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Pflegereform vollendet und Kritik an stockender Generalistik

Der Bundesrat hat am vergangenen Freitag eine Reihe pflege- und krankenhauspolitischer Gesetze sowie Entschließungen beschlossen. Insbesondere stimmte die Länderkammer dem Pflegestärkungsgesetz III zu. Das Gesetz bildet den Schlusspunkt der großen Pflegereform der schwarz-roten Bundesregierung.

Kernpunkt ist die Einführung des neuen Pflegebedürftigkeitsbegriffs zum 1. Januar 2017. Außerdem regelt das Gesetz die Anwendung von Tariflöhnen neu, was zuletzt heftig von Arbeitgeberverbänden kritisier worden war. Des weiteren sollen mit dem Gesetz in bis zu 60 Kreisen oder kreisfreien Städten modellhaft Beratungsstellen für Pflegebedürftige und ihre Angehörigen eingeführt werden.

Die Vertretung der Bundesländer in Berlin warnte in einer gesonderten Entschließung jedoch vor steigenden Kosten für die Kommunen als Träger der Sozialhilfe. Die finanziellen Gesamtfolgen des neuen Pflegedürftigkeitsbegriffs und die Auswirkungen auf die Kommunen sollen ab 2017 unter Beteiligung der Länder und wissenschaftlicher Begleitung evaluiert werden.

In einer weiteren Entschließung drängte der Bundesrat auf den Abschluss der Reform zur Pflegeausbildung. Die Bundesregierung solle sich nachdrücklich dafür einsetzen, dass das entsprechende Gesetzgebungsverfahren zum Abschluss gebracht werde, heißt es in einer Mitteilung. Das derzeit von der Bundesregierung in den Bundestag eingebrachte Gesetz sieht eine generalistische Pflegeausbildung vor, in der die Ausbildungen in der Altenpflege, der Gesundheits- und Krankenpflege und Gesundheits- und Kinderkrankenpflege zu einem einheitlichen Berufsbild zusammengefasst werden. Allerdings stockt das Pflegeberufegesetz seit geraumer Zeit im Parlament, insbesondere aufgrund von Widerstand aus der CDU/CSU-Fraktion.

Der Bundesrat fordert ebenfalls in einer Entschließung die finanzielle Verbesserung der Hochschulambulanzen. Trotz steigender Patientenzahlen erhielten sie entgegen bisheriger Zusagen nach wie vor keine kostendeckende Finanzierung, heißt es hierzu in der Stellungnahme der Länder zum Entwurf des Selbstverwaltungsstärkungsgesetz, das kurz zuvor in erster Lesung im Bundestag beraten worden war.

Das Bundesteilhabegesetz fand in einer vom Bundestag zuvor verabschiedeten geänderten Fassung auch im Bundesrat Zustimmung. Unter anderem habe der Bundestag klargestellt, dass der Zugang zur bisherigen Eingliederungshilfe beispielsweise für Blinde, Hörgeschädigte und psychisch kranke Menschen nicht eingeschränkt werde, teilte der Bundesrat lobend mit. Künftig seien nun doch Leistungen der Eingliederungshilfe und der Pflegeversicherung weiter nebeneinander möglich. Die ursprünglich vorgesehene Vorgabe, Eingliederungshilfe nur dann zu gewähren, wenn ein Betroffener in mindestens fünf von neun Lebensbereichen eingeschränkt sei, trete nun erst 2023 in Kraft.

In einer begleitenden Entschließung warnt die Länderkammer allerdings vor den Mehrkosten für Länder und Kommunen. Dies widerspreche der Zusage des Bundes, dass sie keine zusätzlichen Ausgaben zu erwarten hätten. Angesichts der Kostenbelastung sieht der Bundesrat die Ziele des Gesetzes erheblich gefährdet. Er fordert deshalb, die Einnahmen und Ausgaben für die zentralen Teilhabeleistungen in den Jahren 2017 bis 2021 zu evaluieren. Sollte sich hierbei eine Kostensteigerung bei den Ländern oder Kommunen abzeichnen, sei es Aufgabe des Bundes, diese zu übernehmen.

Auch den ersten Teil der lange Zeit umstrittenen Arzneimittelreform billigte der Bundesrat. Neben Verbesserungen bei der Arzneimittelsicherheit sieht diese unter anderem auch die Möglichkeit vor, Arzneimittelstudien an Demenzkranken vorzunehmen. Sogenannte gruppennützige Studien an nicht einwilligungsfähigen Erwachsenen - also zum Beispiel Demenzkranken – seien künftig unter bestimmten Bedingungen erlaubt, auch wenn sie den Betroffenen selbst keine Vorteile brächten, erklärte die Länderkammer. Voraussetzung sei eine Vorabeinwilligung der späteren Probanden sowie eine verpflichtende ärztliche Beratung im Vorfeld.

Das letzte gesundheitspolitische Anliegen des Bundesrats war am Freitag, die notärztliche Versorgung auf dem Land zu sichern. Er forderte von der Bundesregierung die gesetzliche Klarstellung, dass Honorarärzte sozialversicherungsfrei Notdienste in ländlichen Gebieten übernehmen können. Hintergrund für die Entschließung ist ein Urteil des Landessozialgerichts Mecklenburg-Vorpommern, welches die Notarzttätigkeit als sozialversicherungspflichtig eingestuft hat. Dies führte zur Verunsicherung unter Notärzten, die vor allem im ländlichen Raum zunehmend auf Honorarbasis tätig sind. Der Bundesrat warnt deshalb, dass es deutlich schwieriger werden könne, Notarztstandorte im notwendigen Umfang zu besetzen. Fachverbände seien zudem der Ansicht, dass der Ersatz sogenannter „Freelancer" durch nichtselbständige Notärzte zu Akzeptanzproblemen führen könne, heißt es in der Entschließung.
 

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