• 21.04.2017
  • Rechtswissen
Serie Rechtsfragen

Intermediate-Care-Station: Muss ein Arzt anwesend sein?

Die Schwester Der Pfleger

Ausgabe 5/2017

Seite 81

Frage: Ich arbeite auf einer Kombination aus Aufwachraum und Intermediate-Care-Station (IMC), auf der Patienten postoperativ überwacht oder kritische Patienten von anderen Abteilungen übernommen werden. Einen Stationsarzt gibt es nicht, die Patienten werden durch die zuständige Fachabteilung betreut. Dies führt im Alltag zu langen Wartezeiten und Kommunikationsschwierigkeiten. Das Personal läuft den Anordnungen hinterher, weil etwa ein chirurgischer Patient am Nachmittag von einem Orthopäden mitbetreut wird. Ich empfinde diese Regelung als äußerst unglücklich und sehe eine deutliche Gefahr in der zeitnahen Betreuung und angemessenen Versorgung von Patienten. Daher meine Frage: Ist die Anwesenheit eines Arztes auf der IMC aus rechtlicher Sicht erforderlich?

Eine IMC-Station befindet sich hinsichtlich ihrer Versorgungsanforderung zwischen einer Intensiv- und Normalstation. Auf ihr sollte ein Intensivmediziner die fachliche Aufsicht führen, er muss aber nicht ständig anwesend sein. Ein intensivmedizinisch geschulter Arzt sollte allerdings schnell verfügbar sein. Im pflegerischen Bereich sollte insbesondere die Leitung eine intensivmedizinische Weiterbildung haben und weitere Mitarbeiter über eine mindestens einjährige Berufserfahrung verfügen. Überdies sollte die Zusammenarbeit von Ärzten und Pflegenden komplementär und nicht hierarchisch geprägt sein. Damit können „übertragbare ärztliche Tätigkeiten“ in der Regel vom Pflegedienst übernommen werden. Ärztlicher Einzelanordnungen bedarf es dann nicht. Hier sollte über ärztliche Leitlinien und Standards eine Absprache der Zusammenarbeit erfolgen, die Einzelanordnungen überflüssig macht.

Zwar hat die Einrichtung eine Organisationsfreiheit und in der Tat wird dies in den verschiedenen Kliniken in Deutschland sehr unterschiedlich umgesetzt. Teilweise wird über eine zentrale ärztliche Steuerung – teilweise über Anordnungen der abgebenden Ärzte, teilweise über Bereitschaftsdienste – die ärztliche Kompetenz sichergestellt. Erlaubt sind alle Organisationsformen, die die Sicherheit des Patienten gewährleisten.

Aus der Frage wird überdies ersichtlich, dass die IMC mit einer postoperativen Wachstation kombiniert ist. Das ist erlaubt, setzt aber eine ausreichende Personalausstattung voraus. Hier wird von einem Personalschlüssel von eins-zu-vier oder gar eins-zu-drei ausgegangen.

Allerdings kommt es entscheidend auf die Kompetenzverteilung im ärztlichen Bereich an. Dass hier jeder Arzt sein eigenes Süppchen kocht, ist inakzeptabel. Die Pflegepersonen brauchen eine Kontinuität hinsichtlich der Verfahrensweise und den ärztlichen Anordnungen, die überdies zeitnah erfolgen müssen. Auch muss sichergestellt werden, dass zeitnahe ärztliche Interventionen möglich sind. Es besteht nämlich ansonsten die Gefahr, dass Mitarbeiter in der Pflege eigenmächtig tätig werden oder erforderliche Maßnahmen unterlassen, die bei einem Zwischenfall zu einer persönlichen, insbesondere strafrechtlichen, Verantwortung des beim Patienten anwesenden Pflegemitarbeiters führen kann. Es bedarf deshalb eines steuernden Arztes auf der IMC- und Wachstation.

Das ist nicht nur Angelegenheit des ärztlichen Dienstes, sondern muss das Krankenhausmanagement durch geeignete Sicherstellungsmaßnahmen gewährleisten. Es ist für die von den ärztlichen Anordnungen abhängigen Pflegepersonen unzumutbar, nicht zeitnah zu wissen, wie vorzugehen ist. Das ist sehr gefährlich und muss durch ein Risikomanagement beseitigt werden. Bei einem Zwischenfall wird von einem Organisationsverschulden des Krankenhauses ausgegangen, aus dem es kein Entrinnen gibt. Wenn das der ärztliche Dienst selbst nicht schafft, bedarf es sicherstellender Anordnungen der Krankenhausleitung, die durchgesetzt werden müssen.

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