• 01.08.2011
  • Forschung
Stipendium in den USA

„Pflegeforschung findet in den USA auf ganz anderem Niveau statt"

Die Schwester Der Pfleger

Ausgabe 8/2011

Prof. Dr. Martina Roes ist die zweite deutsche Pflegewissenschaftlerin, die als Harkness Fellowship Stipendiatin ein Jahr in den Vereinigten Staaten verbringt. Seit August 2010 forscht die Hochschulprofessorin an der University of Pennsylvania in Philadelphia.

Frau Prof. Roes, Sie waren vor Ihrem USA-Aufenthalt bereits als Professorin an der Hochschule Bremen tätig. Was war Ihre Motivation, sich für dieses Stipendium zu bewerben?
Das Harkness Fellowship ist ein sehr renommiertes Stipendium, das Fachleuten die einzigartige Gelegenheit bietet, bis zu zwölf Monaten eine gesundheitspolitisch relevante Forschungsstudie in den Vereinigten Staaten durchzuführen. Meine Motivation war in erster Linie ein Perspektivwechsel. Ich bin seit 2003 als Professorin an der Hochschule Bremen tätig und es hat mich gereizt, mich mal wieder in eine Lernsituation zu begeben und natürlich auch, mich ein Jahr lang auf ein Forschungsthema konzentrieren zu können – ohne Lehrveranstaltungen oder andere Verpflichtungen. Zu meiner Motivation beigetragen hat aber auch, dass die Pflege und die Pflegewissenschaft in den USA einen ganz anderen Stellenwert haben. Die Pflege ist eine hoch akzeptierte Profession im Gesundheitswesen, die neben den Ärzten ein anerkannter zweiter Player mit eigenständigem Aufgabenprofil ist. Auch die Pflegeforschung findet auf einem ganz anderen Niveau statt, mit viel mehr Ressourcen und auch finanziellen Mitteln.

Was erforschen Sie in Philadelphia genau?
Ich beschäftige mich mit der Qualität von „transitional care" - das ist ein Konzept, das zwischen Case Management, Überleitungspflege, Entlassungsmanagement und allgemeinen Pflegeleistungen anzusiedeln ist. Es ist sozusagen ein Übergangsmodell zwischen akutstationärer und häuslicher Versorgung, für das ich sektorenübergreifende Indikatoren entwickele.

Ist das Konzept „transitional care" auch für Deutschland geeignet?
Da das deutsche und das US-amerikanische Gesundheitssystem sehr unterschiedlich sind, lässt sich das Konzept nicht so ohne weiteres auf deutsche Verhältnisse übertragen. Wir können aber versuchen, Teile des Konzeptes zu nutzen. Speziell für Personen, die nach einer akutstationären Versorgung Bedarfe haben, aber noch keine Pflegestufe besitzen, kann das Konzept Sinn machen.

Planen Sie nach Ihrem Aufenthalt ein entsprechendes Projekt in Deutschland?
Ich habe schon ein Klinikum als Kooperationspartner gefunden, dass das Model „transitional care" in adaptierter Form ausprobieren wird. Von daher freue ich mich natürlich, meine Ergebnisse und Erfahrungen hier in Philadelphia direkt in einem deutschen Projekt umsetzen zu können.

Das Harkness/B. Braun-Stiftung Fellowship wird jedes Jahr ausgeschrieben. Wem würden Sie das Stipendium empfehlen?
Ich denke, Bewerber sollten bereits eine umfassende Forschungskompetenz mitbringen, da der Forschungsaufenthalt ein sehr eigenständiges Vorgehen voraussetzt. Von daher würde ich das Stipendium vor allem Pflegewissenschaftlern mit Dissertation oder zumindest mit einem Master mit Forschungsausrichtung empfehlen.

Vielen Dank für das Gespräch, Frau Prof. Roes.


Das Interview führte Brigitte Teigeler.

 

Harkness Fellowships Programm wird 2012/2013 forgesetzt
Bewerbungen aus Deutschland müssen spätestens bis zum 30. September 2011 eingehen und zwar an die B. Braun-Stiftung, Stadtwaldpark 10, 34212 Melsungen.
Angaben zur Teilnahmevoraussetzungen und Auskünfte über die Harkness Fellowships erhalten Sie online unter www.bbraun-stiftung.de.

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