Frage: Ich bin Auszubildender und habe kürzlich versehentlich eine falsche Infusion verabreicht. Ich habe den Fehler schon nach wenigen Minuten gemerkt und die Infusion in Absprache mit der anwesenden Pflegefachperson gestoppt. Doch was wäre gewesen, wenn die Infusion durchgelaufen wäre? Hätte ich mit rechtlichen Konsequenzen rechnen müssen? Oder wäre die Pflegefachperson zur Rechenschaft gezogen worden?
Wo Menschen arbeiten, passieren Fehler! Wenn die Infusion durchgelaufen und einen Schaden verursacht hätte, dann gilt auch bei Auszubildenden das allgemeine Zivilrecht: Wer einen Schaden verursacht, haftet dafür. In einem Haftungsprozess – der könnte vom Patienten, dessen Erben oder auch von seiner Krankenversicherung betrieben werden – würde auch der Auszubildende mitverklagt werden; allein deshalb, weil er dann nicht als Zeuge aussagen kann. Wer nämlich Partei eines Verfahrens ist, kann nicht in den Zeugenstand treten.
Weiterhin könnte aber auch die Pflegefachkraft in Anspruch genommen werden, die die Tätigkeit an Sie als Auszubildenden delegiert hat. Eine solche Delegation ist nur nach vorheriger erfolgreicher Anleitung zulässig. Die Pflegefachkraft muss sich davon überzeugen, dass Sie als Auszubildender die jeweilige Tätigkeit beherrschen.
Wichtig ist für Sie als Auszubildender, dass Ihnen ein sogenanntes Remonstrationsrecht zusteht: Sofern Sie die Tätigkeit nicht durchführen können, weil Sie sich unsicher oder überfordert fühlen, müssen Sie die Übernahme ablehnen und dies auch mitteilen. Tun Sie das nicht, gilt wie bei allen fehlerhaften Handlungen, nach welchen sich ein Schaden realisiert, dass der handelnde Mitarbeiter für den entstandenen Schaden haftet. In diesem Fall hätte eine zivilrechtliche Klage gegen den Mitarbeiter (Auszubildender und delegierende Pflegefachkraft) Aussicht auf Erfolg, wenn ihm eine Pflichtverletzung vorzuwerfen ist. Wichtig ist dabei, dass ein Gericht immer den konkreten Einzelfall würdigen muss. In einem Haftungsfall muss das Gericht aufklären, wie es zu dem Schaden des Patienten kam. Generell verfügt jede zugelassene Einrichtung über eine Betriebshaftpflichtversicherung, die in Haftungsfällen eintritt und die Schäden übernimmt.
Es sind Fälle denkbar, in denen ein Rückgriff auf den Mitarbeiter oder Auszubildenden in Betracht kommt, zum Beispiel bei Verletzungen, die grob fahrlässig oder vorsätzlich herbeigeführt wurden. In diesen Fällen gilt die gleiche Haftung wie bei Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, wobei bei Auszubildenden ihre besondere Stellung als Lernende berücksichtigt werden muss. Dies kann zu einer Verschiebung des Haftungsmaßstabs zugunsten der Auszubildenden führen.