Teil 1: Chronische Darmerkrankungen können gefährlich werden. Daher ist es wichtig, zu wissen, wie Sie Ihren Patienten vor Komplikationen bewahren können. Für die Diagnostik sind ärztliche Untersuchungen notwendig, eine weitere Betreuung, beispielsweise bei der geeigneten Nahrungsaufnahme, liegt dann in Ihrer Hand.
Ähnliche Beschwerden
Obwohl es eine Vielzahl chronischer Darmerkrankungen gibt, treten sie häufig in ähnlicher Weise in Erscheinung. Anhand von Symptomen lässt sich also nicht erkennen, um welche Krankheit es sich handelt. Schmerzen entstehen bei Störungen der Darmmotilität und bei Entzündungen. Chronisch-entzündliche Darmerkrankungen wie Morbus Crohn oder Colitis ulcerosa sind äußerst schmerzhaft. Ursache krampfartiger Leibschmerzen kann ein mechanisches Hindernis sein, das den Darm verengt. Im ungünstigsten Fall kann sich ein Darmverschluss entwickeln.
Auch Vergiftungen oder vegetative Störungen können Bauchkrämpfe verursachen. Eine Dehnung des Darms wird ebenfalls als schmerzhaft empfunden. Entzündungen, die das Bauchfell angreifen, gehen mit dumpfen, auch pochenden Schmerzen einher, die anfangs diffus, später zentrierter auftreten können.
Durchfall (öfter als drei Mal täglich und zu dünner Stuhl) ist eine häufige Begleiterscheinung. Dauert der Durchfall länger als zwei Wochen an, bezeichnet man die Diarrhö als chronisch. Besonders bei älteren Patienten besteht die Gefahr, dass es durch Wasser- und Elektrolytverlust zu einem Kreislaufkollaps kommt. Die Störungen der Absorption führen auch zu vermehrter Ausscheidung nicht genutzter Nährstoffe (zum Beispiel Fettstuhl). Eine länger anhaltende Absorptionsstörung hat Mangelerscheinungen zur Folge. Im Gegensatz zur akuten Diarrhö sollte man beim chronischen Durchfall immer versuchen, eine exakte Diagnose zu erhalten und kausal zu behandeln.
Darmblutungen treten bei allen von Geschwüren begleiteten Prozessen auf (beispielsweise ulzerösen Entzündungen oder Krebs), bei Erkrankungen der Gefäße (Hämorrhoidalblutung) oder bei Verletzungen. Milde Blutungen lassen sich nur durch chemische Stuhluntersuchungen erkennen.
Weitere unspezifische Symptome von Darmerkrankungen sind Flatulenz, Meteorismus, Übelkeit, Erbrechen und Appetitlosigkeit. Hegen Sie den Verdacht, dass Ihr Patient unter einer chronischen Darmerkrankung leidet, sollten Sie nicht lange zögern und ihn zum Arzt bringen. Dieser kann weitere Untersuchungen einleiten – beispielsweise die Bestimmung von Laborwerten, Sonografie, Koloskopie und andere. Nur so kann die Diagnose gestellt werden und man wissen, welche Behandlung und pflegerische Betreuung die beste ist (1).
Im Folgenden erfahren Sie viel über zwei Erkrankungen, die im Alter häufig vorkommen und gefährlich werden können: Divertikel und Polypen des Dickdarms. In weiteren Beiträgen werden Ihnen andere chronische Darmerkrankungen, wie beispielsweise der Morbus Crohn oder die Colitis ulcerosa, vorgestellt.
Divertikel – Taschen im Darm
Jenseits des 60. Lebensjahres kommen Divertikel im Dickdarm relativ häufig vor: Bei etwa einem Drittel der über 60-Jährigen sind sie zu finden. Darmdivertikel sind Aussackungen der Darmwand. Ursache ist eine Schwäche der Darmwand, wobei gleichzeitig der Darminnendruck erhöht ist. Vor allem ballaststoffarme Ernährung fördert die Entstehung. Faserreiche Kost hält dagegen den Stuhl locker und weich. Oft verursachen Divertikel keine Beschwerden und werden gar nicht erkannt. Treten Beschwerden auf, so beruhen sie gewöhnlich auf einer gestörten Motilität. Es kommt zu krampfartigen Beschwerden, die sich nach dem Essen oder bei der Stuhlentleerung verstärken.
Beschwerden können auch auftreten, wenn die Aussackungen sich entzünden und eine Divertikulitis entsteht. Werden zu wenig unverdauliche Bestandteile im Stuhl ausgeschieden, bilden sich harte Kotballen. Sie bleiben in den Divertikeln hängen und können eine Entzündung hervorrufen. Die meisten Patienten haben Fieber und klagen über Schmerzen. Dazu bestehen Verstopfung oder Durchfall und Meteorismus. Bei der häufigen Sigmadivertikulitis kommt es zu krampfartigen Schmerzen im linken Unterbauch, die oft nach dem Essen zu- und nach erfolgter Darmentleerung abnehmen. Die Symptome ähneln denen einer akuten Blinddarmentzündung, sind jedoch links lokalisiert.
Gefährlich wird die Divertikulitis, wenn es zu einer Perforation kommt: Die Entzündung zerstört die Darmwand und gelangt in den Bauchraum. Es kann sich ein Abszess bilden oder das Bauchfell entzünden. Auch andere schwere Komplikationen wie Fistelbildung zu Harnblase und Vagina, Divertikelblutung durch Arrosion („Anfressen") umliegender Blutgefäße sind möglich. Narbige Einengungen (Stenosierungen) des Darms können zu einem mechanischen Darmverschluss (Ileus) führen.
Werden bei einer Untersuchung zufälligDivertikel entdeckt, ohne dass eine Entzündung vorliegt, sollten Sie darauf achten, dass Ihr Patient viele Ballaststoffe (Weizenkleie oder andere Quellstoffe) einnimmt und ausreichend trinkt. Dies macht den Stuhl weicher und sorgt dafür, dass die Erkrankung nicht weiter fortschreitet. Bei stärkeren Beschwerden sind Spasmolytika (z.B. Buscopan®) sinnvoll.
Haben sich die Divertikel entzündet, helfen Antibiotika, um die Bakterien abzutöten. Bei starken Beschwerden muss der Patient ins Krankenhaus.
Polypen – Vorwölbungen in das Darminnere
Polypen sind Vorwölbungen der Darmschleimhaut. Dickdarmpolypen kommen bei zehn Prozent der Erwachsenen vor. Im Alter werden sie häufiger: Etwa 30 Prozent der über 50-Jährigen haben Dickdarmpolypen, wobei diese sich oft im Rektum befinden. Meist sind Polypen gutartig. Es können sich hinter den polypösen Schleimhautvorwölbungen aber auch Frühkarzinome oder Grenzfälle zur Bösartigkeit verbergen.
Der genaue Grund für die Entstehung von Polypen ist unbekannt. Neben genetischen spielen umwelt- und ernährungsbedingte Faktoren wahrscheinlich eine wichtige Rolle. Ballaststoffarme, fleisch- und fettreiche Kost fördert die Polypenbildung.
Meist verursachen Polypen keine Beschwerden und werden zufällig bei einer Dickdarmuntersuchung aus anderen Gründen diagnostiziert. Mitunter können kleinere Mengen Blut (Nachweis okkulten Bluts im Stuhl) entdeckt werden. Einige Polypen sezernieren große Mengen Schleim, bei großen Polypen sind Bauchschmerzen, eine Invagination oder ein Darmverschluss möglich. Die Diagnose wird durch Koloskopie mit Biopsie gesichert.
Um das Krebsrisiko zu senken, werden Polypen, die größer als fünf Millimeter sind, vorsorglich entfernt und histologisch beurteilt. Sie sollten darauf achten, dass Ihr Patient in regelmäßigen Abständen an Nachuntersuchungen teilnimmt. Bei größeren Polypen und Passagestörungen kann eine Dickdarmteilresektion erforderlich sein. Liegt eine Erbkrankheit vor, ist immer eine Proktokolektomie angezeigt, da praktisch jeder Patient früher oder später ein Karzinom entwickelt. Familienmitgliedern Betroffener wird eine genetische Beratung mit Genanalyse empfohlen (2).
Literatur:
(1) Consilium practicum: Handbuch für Diagnose und Therapie, CEDIP Verlag Österreich, 1. Auflage, 2007
(2) Menche, N.: Pflege Heute, Elsevier Urban & Fischer, München/Jena, 2007
(3) Mutschler, E. et al.: Mutschler Arzneimittelwirkungen kompakt. Basiswissen Pharmakologie und Toxikologie, Wiss. Verlagsgesellschaft, Stuttgart 2005