Frage: Wir sind eine Gruppe von drei Arbeitskollegen und haben mehrmals über eine unserer Kolleginnen hergezogen. Sie hat dies erfahren und die Situation der Klinikleitung gemeldet. Wir haben nun eine mündliche Ermahnung erhalten. Ist dies für „Lästern“ wirklich gerechtfertigt? Wie ist eine Ermahnung arbeitsrechtlich überhaupt zu werten?
Arbeitnehmer können sich selbstverständlich auch bei Äußerungen am Arbeitsplatz auf das Grundrecht der Meinungsfreiheit (Art. 5 Abs. 1 Grundgesetz) berufen. Das heißt aber nicht, dass alle Äußerungen arbeitsrechtlich zulässig sind. Auf der anderen Seite steht nämlich die Verpflichtung von Arbeitnehmern zur Rücksichtnahme gegenüber dem Arbeitgeber, den Kollegen und Dritten, zum Beispiel Patienten und Kunden. Die Rücksichtnahmepflicht verlangt von Arbeitnehmern, sich „respektvoll“ gegenüber jenen Personen zu verhalten.
Beide Interessen, die grundrechtlich geschützte Meinungsfreiheit einerseits und die arbeitsvertragliche Verpflichtung der Arbeitnehmer zu einem respektvollen Umgang mit Kollegen andererseits, müssen gegeneinander abgewogen werden. Sozial übliche Kritik an anderen Personen ist zulässig. Anders sieht es dagegen aus, wenn Arbeitnehmer Kollegen herablassend bezeichnen, Unwahrheiten über den Arbeitgeber verbreiten oder sogar beleidigen. Derartige Verhaltensweisen stellen in aller Regel eine Pflichtverletzung des Arbeitnehmers dar. Darauf darf der Arbeitgeber reagieren. In besonders „krassen“ Fällen, zum Beispiel bei rassistischen Beleidigungen oder verbalen Drohungen, können Arbeitgeber sogar (außerordentlich) kündigen.
Wie der Arbeitgeber auf die Pflichtverletzung im konkreten Einzelfall reagieren darf, hängt somit maßgeblich von der Schwere der despektierlichen Äußerung ab. „Lästereien“ können für den Betroffenen unangenehm sein und sind für ein gutes Betriebsklima nicht förderlich. Mit dem Ausspruch einer mündlichen Ermahnung hat der Arbeitgeber im vorliegenden Fall zum leichtesten Mittel gegriffen, um die Arbeitnehmer auf ihr Fehlverhalten hinzuweisen. Er hat damit das Zeichen gesetzt, dass er solche Verhaltensweisen bei sich im Unternehmen nicht wünscht.
Die Ermahnung – egal ob schriftlich oder mündlich erteilt – hat andererseits für die Arbeitnehmer keine schwerwiegenden Auswirkungen. Die Ermahnung stellt einen Hinweis dar, dass sich der Arbeitnehmer in einer Situation nicht korrekt verhalten hat und in Zukunft sein Verhalten bitte anpasst. Anders als bei einer Abmahnung werden dem Arbeitnehmer mit einer Ermahnung keine arbeitsrechtlichen Konsequenzen für den Wiederholungsfall angedroht. Sollte der Arbeitnehmer daher erneut „lästern“, erhält er in aller Regel keine Kündigung, sondern kommt – je nach Schwere des Fehlverhaltens im Einzelfall – zunächst noch einmal mit einer Abmahnung davon.