Seit dem 1. Oktober 2017 gilt ein neuer Rahmenvertrag zum Entlassmanagement. Ziel ist es, Patienten auch im Anschluss an einen Krankenhausaufenthalt optimal zu versorgen. Was hat sich für Klinikärzte und Pflegende geändert?
Wird ein Patient aus dem Krankenhaus entlassen, müssen Krankenhausärzte, niedergelassene Ärzte und Krankenkassen dafür sorgen, dass der Patient im Anschluss sachgerecht versorgt wird. Dabei muss auch mit Pflegeeinrichtungen und speziell ausgebildeten Pflegeberatern zusammengearbeitet werden. Diese bestehenden Regelungen reichten dem Gesetzgeber aber nicht aus, um die kontinuierliche medizinische Versorgung von gesetzlich versicherten Patienten auch künftig auf hohem Niveau sicherzustellen. Im GKV-Versorgungsstärkungsgesetz wurde deshalb festgehalten, das Krankenhaus-Entlassmanagement zu verbessern.
Mit diesem Gesetz wurden der GKV-Spitzenverband Bund der Krankenkassen, die Deutsche Krankenhausgesellschaft und die Kassenärztliche Bundesvereinigung beauftragt, einen Rahmenvertrag zum Entlassmanagement zu erstellen. Der Rahmenvertrag ist zum 1. Oktober 2017 in Kraft getreten.
Kranhäuser, Krankenhausärzte und auch Krankenkassen sind seither verpflichtet, für stationäre, teilstationäre und stationsäquivalent versorgte Patienten ein standardisiertes Entlassmanagement zu organisieren. Die vor- und nachstationäre Patientenbehandlung ist davon nicht betroffen. Darüber hinaus gelten die Regelungen des Rahmenvertrages nicht für Belegärzte. Eine gesonderte Vergütung für den Aufwand gibt es für die Krankenhäuser nicht, die Leistungen gehören zu den allgemeinen Krankenhausleistungen. Die getroffenen Regelungen sind bundesweit verbindlich und gelten somit für alle Bundesländer.
Was hat sich geändert?
Der Rahmenvertrag legt fest, dass das Krankenhaus ein standardisiertes Entlassmanagement für Patienten vorhalten muss. Dafür notwendig ist eine multidisziplinäre Zusammenarbeit aller Berufsgruppen. Damit Patienten in keine Versorgungslücke fallen, ist ein zeitnahes indirektes Assessment oder Screening sinnvoll. Darüber hinaus müssen die Kliniken klare Standards etablieren. Eine gute Grundlage bildet zum Beispiel der Expertenstandard Entlassungsmanagement in der Pflege des Deutschen Netzwerks für Qualitätsentwicklung in der Pflege (DNQP).
Künftig müssen Informationen zum Entlassmanagement auf der Internetseite des Krankenhauses abrufbar sein. Es wurde allerdings nicht festgelegt, was zu veröffentlichen ist.
Das Case-Management und der Sozialdienst unterstützen den Krankenhausarzt bei der Erstellung des individuellen Entlassplans. Case-Management und Pflegende der Station arbeiten hierbei eng zusammen. Zu beachten ist zum Beispiel, dass Hilfsmittel vom Kostenträger bewilligt werden müssen.
Wichtige erste Informationen über Patienten aus Pflegeheimen gibt beispielsweise der Überleitungsbogen. Er liefert Hinweise zum Pflegegrad, der zuletzt eingenommenen Medikation, der Wundversorgung und gegebenenfalls zur Hilfsmittelversorgung. Sollte der Pflegeüberleitungsbogen nicht mitgegeben worden sein oder ist er lückenhaft, muss bei den Pflegediensten nachgefragt werden, ob ein Pflegegrad vorliegt und wie gegebenenfalls die Hilfsmittelversorgung erfolgt. Damit die Pflegedienste hierüber Auskunft geben dürfen, muss vorab die Einwilligung des Patienten eingeholt werden.
Der Entlassplan muss in der Patientenakte für alle zugänglich sein, die am Entlassmanagement eines Patienten beteiligt sind.
Gebot der Wirtschaftlichkeit
Der Krankenhausarzt muss bei der Verordnung nach dem Wirtschaftlichkeitsprinzip handeln. Er kann also nicht einfach irgendetwas verordnen. Das sind Krankenhausärzte nicht unbedingt gewohnt, denn im Krankenhaus gibt es nicht nur Arzneimittel, die im niedergelassenen Bereich nicht angewandt werden dürfen. Es herrscht auch Unklarheit darüber, welche Hilfsmittel verordnet werden dürfen oder was im Rahmen der häuslichen Krankenpflege verordnet werden kann.
Eine Überversorgung mit Hilfsmitteln ist unwirtschaftlich und muss ausgeschlossen werden. Deshalb ist es wichtig, bereits bei der Krankenhausaufnahme zu erheben, mit welchen Hilfsmitteln die pflegebedürftige Person bereits versorgt ist. Dazu eignen sich die Überleitungsbögen der Pflege.
Klinikarzt kann Verordnungen ausstellen
Festgelegt wurde, dass nun auch der Krankenhausarzt Heil- und Hilfsmittel verordnen kann. Damit wird eine neue medizinische Ausgangssituation geschaffen. Doch die Tücke liegt im Detail: Der Krankenhausarzt kann, er muss aber keine Verordnungen ausstellen. Er muss vielmehr prüfen, ob eine Verordnung für die Versorgung unmittelbar nach der Krankenhausentlassung erforderlich ist. Dafür wird der individuelle Versorgungsbedarf mithilfe eines geeigneten Assessments festgestellt und darauf aufbauend ein Entlassplan erstellt.
Steht fest, dass der Patient auch nach der Entlassung weiter versorgt werden muss, kontaktiert das Case-Management mit Einverständnis des Patienten den Kostenträger.
Was kann verordnet werden?
Folgende Verordnungen können laut Rahmenvertrag unter anderem vom Krankenhausarzt vorgenommen werden:
– Arzneimittel,
– Feststellung der Arbeitsunfähigkeit,
– häusliche Krankenpflege,
– Physiotherapie,
– Verband-, Heil- und Hilfsmittel.
Darüber hinaus gibt es weitere Verordnungsmöglichkeiten. So können auch die Spezialärztliche Ambulante Palliativ Versorgung (SAPV), die Ambulante Spezialärztliche Versorgung (ASV) und sozialmedizinische Nachsorgemaßnahmen verordnet und der Krankentransport veranlasst werden.
Was wird nicht verordnet? Individuell anzupassende Hilfsmittel werden in der Regel nicht vom Krankenhausarzt verordnet. Dazu gehören beispielsweise Hörhilfen, Sehhilfen oder auch Prothesen. Für diese Verordnungen ist der Haus- oder Facharzt zuständig. Angepasst werden die Hilfsmittel dann von dem gewählten Dienstleister.
Wie lange gilt eine Verordnung? Der Krankenhausarzt darf Verordnungen für bis zu sieben Tage nach der Entlassung auf einem entsprechenden Mustervordruck ausstellen. Für die Krankenkasse muss erkennbar sein, wer die Verordnung vorgenommen hat. Deshalb gibt es für Krankenhäuser gesonderte Vordrucke. Auf der Verordnung muss das Tagesdatum mit dem Ausfertigungsdatum übereinstimmen. Die Verordnung muss am Entlasstag ausgefertigt werden.
Eine Ausnahme davon gilt für Hilfsmittel im häuslichen Bereich, für die besondere Kenntnisse des Krankenhauses notwendig sind, zum Beispiel eine Heimbeatmung. Hier darf eine Verordnung auch vor dem Tag der Entlassung ausgestellt werden.
Arzneimittelversorgung – ändert sich was? Ist nach einer Krankenhausbehandlung die Verordnung von Arzneimitteln erforderlich, informiert das Krankenhaus den Haus- oder Facharzt über die Therapievorschläge. Muss eine Arzneimitteltherapie für längere Zeit nach der Entlassung fortgesetzt werden, soll das Krankenhaus Arzneimittel anwenden, die auch in der vertragsärztlichen Versorgung zweckmäßig und wirtschaftlich sind.
Arzneimittel können vom Krankenhaus auch weiterhin nach Hause mitgegeben werden, um die Arzneimittelversorgung sicherzustellen – sofern der Versicherte zum Wochenende entlassen wird oder ein Feiertag folgt. Arzneimittel müssen sogar mitgegeben werden, wenn die medikamentöse Behandlung damit abgeschlossen werden kann, zum Beispiel Antibiotika, Antikoagulantien, Schmerzmittel (§ 14 Absatz 7 ApoG). Eine weitere Ausnahme gilt, wenn häusliche Krankenpflege verordnet wird. Dann können die zur Überbrückung benötigten Arzneimittel für längstens drei Tage abgegeben werden. Dabei sind die jeweiligen G-BA Richtlinien zur häuslichen Krankenpflege zu berücksichtigen.
Was ist mit der Physiotherapie? Der Klinikarzt kann eine Heilbehandlung, zum Beispiel eine Physiotherapie, verordnen. Der Patient muss aber aufgeklärt werden, dass er innerhalb von sieben Tagen nach der Entlassung die Physiotherapie aufnehmen muss. Danach ist die Verordnung des Krankenhausarztes nicht mehr gültig. Weiterhin muss diese verordnete Heilbehandlung spätestens zwölf Tage nach der Entlassung abgeschlossen sein.
Muss der Patient informiert werden? Krankenhäuser müssen ihre Patienten schriftlich über das Entlassma- nagement informieren. Teil der Information ist, dass die Patientendaten vom Krankenhaus an die Krankenkasse weitergegeben werden. Grundsätzlich gilt, dass personenbezogene Daten nur mit schriftlicher Einwilligung und nach vorheriger Information des Patienten erhoben, verarbeitet und genutzt werden dürfen. Der Patient muss also schriftlich in das Entlassmanagement einwilligen und kann seine Einwilligung jederzeit widerrufen. Sowohl für die Information als auch für die Einwilligung gibt es einheitliche Formulare, die von der Deutschen Krankenhausgesellschaft zur Verfügung gestellt werden.
Pflegende brauchen Expertise
Mit dem neuen Rahmenvertrag zum Entlassmanagement stehen Krankenhäuser, Krankenhausärzte, Case-Management und Pflegende vor neuen Herausforderungen. Im Zentrum soll der Patient mit seinen individuellen Bedürfnissen stehen. Pflegende müssen mit dem Vorgehen und den Regeln zum Entlassmanagement besonders vertraut sein, um Patienten optimal beraten zu können.