• 26.06.2023
  • Praxis
Wundversorgung

Dekubitus oder IAD?

Sakralwunden werden oft als Dekubitus interpretiert. Es kann sich aber auch um Hautdefekte anderer Genese handeln.

Die Schwester Der Pfleger

Ausgabe 7/2023

Seite 30

Sakralwunden werden oft als Dekubitus interpretiert. Es kann sich aber auch um Hautdefekte anderer Genese handeln, zum Beispiel um die Inkontinenz-assoziierte Dermatitis. Die Differenzierung ist wichtig, um eine zielgerichtete Kausaltherapie einleiten zu können.

Dekubitus

Dekubitus ist gemäß der internationalen Leitlinie [1; übersetzt durch Autorin] „eine lokal begrenzte Schädigung der Haut und/oder des darunterliegenden Gewebes, die durch Druck oder Druck in Verbindung mit Scherkräften verursacht wird. Dekubitus treten in der Regel über knöchernen Vorsprüngen auf, können aber auch durch medizinische Geräte/Ableitungen oder einen anderen Gegenstand verursacht werden.“

Die Prävalenz des Dekubitus liegt in Deutschland Schätzungen zufolge bei zwei bis fünf Prozent in der Langzeitpflege und im Krankenhaus bei mindestens zwei Prozent [2].

Dekubitus ist eine Sekundär­erkrankung, die infolge von Immobilität, externen Faktoren (zum Beispiel Sonden, Sauerstoffbrillen) und/oder einer Sensibilitätsstörung bei gleichzeitig vorliegenden prädisponierenden Faktoren auftritt. Für die Entstehung sind Druck und Zeit die entscheidenden Faktoren. Weiteren Einfluss haben Scher-, Reibe- und Zugkräfte sowie ein durch Temperatur und Feuchtigkeit geprägtes Mikroklima.

Im Gegensatz zu früheren Annahmen muss der Druck dafür nicht über eine längere Zeit bestehen. Dekubitus kann auch durch eine kurze, starke Druckeinwirkung, oft im Zusammenspiel mit Scherkräften, entstehen. Er beginnt nicht in der Epidermis, die weder über Gefäße noch Nervenzellen verfügt und druckunempfindlich ist, sondern entwickelt sich zuerst in den tieferen Schichten, wie Lederhaut, Fettgewebe oder darunterliegenden Strukturen und wird erst später durch eine Rötung an der Hautoberfläche sichtbar.

Dekubitus sieht meist wie ausgestanzt aus, also scharf zur Umgebungshaut abgegrenzt. Typischerweise entsteht Dekubitus an den sogenannten Prädilektionsstellen: Dies sind die prominenten Knochenvorsprünge in Rücken- und Seitenlage sowie im Sitzen – vor allem das Sitzbein, die Ohren, Fersen und Hüftknochen. Da das Steißbein eine Vertiefung und kein prominenter Knochenvorsprung ist, kann dort kein Dekubitus entstehen. Aufgrund der Positionierung beatmeter Patientinnen und Patienten mit COVID-19 tritt Dekubitus seit Beginn der Coronapandemie auch in Bauch­lage auf, zum Beispiel an der Stirn, auf der Brust, am Becken, an den Oberschenkeln und Knien [3].

Zur Klassifizierung des Dekubitus wird in Krankenhäusern in Deutschland die Klassifikation der ICD-10-GM 2016 (Internationale statistische Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme, 10. Revision, German Modification, Version 2016) genutzt. Diese bildet allerdings nicht alle Kategorien ab. Die internationale Kodierung der ICD-11 [4] beinhaltet alle Kategorien; der Zeitpunkt der Einführung in Deutschland steht allerdings noch nicht fest. Tabelle 1 zeigt die deutsche Übersetzung der Dekubituseinteilung des European Pressure Ulcer Advisory Panel (EPUAP), des National Pressure Injury Advisory Panel (NPIAP) und der Pan Pacific Pressure Injury Alliance (PPPIA) [1] und stellt sie der ICD-10-Kodierung gegenüber.

Wichtig bei der Klassifizierung: Ein abheilender Dekubitus kann nicht „herunterklassifiziert“ werden, da das Gewebe nachhaltig verändert ist. In der Dokumentation wird daher zum Beispiel von einem heilenden Dekubitus der Kategorie III oder einem abgeheilten Dekubitus der Kategorie III gesprochen. Ein „Heraufklassifizieren“ aufgrund einer Verschlechterung des Wundzustands ist hingegen möglich.

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