Bislang gibt es wenige Advanced Practice Nurses (APN), die in der Fachpflege und in Funktionsbereichen tätig sind. Doch immer mehr Kliniken erkennen den Nutzen einer erweiterten Pflegepraxis und setzen Pflegeexperten gezielt auf Intensivstationen ein. Einige dieser Pioniere stellen wir vor.
„In der Intensivpflege und abteilungsübergreifend tätig“
Stefan Sniatecki arbeitet seit Dezember 2013 als Pflegeexperte APN in der Klinik für Anästhesiologie, Intensivmedizin und Schmerztherapie am Florence-Nightingale-Krankenhaus Düsseldorf-Kaiserswerth. Das Tätigkeitsfeld des Fachkrankenpflegers für Intensivpflege und Anästhesie, der zudem über den pflegewissenschaftlich-akademischen Abschluss „Master of Science“ verfügt, gliedert sich in die direkte Pflege auf der Intensivstation und in abteilungsübergreifende Aufgaben.
In der Praxis liegt Sniateckis Fokus auf dem Phänomen des Delirs. Er betreut sämtliche delirante Patienten auf der Intensivstation und ist für die Implementierung verschiedener Assessment-Instrumente und Skalen zur Erfassung von Analgesie, Sedierung und Delir zuständig.
Zudem unterstützt der 41-Jährige die pflegerischen Kollegen bei der Planung und Durchführung der Frühmobilisation, die eine nachgewiesen wirkungsvolle Maßnahme der Delirprävention und -therapie darstellt. Durch ein interdisziplinär erstelltes und angepasstes Frühmobilisationskonzept soll die Effektivität dieser Maßnahme gesteigert werden. Als wichtige Aufgabe betrachtet der Pflegeexperte APN zudem die Begleitung der Therapie bei vorliegendem Delir. „Befindet sich ein Patient im Delir, sollte dieses so früh wie möglich durchbrochen werden“, sagt Sniatecki. „Um dieses Ziel zu erreichen, können sowohl pflegerische als auch medikamentöse Maßnahmen hilfreich sein. Hier stehe ich im interprofessionellen Dialog beratend zur Verfügung, um die therapeutischen Maßnahmen zu erörtern und zu optimieren.“
Verschiedene abteilungsübergreifende Tätigkeiten komplettieren das Aufgabengebiet Sniateckis. So kann er beispielsweise von den Normalstationen zur konsiliarischen Beratung zum Phänomen Delir hinzugezogen werden. Zudem beschäftigt er sich gemeinsam mit den weiteren Pflegeexperten APN im Florence-Nightingale-Krankenhaus mit der Entwicklung und Evaluation von ANP-Rollen. Das Erstellen von Publikationen, die Durchführung innerbetrieblicher Fortbildungen und die Mitarbeit im klinischen Ethikkomitee sind weitere Aufgaben, für die Sniatecki zuständig ist.
„Es ist schön, Pflegefachlichkeit zu fördern“
Fachliche Beratung, Praxisbegleitungen, Fallbesprechungen, Krankenhausrisikomanagement, Erstellung von evidenzbasierten Standards, Fortbildungen auf wissenschaftlicher Grundlage, Pflegeforschung – diese Stichworte charakterisieren das umfangreiche Aufgabengebiet von Sabine Drexler, die als Pflegeexpertin APN seit vier Jahren auf der neurochirurgischen und neurologischen Intensivstation des Universitätsklinikums Freiburg (UKF) tätig ist.
Schon während ihres Master-Studiums „Pflege – Advanced Nursing Practice“ an der Frankfurt University of Applied Sciences war der berufserfahrenen Fachkrankenschwester für Intensivpflege und Anästhesie klar, auch künftig in der Praxis tätig sein zu wollen. So war es eine glückliche Fügung, dass das UKF eine APN-Stelle für das Neurozentrum ausschrieb.
An ihrer Tätigkeit schätzt Drexler vor allem die gute Zusammenarbeit mit den Pflegenden, Stationsleitungen und weiteren Berufsgruppen – und die Möglichkeit, eigenständig arbeiten zu können. „Zudem gibt es immer viel Abwechslung“, sagt die 42-Jährige.
Neben den Hospitationen auf den Stationen ist es Drexler wichtig, für die Mitarbeiter präsent und ansprechbar zu sein. „An jedem Arbeitstag gehe ich auf die Intensivstationen des Neurozentrums, spreche mit den Kollegen und unterstütze sie bei pflegefachlichen Fragestellungen“, so die Pflegeexpertin APN. „Wenn mir etwas auffällt, spreche ich den betreffenden Mitarbeiter an. Umgekehrt kommen Kollegen aus allen Berufsgruppen mit fachlichen Fragen auf mich zu, etwa bei komplexen Patientenfällen oder zu gezielten Therapiefragen, zum Beispiel bei der Wundversorgung oder im Weaningprozess. Es ist schön, gemeinsam das Patientenwohl zu steigern und die Pflegefachlichkeit zu fördern.“
„Das Ganze im Blick zu haben, motiviert mich“
Janne Werner ist Kinderkrankenschwester und hat an der Katholischen Hochschule (KatHO) Köln den Bachelor-Studiengang „Pflegewissenschaft“ sowie den Master-Studiengang „Lehrerin Pflege und Gesundheit“ absolviert. Die 36-Jährige betreut seit drei Jahren als Pflegeexpertin APN die Kinderintensivstation des Florence-Nightingale-Krankenhauses Düsseldorf-Kaiserswerth. An den Job kam sie über eine Initiativbewerbung. „Vor meinem Studium habe ich für knapp zwei Jahre in der Schweiz auf der Neonatologie im Kinderspital Zürich gearbeitet“, erläutert Janne Werner ihren Werdegang. „Dort bin ich in meiner Tätigkeit als Pflegende erstmals mit dem Thema ANP in Kontakt gekommen. Diese Zeit hat mich insgesamt stark geprägt.“
Als Pflegeexpertin APN ist Janne Werner auf die Neonatologie spezialisiert. Schwerpunkt ihrer Arbeit ist – neben dem direkten Patientenkontakt in der klinischen Praxis – die Elternbegleitung. „In einer risikobelasteten Schwangerschaft haben Eltern in der Regel einen hohen Gesprächs- und Informationsbedarf“, sagt Janne Werner. „Durch das Angebot pflegerischer präpartaler Elterninformationsgespräche soll den werdenden Eltern frühzeitig die Möglichkeit geboten werden, sich über pflegebezogene Themen zu informieren und ein Bild von der neonatologischen Intensivstation machen zu können.“
Nach der Geburt des Kindes steht eine gezielte Förderung der Eltern-Kind-Bindung, die Anleitung und Unterstützung der Eltern in der Versorgung ihres Kindes und die Begleitung der Familie im Fokus. Die natürlichen elterlichen Kompetenzen gilt es bewusst zu stärken, Unsicherheiten und Ängste abzubauen sowie es den Eltern zu ermöglichen, zunehmend mehr Verantwortung in der Pflege ihres Kindes zu übernehmen.
„Ich schätze an meiner Arbeit als Pflegeexpertin APN besonders, dass sie einen erweiterten Blick auf die Pflege von Patienten und Betreuung der Angehörigen möglich macht“, so Janne Werner. „Welche Bedarfe haben das Kind und seine Familie? Bereits in der Vorphase der Geburt, wenn damit gerechnet werden muss, dass das Kind zu früh oder krank zur Welt kommt, ist das eine ganz zentrale Frage. Dabei über den Aufenthalt auf der Neonatologie hinaus zu denken und das Ganze im Blick zu haben, motiviert mich und bereichert meine Arbeit. Ebenso macht es mir viel Spaß, aktuelle pflegerische Fragen wissenschaftlich zu betrachten und gemeinsam mit dem Team pflegerisches Handeln begründbar zu verändern.“