufegesetz (PflBG). BIBB; 2020

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