Bislang war über konkrete Risikofaktoren einer Inkontinenz-assoziierten Dermatitis wenig bekannt. Eine Übersichtsarbeit hat nun drei zentrale Faktoren identifiziert, die Pflegefachpersonen bei Menschen mit Inkontinenz im Kopf haben sollten.
In vielen pflegerischen Versorgungssettings ist die Prävalenz der Inkontinenz hoch, vor allem in der ambulanten und stationären Langzeitpflege, aber auch in der Geriatrie und Intensivpflege. Kommt die Haut länger andauernd und wiederholt mit Urin und/oder Stuhl in Kontakt, kann dies eine Inkontinenz-assoziierte Dermatitis (IAD) auslösen. Es handelt sich dabei um eine irritative Kontaktdermatitis, die zu Beginn durch Rötung und Schmerzen gekennzeichnet ist. Im weiteren Verlauf können Erosionen und Exkoriationen entstehen. Neben Schmerzen und Einschränkungen der Lebensqualität ist das Risiko für Sekundärinfektionen erhöht, und es scheint einen Zusammenhang mit der Entstehung von Dekubitus zu geben [1]. Somit hat die effektive Prävention der IAD hohe Priorität [2].
Risikofaktoren individuell ermitteln
Der erste Schritt eines evidenzbasierten pflegerischen Versorgungsprozesses beinhaltet die Risikoeinschätzung [2]. Ein Risiko stellt eine Wahrscheinlichkeit dar, dass ein bestimmtes Ereignis eintritt oder nicht eintritt. Dabei beträgt die Wahrscheinlichkeit niemals 0 oder 100 Prozent, sondern sie liegt immer dazwischen. Das ist unter anderem ein Grund, weshalb Risikoeinschätzungen niemals zu 100 Prozent korrekt sind. Es handelt sich immer um Wahrscheinlichkeitsaussagen.
Dennoch ist es in der Pflegepraxis notwendig, Risikoeinschätzungen so genau wie möglich vorzunehmen, denn das individuell festgestellte Risiko ist die Grundlage für die Auswahl und fachliche Begründung von (präventiven) Pflegemaßnahmen. Dabei hilft die Ermittlung sogenannter Risikofaktoren.
Risikofaktoren sind demografische, klinische oder andere Merkmale wie Alter oder bestimmte Erkrankungen, die mit der Wahrscheinlichkeit des späteren Auftretens eines Ereignisses zusammenhängen. Dabei muss zwischen einem (statistischen) Zusammenhang und Ursachen unterschieden werden [3]. Zum Beispiel besteht ein starker Zusammenhang zwischen höherem Lebensalter und der Wahrscheinlichkeit, einen Dekubitus zu entwickeln [1]. Jedoch ist ein erhöhtes Lebensalter nicht ursächlich für einen Dekubitus.
Demgegenüber sind eingeschränkte Mobilität und Aktivität direkte Ursachen für Dekubitus. Denn wenn Hautareale zu lange ununterbrochen in Kontakt mit Auflageflächen stehen, können beteiligte Gewebestrukturen geschädigt werden [1]. In diesem Fall werden eingeschränkte Mobilität und Aktivität auch als direkte Risikofaktoren bezeichnet; Alter ist ein indirekter Risikofaktor (Abb. 1). Ein weiterer Vorteil dieser Unterscheidung liegt in der Auswahl von Pflegemaßnahmen. Effektive Prävention zielt zuerst immer darauf ab, die direkten Ursachen zu beseitigen oder zu verringern.
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