• 01.04.2014
  • Bildung
Neuer Studiengang

Im Studium vom Ausland lernen

Die Schwester Der Pfleger

Ausgabe 4/2014

Der Masterstudiengang Pflege an der Hochschule für Angewandte Wissenschaften in Hamburg qualifiziert Pflegende im Sinne einer Advanced Nursing Practice (ANP), das heißt einer erweiterten pflegerischen Praxis. Um diesem Anspruch gerecht zu werden, sollen die Studierenden gezielt über den Tellerrand in Deutschland hinausschauen.

Frau Professorin Gaidys, alle Studierenden Ihres Masterstudiums Pflege absolvieren ein verpflichtendes Auslandspraktikum. Was ist die Intention?
In Deutschland steckt die Qualifikation für Advanced Nursing Practice – bis auf wenige Ausnahmen – noch in den Kinderschuhen. Wir möchten diese Qualifikation auch hierzulande stärker etablieren. Die Studierenden sollen deshalb ein Bild davon bekommen, welche Aufgaben Pflegende im Sinne einer erweiterten Pflegepraxis übernehmen, welchen Stellenwert das Berufsbild hat und wie es zum Nutzen der Patienten in der pflegerischen Praxis umgesetzt wird. Dazu hospitieren alle Studierenden zwei bis vier Wochen lang in einer Gesundheitseinrichtung im Ausland.

Wo sind die Studenten während Ihres Praktikums eingesetzt?
Das ist ganz unterschiedlich. Unsere Vorgabe an die Studierenden ist, dass sie sich die pflegerische Versorgung auf Masterniveau anschauen sollen, um sie auf ihren eigenen Arbeitsbereich in Deutschland übertragen zu können. Unser Masterstudiengang ist berufsintegrierend konzipiert, das heißt, alle Studierenden müssen eine Berufstätigkeit nachweisen, damit ein Zugang zum Handlungsfeld gegeben ist. Wo die Studierenden ihr Auslandspraktikum absolvieren, hängt dann auch von dem gewählten Studienschwerpunkt ab: Eine Studentin mit dem Schwerpunkt gerontologische Pflegebedarfe verbrachte ihr Praktikum beispielsweise in einem Pflegeheim in der Schweiz, eine andere Studentin mit Schwerpunkt Komplex/Intensive Pflegebedarfe war in einer Klinik in Irland tätig.

Arbeiten Sie international mit Gesundheitsinstitutionen zusammen oder kümmern sich die Studenten selbst um den Praktikumsplatz?
Wir haben Erasmus-Verträge mit Hochschulen in unterschiedlichen Ländern, und unsere Studierenden können ihr Praktikum natürlich in Partnereinrichtungen absolvieren. Es hat sich aber gezeigt, dass fast alle sich ihren Einsatzort selbst ausgesucht haben. Erfreulich war zudem: Die Hamburger Behörde vergibt Stipendien für Auslandshospitationen an Pflegende. Alle Studierenden des Jahrgangs haben sich beworben, und alle haben ein Stipendium bekommen.

Wird der internationale Gedanke, der hinter dieser Konzeption steht, auch in anderen Vorlesungen vertieft?
Auf jeden Fall. In unserem Modul „Health Care International" schauen wir uns unterschiedliche Gesundheitssysteme an und laden dazu auch internationale Experten ein. Das Modul „Gesundheitssysteme und -politik" bietet dazu dann noch einen breiteren Rahmen und geht auf die unterschiedliche Philosophien der Gesundheitssysteme ein. Und auch das Modul „Pflegewissenschaft und -forschung" ist sehr international ausgerichtet.

Der Masterstudiengang Pflege soll Kompetenzen im Sinne einer „Advanced Nursing Practice" vermitteln. Ist damit für die Absolventen ein direkter Einsatz in der Pflegepraxis angedacht?
Ja, ich würde mir wünschen, dass die Absolventen nach dem Studium direkt in der Pflegepraxis tätig sind, beispielsweise um Projekte wissenschaftlich zu begleiten. In der Pflege laufen so viele Projekte, aber nur in den wenigsten Fällen finden diese unter empirischen Bedingungen statt. Oft fehlt es einfach an Wissen, wie so etwas forschungsbasiert umgesetzt werden kann und welche Infrastruktur dafür erforderlich ist. Und der Gedanke, forschungsbasiert zu arbeiten, muss in der Praxis erst einmal gepflanzt werden. Hier sehe ich auf jeden Fall einen sinnvollen Einsatzbereich für unsere Master-Absolventen.

Sie selbst haben in Schottland promoviert. Wie hat diese Erfahrung Ihre berufliche Entwicklung geprägt?
Ich habe schon während meines Studiums der Pflegewissenschaft und -pädagogik an der Humboldt Universität zu Berlin ein Auslandssemester an der Glasgow Caledonian University in Schottland absolviert. Das war so etwas wie eine Schlüsselerfahrung für mich und hat mich dann motiviert, nach dem Studium in die Forschung zu gehen. Die Erfahrung, dass Pflegepraktiker ganz selbstverständlich Literaturrecherchen durchführen und auf Augenhöhe mit anderen Gesundheitsprofessionen kommunizieren, war so prägend, dass ich dann für meine Promotion gleich nach Glasgow zurückgegangen bin. Für mich war entscheidend, diesen Horizont zu bekommen: Es ist möglich – für das System, aber auch für mich selbst.

In Ihren Masterstudiengang können besonders qualifizierte Pflegepraktiker auch ohne Bachelor aufgenommen werden. Wie ist das möglich?
Das Hamburger Hochschulgesetz gibt die Möglichkeit vor, dass Pflegende unter bestimmten Voraussetzungen auch ohne grundständiges Studium den weiterbildenden Masterstudiengang aufnehmen können. Das wird in einer Eingangsprüfung nach dem europäischen Qualifikationsrahmen genau geprüft. Hat ein Bewerber beispielsweise sowohl eine Fachweiterbildung als auch einen Stationsleitungslehrgang absolviert, hat er gute Chancen, direkt in den Masterstudiengang einzusteigen. Dies provoziert natürlich Diskussionen, scheint angesichts der Kompetenzen, die die Bewerber mitbringen, aber gerechtfertigt. Trotzdem wünschen wir uns natürlich, dass der Studiengang künftig konsekutiv sein wird, also dass der Master nach internationalem Vorbild ganz klassisch auf den Bachelor folgt.

Vielen Dank für das Gespräch, Prof. Gaidys.


Prof. Dr. Uta Gaidys ist seit 2008 Professorin für Pflegewissenschaften an der Hochschule für Angewandte Wissenschaften Hamburg. Sie ist Beauftragte für den weiterbildenden Masterstudiengang Pfleg. Ihre Lehrfächer sind Ethik, Kommunikation, Pflegewissenschaft und Pflegeforschung. Seit 2009 ist sie Prodekanin für Studium und Lehre der Fakultät Wirtschaft und Soziales.
Kontakt: Uta.Gaidys(at)haw-hamburg.de

Weitere Informationen zum Masterstudiengang Pflege unter www.haw-hamburg.de/ws-pem/studium/master-pflege.html

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