• 28.04.2025
  • Praxis
Wundmanagement

Parastomale Wunden professionell versorgen

Die Schwester Der Pfleger

Ausgabe 5/2025

Seite 9

Die Versorgung parastomaler Wunden ist für alle Beteiligten eine Herausforderung. Unser Autor beschreibt das fachgerechte Vorgehen – vom Assessment bis zur individuellen Beratung.

Parastomale Wunden sind Haut- oder Ge­webeschäden, die in direkter Umgebung eines Stomas auftreten. Sie können verschiedene Ursachen haben, zum Beispiel eine unzureichende Versorgung, unzureichende Hygiene oder Wundheilungsstörungen.

Wunde phasengerecht versorgen

Das Wundassessment im parastomalen Bereich umfasst die Beurteilung der lokalen Wundsituation anhand vorgegebener Para­meter wie Wundgröße, Wundrand und Wundtiefe.

Die Wundanamnese ist ein entscheidender Schritt, um die Entstehung der Wunde, bis­herige Behandlungen und die subjektive Wahrnehmung der Patientin oder des Patienten zu erfassen. Sie berücksichtigt nicht nur medizinische Faktoren, sondern auch psychosoziale Aspekte wie Ernährung, Schmerz, Lebensstil und Lebensqualität. Ziel ist, eine individuelle Therapieplanung zu ermöglichen [1].

Die phasengerechte Versorgung einer parastomalen Wunde orientiert sich an der Wundgröße, der Wundtiefe, dem Wundgrund, der Beschaffenheit der Wundränder und der Wundumgebung [2]. Die Exsudatmenge beeinflusst das Wechselintervall des Wundversorgungsprodukts. Vor allem wenn ungeeignete Produkte verwendet werden, können diese Mazeration und weitere Hautschäden verursachen. Bei einer Mazeration am parastomalen Wundrand ist das Risiko für das Eindringen von Erregern erhöht. Zudem ist die Haftung von Wund- und Stomaversorgungsprodukten in diesem Bereich reduziert. Aufgrund des entstehenden Wundexsudats ist es oft notwendig, die Stomaversorgung häufiger zu wechseln.

Bei der Versorgung parastomaler Wunden ist es entscheidend, auf eine saubere und trockene Umgebungshaut zu achten. Ein adäquater Wundrandschutz sowie die Verwendung eines Wundversorgungsprodukts, das auf die Exsudatmenge abgestimmt ist, sind un­erlässlich [2]. Die Behandlung sollte Ri­sikofaktoren berücksichtigen und sich an Standards sowie Therapie- und Hygiene­empfehlungen orientieren.

Das Hauptrisiko bei der Wundbehandlung im parastomalen Bereich besteht darin, dass bei größeren Wunden oder Wundhöhlen die Aufnahmekapazität des hydrokolloiden Materials der Stomaversorgung allein nicht mehr ausreicht. Dies kann zu Undichtigkeiten und in der Folge zu einem gestörten Säureschutzmantel der Haut führen, was durch okkludierende Hautpflege- und Versorgungsprodukte verstärkt werden kann [2].

Für die Erstellung eines Therapieplans braucht es eine ärztliche Beurteilung und Diagnose im Fokus der Wundversorgung. Um optimale Voraussetzungen für die Wund­heilung zu schaffen, gilt es, die Hämostase zu überwachen, bakterielle Belastungen zu behandeln und belastende Faktoren wie Nekrosen zu entfernen. Zudem sollte die Wunde vor äußeren Einflüssen geschützt werden, um den Heilungsprozess zu fördern [3].

Richtige Produkte auswählen

Die Produkte, die zur Stomaversorgung ein­gesetzt werden, können ebenfalls einen Einfluss auf die Wundheilung haben. Es gibt mittlerweile viele verschiedene Varianten der sogenannten konvexen Stomaversorgungs­produkte, die sich anhand von zum Beispiel Höhe, Durchmesser, Flexibilität und Festigkeiten unterscheiden.

Produkte mit einer integrierten konvexen Komponente aus hartem Kunststoff erfordern hier eine besondere Aufmerksamkeit. Dabei sind die Kontraindikationen zu beachten und es ist eine engmaschige Kontrolle durchzuführen [4]. Die Indikation von konvexen Produkten ist grundsätzlich zu überprüfen, vor allem wenn Schäden am Stoma oder der peristomalen Umgebung zu erwarten sind. Erhöhte Vorsicht ist erforderlich bei Risikofaktoren wie parastomale Hernien, Diabetes mellitus, Adipositas, arterielle Verschlusskrankheit, Caput medusae, Pyoderma gangraenosum, eingeschränktes Schmerzempfinden und eingeschränkte kommunikative Fähigkeiten, chronische Schmerzen, Medikamente wie Cortison, Antikoagulanzien oder systemische Chemotherapien, frühe postoperative Phase, Kombination von konvexen Produkten mit Gürteln oder Bandagen sowie Einsatz druckverstärkender Hilfsmittel. Grundsätzlich ist eine Anwendung konvex geformter Produkte nicht verboten, bedarf aber vorab einer kritischen Überprüfung des Nutzens gegenüber den Risiken solcher Produkte [4].

Die richtige Auswahl der Wundversorgungsprodukte ist abhängig von der Wundphase, in der sich die Wunde gerade befindet. Das Exsudataufkommen der Wunde, die erforderlichen Wechselintervalle der Stomaversorgung, die Beobachtung der Wundumgebung und die Durchführung entsprechender Therapien bei infizierten Wunden sind ausschlaggebend für die phasen- und wund­gerechte Auswahl der Produkte.

Granulierende Wunden. Diese können im parastomalen Bereich häufig mit speziellen Wundprodukten versorgt werden. Das Ziel ist, die Wunde feucht zu halten und optimale Bedingungen zu schaffen. Dies schützt das empfindliche Gewebe vor häufiger Manipulation, kann jedoch zu Schwierigkeiten mit den Stomaversorgungsprodukten und deren Wechselintervallen führen [2].

Epithelisierende Wunden. Bei diesen kann es bei entsprechender Mischung des hydrokollo­iden Hautschutzmaterials der Stomaversorgung und/oder angemessener Tragezeit ausreichend sein, ohne Wundversorgungsprodukte zu arbeiten. Wenn der hydrokolloide Hautschutz aufgrund seiner Zusammensetzung oder Ausstattung nicht ausreichend Feuchtigkeit aufnimmt, können transparente (dünne) hydrokolloide Verbände bis zum Hautverschluss erforderlich sein [2].

Exsudationsphase. Die Stomaprodukte in­teragieren durch ihre hydrokolloide Hautschutzmischung mit Feuchtigkeit. In der Exsudationsphase kann das Stomaprodukt jedoch nur unzureichend Feuchtigkeit auf­nehmen oder ist schnell erschöpft. Dies kann zu Mazeration der parastomalen Haut und damit zu anhaltenden, rezidivierenden Problemen für die Betroffenen führen [2].

Bei tiefen Wunden, Wundhöhlen oder unterminierten Wunden im parastomalen Bereich können Wundversorgungsprodukte zur Behandlung der Wundhöhle wie Alginate, Hydrofasern, Hydropolymerverbände oder Polyurethanschäume in Kombination mit einem semipermeablen Sekundärverband unter der Stomaversorgung eingesetzt werden [3].

Die Herausforderung der Wundversorgung im parastomalen Bereich erfordert ein individuelles, an die Wundsituation angepasstes Versorgungsmanagement, das mit den Betroffenen und allen Beteiligten besprochen werden sollte. Eine Wunde im parastomalen Bereich erfordert einen erhöhten Zeitaufwand sowie personelle und materielle Ressourcen. Dies sollte im täglichen Versorgungsablauf berücksichtigt werden.

Wunde richtig reinigen und spülen

Eine Wundreinigung und eventuelle Wundspülung sind in der phasengerechten Wundversorgung unerlässlich. Dabei sind stets die Herstellerangaben der Produkte zu beachten [3]. Bei der mukokutanen Separation oder bei parastomalen Wundhöhlen sollten – speziell bei der Verwendung von Octenidin – die Kontraindikationen berücksichtigt werden. Unter keinen Umständen sollte dieser Wirkstoff unter Druck in eine Wundhöhle eingebracht werden [5].

Ebenfalls ist auf einen vollständigen Abfluss zu achten, solange die Wundspülung andauert. Unerlässlich für eine effektive Wundversorgung sind detaillierte Produkt­informationen, Kenntnisse über die Aus­wirkungen der verwendeten Produkte und die korrekte Durchführung der Wundreinigung, einschließlich der richtigen Anwendungstemperatur der Spüllösung und deren Biokom­patibilität [8].

Sowohl im klinischen als auch im häus­lichen Umfeld sind die „Dos and Don’ts“ der Stomaversorgung zu beachten (Textkasten). Dazu gehören die allgemeinen Empfehlungen zur Hygiene und zum Schutz der Haut, um den Hydrolipidfilm durch aggressive Maßnahmen wie die Desinfektion der parastomalen Haut nicht zu beeinträchtigen.

Um Komplikationen frühzeitig zu erkennen, ist eine regelmäßige Hautbeobachtung wichtig. Präventive Maßnahmen sollten nur mit geeigneten Produkten erfolgen. Zu vermeiden sind rückfettende Produkte wie Cremes, Salben, Emulsionen etc. oder solche, die einen Film auf der Haut hinterlassen, zum Beispiel feuchte Reinigungstücher, feuchtes Toilettenpapier, Öltücher etc. Sie können die Haftung von Stomaversorgungsmaterialien und Wundversorgungsprodukten beeinträchtigen.

Falls ein Hautschutzprodukt angewendet werden soll, stehen verschiedene Applikationsarten zur Verfügung, wie flüssige Formen mit Schwammapplikator, Sprays oder Barrierecremes. Dabei sind die entsprechenden Herstellerangaben zu beachten. Ein zu häufiges Auftragen dieser Schutzschichten kann zu einer Okklusion führen. Eine weitere Möglichkeit, den Wundrand zu schützen, ist das Aufbringen dünner Hydrokolloidplatten, bevor die eigentliche Stomaversorgung angebracht wird. Dies reduziert die Exposition des Wundbereichs gegenüber Stuhl und/oder Urin und schützt die umgebende Haut.

Beim Wechsel der Wund- und Stomaversorgung können Schmerzen auftreten. Müssen beide gleichzeitig gewechselt werden, ist mit einem erhöhten Zeitaufwand und verstärkten Schmerzen zu rechnen. Daher ist hier eine analgetische Bedarfsmedikation sinnvoll. Dabei sollte die individuelle Situation des Betroffenen berücksichtigt werden.

Zum Entfernen des haftenden oder klebenden Materials von der Haut können mit Wasser getränkte Vlieskompressen oder Produkte zur Pflasterlösung/-entfernung gemäß den Herstellerangaben verwendet werden [2]. Diese Produkte können einen dünnen Film auf der Haut hinterlassen, der am besten mit feuchten, körperwarmen Vlieskompressen entfernt wird. So bleibt die Haut frei von Rückständen, und die Haftung nachfolgender Wund- oder Stomaversorgungsprodukte wird nicht beeinträchtigt.

Individuell beraten

Beratung, Anleitung und Schulung spielen eine zentrale Rolle in der Versorgung parastomaler Wunden.

Durch Leckagen und Wundexsudat können Unsicherheiten bei den Betroffenen entstehen, die nicht unterschätzt werden sollten [6]. Diese möglichen Leckagen und die zusätzliche Exposition von Wundexsudat führen zu einem erhöhten Versorgungsaufwand und Materialverbrauch – oft mit der Notwendigkeit, die Stomaversorgung anzupassen. Für die Betroffenen bedeutet dies eine veränderte Versorgungssituation, die ihre Selbstpflegekompetenz reduziert, ihre Lebensqualität vermindert und damit zu einem erneuten Be­ratungs- und Schulungsbedarf führt [6]. Eine parastomale Wunde ist somit für alle Beteiligten eine nicht alltägliche Herausforderung. Sie erfordert es, die bisherige Versorgung mit individuellen Stoma- und Wundversorgungsmaterialien zu erweitern. Dies muss im außerklinischen Bereich durch speziell geschultes Pflegefachpersonal mit einer Qualifikation für Wundversorgung, entsprechend den aktuellen Häusliche-Krankenpflege-Richtlinien [7] erfolgen. Eine durch die Wunde erforderliche Umstellung der Materialien für die Stomatherapie ist mit einem erneuten Anleitungs-, Beratungs- und Schulungsangebot verbunden.

Eine Pflegefachperson, die diese Produkte außerklinisch abgeben und damit eine Anleitung, Beratung und notwendige Schulung durchführen möchte, muss eine Weiterbildung im Bereich der pflegefachlichen Stomatherapie nachweisen. Hier sei auf die Weiterbildung für die fachliche Leitung, sowie die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für den Versorgungsbereich 29A „Stomahilfen“ des GKV-Spitzenverbandes hingewiesen [8]. Nur so kann die Lebensqualität der Betroffenen trotz der veränderten Versorgungssituation und der Reduzierung des Selbstpflegemanagements erhalten bleiben.

Die Dos and Don’ts in der Stomaversorgung

Dos

  • Reinigung mit körperwarmem Wasser und weichen Tüchern (Vlieskompressen)
  • Verwendung von pH-hautneutralen, nicht rückfettenden Reinigungsprodukten
  • Hautpflege mit Produkten, die Harnstoff (Urea) oder feuchtigkeitsausgleichende Inhaltsstoffe enthalten und die schnell einziehen (in der Praxis haben sich Hautpflegeschäume für Diabetiker als geeignet gezeigt)

Don’ts

  • Keine rückfettenden Pflegeprodukte, da diese die Haftung der Stomaversorgung beeinträchtigen und zu Undichtigkeiten und vorzeitigem Ablösen führen können
  • Keine alkoholhaltigen Produkte zur Reinigung der stomaumgebenden Haut, da diese den natürlichen Säureschutzmantel der Haut beeinträchtigen

Die Weiterbildung zur Pflegeexpertin oder zum Pflegeexperten Stoma, Kontinenz und Wunde nach dem Curriculum der Fachgesellschaft Stoma, Kontinenz und Wunde (FgSKW), erfüllt die genannten Anforderungen. Sie wird ab diesem Jahr an sechs Bildungsinstituten in Deutschland angeboten.

 

[1] Mediset. Wunddokumentation – Vorschriften, Wundanamnese und Wundassessment. Im Internet: mediset.de/wunddokumentation; Zugriff: 31.03.2025

[2] Gruber G. Para- und peristomale Wunden. Einsatz von phasengerechten Wundversorgungs-Produkten in Kombination mit der Stomaversorgung. MagSi 2015; 4: 4–6

[3] Protz K. Moderne Wundversorgung. Elsevier; 2018

[4] FgSKW. Handlungsempfehlung der FgSKW e.V. zum Einsatz konvex geformter Produkte zur Stoma­versorgung; 2013. Im Internet: www.fgskw.org/wp-content/uploads/entwurf_v3_handlungsempfeh lung_convexe_produkte_der_fgskw.pdf; Zugriff: 31.03.2025

[5] Schülke. Octenisept (ohne Datum). Im Internet: www.schuelke.com/de-de/produkte/P-910026; Zugriff: 31.03.2025

[6] Sailer M. Patient education – integral part of wound management?! Wund Management 2014; 8: 6–9

[7] Gemeinsamer Bundesausschuss. Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Verordnung von häuslicher Krankenpflege (Häusliche Kranken­pflege-Richtlinie). Im Internet: www.g-ba.de/downloads/62-492-3275/HKP-RL_2021-11-19_2022- 07-21_iK-2023-10-31.pdf; Zugriff: 02.04.2025

[8] GKV-Spitzenverband. Empfehlungen des GKV- Spitzenverbandes gemäß § 126 Absatz 1 Satz 3 SGB V für eine einheitliche Anwendung der Anforderungen zur ausreichenden, zweckmäßigen und funktionsgerechten Herstellung, Abgabe und Anpassung von Hilfsmitteln vom 9. Dezember 2019. Im Internet: www.gkv-spitzenverband.de/media/dokumente/krankenversicherung_1/hilfsmittel/praequalifizierung/eignungskriterien/ek_ab_01_maerz_2020/HiMi_Empfehlungen_nach_ 126_Abs_1_Satz_3_SGB_V_09.12.2019.pdf; Zugriff: 02.04.2025

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