4.000 Euro Einstiegsgehalt für Pflegende – eine gerechtfertigte Forderung, sagt Ute Klammer, die Direktorin des Instituts Arbeit und Qualifikation (IAQ) an der Universität Duisburg-Essen. Einen Beleg dafür liefert der von ihr gemeinsam mit Christina Klenner und Sarah Lillemeier entwickelte „Comparable Worth“-Index, kurz CW-Index.
Frau Professor Klammer, zu welchem Zweck haben Sie den CW-Index entwickelt?
Der CW-Index macht Berufe gemäß der mit ihnen verbundenen Anforderungen und Belastungen sowie ihrer Verantwortung und Bezahlung geschlechtsunabhängig vergleichbar. Die Analyse mit diesem Messinstrument macht deutlich, dass wir in Deutschland von dem Prinzip „gleicher Lohn für gleichwertige Arbeit“ weit entfernt sind, obwohl dieser Grundsatz eine Kernarbeitsnorm der Internationalen Arbeitsorganisation darstellt und zudem in den Verträgen der Europäischen Union verankert ist.
Wie ist der CW-Index von seiner Systematik her aufgebaut?
Unser Index nimmt Werte von 15 bis 32 an – je nach Summe der Anforderungen und Belastungen, die wir für die jeweilige Berufsgruppe ermitteln konnten. Die Bewertung erfolgt auf Grundlage der sogenannten ISCO-Berufsklassifikation, der International Standard Classification of Occupations. Je größer die Anforderungen, desto höher die CW-Gruppe.
Wo ordnen Sie die berufliche Pflege im CW-Index ein?
Die „sonstigen Assistenzberufe im Gesundheitswesen“, ISCO 325, sind in der CW-Gruppe 24 verortet, „nicht akademische sozialpflegerische Berufe“, ISCO 341, in Gruppe 26 und „nicht akademische Krankenpflege- und Geburtshilfefachkräfte“, ISCO 322, sogar in Gruppe 28. Dies liegt am oberen Ende der Skala. Vor allem bei den beiden letztgenannten Gruppen handelt es sich also um wirklich anspruchsvolle Berufe.
Wie sähe laut CW-Index eine faire Vergütung der beruflichen Pflege aus?
Unseren Analysen zufolge müssten ausgebildete Pflegefachpersonen wie bestimmte Ingenieursberufe bezahlt werden, damit wir von fairem Lohn sprechen können. Wenn wir die Ingenieurslöhne als angemessen – und nicht überhöht – ansehen, hieße das, dass die Löhne von Pflegefachpersonen theoretisch gut und gerne um die Hälfe angehoben werden müssten. Angesichts eines momentanen Einstiegsgehalts von rund 2.300 Euro brutto sind wir da schnell bei 4.000 Euro oder sogar mehr. Die Forderung der Pflegeverbände und -kammern eines Einstiegsgehalts in dieser Größenordnung ist also nachvollziehbar und gerechtfertigt – unabhängig von der Frage, ob das durchsetzbar ist oder wie es finanzierbar wäre.