Bei der Beschaffung von Großgeräten müssen Universitätskliniken ein kompliziertes Verfahren durchlaufen. Die einschlägigen Gesetze, Richtlinien und Bestimmungen lassen allerdings Widersprüche erkennen. Unsere Autorin stellt Aspekte aus Zuwendungsrecht und Vergaberecht nebeneinander und wirft die kritische Frage auf, ob ein wirtschaftlicher Einkauf angesichts heterogener Regelungen überhaupt möglich ist.
Die Bundesländer stellen den Unikliniken Mittel für den Erwerb von Großgeräten zur Verfügung. Die Anschaffungskosten müssen mindestens 200000 Euro inklusive Mehrwertsteuer betragen. Voraussetzung, um diese Fördergelder zu erhalten, ist ein positives Gutachten der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG). Liegt dieses vor, kann das Uniklinikum beim Land die Mittel für die Gerätebeschaffung beantragen. Zu beachten ist, dass das Ministerium Zuwendungen zur Projektförderung gemäß Landeshaushaltsordnung (LHO) nur dann bewilligen darf, wenn mit der Maßnahme noch nicht begonnen worden ist. Beginn des Vorhabens ist grundsätzlich der Abschluss eines Lieferungs- oder Leistungsvertrages. Wird der Schwellenwert von derzeit 207000 Euro ohne Mehrwertsteuer überschritten, muss eine EU-weite Ausschreibung erfolgen. Unterhalb dieses Betrags verfügen die Allgemeinen Projektnebenbestimmungen, dass die Unikliniken sich an die nationalen Vergabevorschriften halten müssen.
Ein Verfahren nach der Vergabe- und Vertragsordnung für Leistungen (VOL) kann also nur beginnen, wenn das Land einen Zuwendungsbescheid ausgestellt hat. Das Prozedere darf nur angestoßen werden, wenn eine ernstgemeinte Beschaffungsabsicht vorliegt, denn ein Vergabeverfahren endet immer mit einem Zuschlag oder Auftrag, es sei denn, es liegt ein Ausnahmetatbestand vor. Wer ein Großgerät an einer Uniklinik beschaffen will, muss sich folglich mit den Regeln der DFG, dem Zuwendungsrecht des Landes und dem Vergaberecht auseinandersetzen. Abbildung 1 verdeutlicht den Gesamtprozess.
Ein Großgerät hat gemäß der amtlichen Abschreibungstabelle eine Nutzungsdauer von acht bis zwölf Jahren. Ein Klinikdirektor oder Institutsleiter wird daher großen Wert darauf legen, dass er, wenn er schon einmal in zehn Jahren groß „einkaufen" darf, zukunftsweisende Medizintechnik erwirbt, die es ihm ermöglicht, in Forschung, Wissenschaft und Krankenversorgung innovativ zu arbeiten. Er sollte daher vor der Antragstellung bei der DFG mit der Marktrecherche beginnen und intensiven Kontakt zur Industrie suchen, um sich über die neusten Technologien zu informieren. Schließlich gilt es, den Bedarf wirtschaftlich, fachlich und wissenschaftlich bei der DFG zu begründen.
Die Industrie ist bei der Antragstellung gern behilflich. Für jedes Unternehmen ist es ein Wettbewerbsvorteil, wenn eines seiner Produkte an einem Universitätsklinikum platziert werden kann. Das Gerät kommt zum Einsatz, um Forschungsergebnisse zu erzielen. Damit steigt die Chance auf seine Erwähnung in Fachpublikationen. Außerdem werden Studenten an dem Gerät ausgebildet, lernen frühzeitig den Umgang damit und wollen künftig auch eher mit ähnlichen Produkten arbeiten, da ihnen deren Handhabung vertraut ist. In der Phase der Antragstellung bei der DFG ist es für die Industrie von zentraler Bedeutung, das beschaffende Klinikum von der Exzellenz des jeweiligen Geräts in Krankenversorgung, Forschung und Lehre zu überzeugen.
Paradoxes und Problematisches
Die DFG fordert, dass sich der Antragsteller im Vorfeld sehr intensiv mit der Produktauswahl beschäftigt hat. Im Antragsformular heißt es im Beiblatt, dass die Firmenwahl anhand einer Marktrecherche mit aktuellen Angeboten zu erläutern ist. Vorzulegen ist eine Geräteaufstellung in tabellarischer Form (Komponenten, Bruttoeinzelpreise, gegebenenfalls Konfigurationsskizze) sowie ein Vergleich der Angebote unter Ausweis der wesentlichen Komponenten hinsichtlich Spezifikationen, Preis-/Leistungsverhältnis und sonstiger Kriterien wie Qualität, Ergonomie, Folgekosten und Service des Herstellers. Die DFG legt laut Merkblatt bei der Begutachtung ein besonderes Augenmerk darauf, ob Auswahl, Ausstattung und Preis angemessen sind und die Kalkulation der Folgekosten realistisch ist. Folglich muss der Antragsteller all das tun, was bei einem Beschaffungsprozess üblich ist: Angebote einholen, Produkte bewerten, Preise vergleichen und Folgekosten kalkulieren.
Ein Expertengremium aus Wissenschaftlern begutachtet den DFG-Antrag. Bei positivem Bescheid kann das Universitätsklinikum dann die Finanzmittel beim Land beantragen. Das Land erstellt einen Zuwendungsbescheid oder genehmigt den vorzeitigen
Maßnahmenbeginn. Beim Kauf muss sich das Universitätsklinikum an die Bestimmungen des Vergaberechts halten. Dieses zielt darauf ab, dass öffentliche Auftraggeber die Beschaffung zu wirtschaftlichen Preisen in einem transparenten Verfahren vornehmen. Es sollen sich möglichst viele Unternehmen am Wettbewerb beteiligen und Angebote einreichen. In der VOL finden sich detaillierte Regeln, wie ein Beschaffungsprozess von der Markterkundung über die Angebotseinholung bis zur Auftragserteilung zu gestalten ist.
Eine Kernforderung des Vergaberechts ist die Erstellung einer herstellerneutralen Leistungsbeschreibung, in der Alleinstellungsmerkmale nicht enthalten sein dürfen – das würde eine unzulässige Einschränkung des Wettbewerbs bedeuten. Die DFG fordert aber bereits bei der Antragstellung eine Begründung der „Firmenwahl"! Im Antragsformular heißt es wörtlich:
„Welche Geräte wurden in Betracht gezogen? (Bitte Vergleichsangebote beifügen und die Leistungsklasse sowie Geräte- und Firmenwahl auf einem separaten Beiblatt … begründen)." Dies erscheint paradox, soll die Firma doch gerade in einem transparenten Vergabeverfahren ermittelt werden.
Weiterhin problematisch: Die Fördergelder dürfen ausschließlich für den Zuwendungszweck verwendet werden. Diese Zweckbestimmung ist an das DFG-Gutachten gebunden. Es darf also nur das Gerät, das auch begutachtet worden ist, beschafft werden. Gerade in der Medizintechnik werden Geräte aber teilweise im jährlichen Rhythmus weiter entwickelt. Die Beschaffung muss spätestens zwei Jahre nach der DFG-Begutachtung erfolgt sein. Unter Umständen kann just nach der DFG-Begutachtung eine innovativere Gerätegeneration auf den Markt kommen, die dann nicht gekauft werden dürfte, da sie ja nicht im DFG-Antrag beschrieben wurde. Unter Aspekten des Vergaberechts ist diese Zweckbindung auf Basis einer DFG-Begutachtung daher kritisch zu betrachten.
Das Land NRW wiederum regelt das Vorgehen für Mittelrückforderungen über einen Runderlass. Der Titel: „Rückforderung von Zuwendungen wegen Nichtbeachtung der Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen (VOB/A) und der Verdingungsordnung für Leistungen – ausgenommen Bauleistungen – (VOL/A)". Demnach sind Mittel immer dann zurückzufordern, wenn zum Beispiel diese schwerwiegenden Verstöße vorliegen:
- Verstoß gegen die Vergabeart ohne die im Regelungswerk zugelassenen Sachgründe,
- fehlende eindeutige und erschöpfende Leistungsbeschreibung,
- Verstoß gegen das Gleichbehandlungsgebot,
- freihändige Vergabe von Aufträgen ohne Vorliegen der Voraussetzungen nach §3 Nr. 4 VOB/A oder §3 Nr. 4 VOL/A.
Besteht ein Antragsteller darauf, dass sein von der DFG begutachtetes und von ihm persönlich vor einem Expertengremium verteidigtes Produkt eines bestimmten Herstellers beschafft wird, kann das Land die Mittel zurückfordern, da entweder keine eindeutige, herstellerneutrale und erschöpfende Leistungsbeschreibung erstellt wurde oder weil die Voraussetzungen gemäß VOL/A nicht vorliegen.
Wirtschaftliche Beschaffung erschwert
Wie soll ein Einkäufer unter diesen Randbedingungen noch eine wirtschaftliche Beschaffung in die Wege leiten?
In der Regel liegt also das DFG-Gutachten vor. Ein Expertengremium hat entschieden, dass sich der Antragsteller, etwa ein Universitätsprofessor, ausreichend Gedanken zu Gerätewahl, Lieferantenwahl und Preis gemacht hat und bestätigt die Nachvollziehbarkeit seiner Argumentation. Nun soll ein kaufmännischer Mitarbeiter der Verwaltung der Uniklinik dem Professor erklären, dass die Stellungnahme der DFG nun nochmals in einem transparenten Vergabeverfahren erneut evaluiert wird. Der Einkäufer soll also infrage stellen, was Experten bestätigt und wovon Marketing und Vertrieb den Universitätsprofessor in einer langen Akquisephase überzeugt haben. Konflikte sind vorprogrammiert. In der Praxis haben die Antragsteller wenig Verständnis für Verwaltungskräfte, die ihnen erläutern, dass nicht relevant ist, was im DFG Antrag steht, sondern dass es darauf ankommt, ein herstellerneutrales Leistungsverzeichnis zu erstellen und objektive Bewertungskriterien zu entwickeln.
So wundert es nicht, dass der Landesrechnungshof Vergabeverstöße bei seiner Überprüfung der Großgerätebeschaffung gefunden hat, ist dieses System doch geradezu darauf angelegt, ein transparentes Verfahren zu verhindern. Auch wird kein Anreiz für die Unikliniken gesetzt, von Anfang an so zu beschaffen, dass die Total Costs of Ownership minimiert werden. Manches Gerät würde vielleicht nicht gekauft, wenn etwa eine komplette Erneuerung der Kältetechnik oder gar ein Neubau erforderlich wäre.
Der Landesrechnungshof stellt in seiner Untersuchung aus dem Jahr 2012 klar, dass im „Kaufpreis enthaltene Kosten für Service-, Wartung-, Ersatzteil und Gewährleistungsverträge nicht förderfähig sind, selbst wenn sie kostenneutral angeboten werden." Ebenso fallen Ab- und Umbaukosten nicht in den Begriff des Großgerätes. Wird also ein Vorgang geprüft und sind diese Kosten in dem Gesamtpreis enthalten, dann drohen wiederum Rückforderungen durch das Land.
Obwohl die DFG Wert auf eine realistische Kalkulation der Folgekosten legt, ist es für das Universitätsklinikum sicherer, die Beschaffung so zu gestalten, dass diese Kosten nicht mit dem Anschaffungspreis in Verbindung gebracht werden dürfen. Die Aktenlage hält dann in jedem Fall einer späteren Überprüfung durch den Landesrechnungshof stand. Die Folgekosten werden dann im Nachhinein verhandelt. Dies versetzt die Industrie zwangsläufig in eine exzellente Verhandlungsposition, endet aber immer zum Nachteil des Universitätsklinikums. Abbildung 2 macht das Ungleichgewicht zwischen Einkauf und Experten deutlich.
Ein Lösungsansatz gemäß Vergaberecht
Wie kann es gelingen, dass Universitätsprofessoren und Experten der DFG gemeinsam mit dem Einkauf tatsächlich innovative Geräte im Wettbewerb erwerben und damit die Vorgaben des Vergaberechts einhalten?
Dies müsste damit beginnen, dass die DFG nicht darüber entscheidet, welches Gerät von welchem Hersteller ausgewählt wird, sondern lediglich darüber, ob grundsätzlich ein Gerät – zum Beispiel ein MRT – in der gewünschten Ausstattung erforderlich ist. Anschließend beurteilt die DFG die herstellerneutrale Leistungsbeschreibung. Dazu können folgende Kriterien dienen:
- Sind die Funktionen des Gerätes so beschrieben, dass damit tatsächlich künftig innovative Forschung und Krankenversorgung möglich ist?
- Sind die Funktionen und technischen Merkmale herstellerneutral beschrieben?
- Wurden die Zuschlagskriterien so gewählt, dass Innovation und Wissenschaft sowie die Wirtschaftlichkeit in einem angemessenen Verhältnis zueinander stehen?
Diese Vorgehensweise hätte den Vorteil, dass Experten die Grundlagen für einen echten Wettbewerb um innovative Technologien im Gesundheitswesen schaffen. Die Industrie hätte die Möglichkeit, ihre Produkte in dieser Phase der Markterkundung zu präsentieren, aber wer letztendlich den Zuschlag erhalten würde, könnte auf der Basis eines transparenten Wettbewerbs entscheiden werden.
Dringend erforderlich ist auch eine Abstimmung der Fristen, denn diese sind widersprüchlich und teilweise nicht einzuhalten, wenn die inhaltlichen Anforderungen der unterschiedlichen Gesetze berücksichtigt werden sollen. Hinzu kommt, dass Großgeräte häufig lange Lieferfristen haben, sodass die Mittel dann wiederum nicht rechtzeitig beim Land abgerufen werden können, was eine Zahlung von Zinsen und im schlimmsten Fall die Rückforderung der Fördermittel bedeuten kann.