Die COPD (engl.: chronic obstructive pulmonary disease = chronisch obstruktive Lungenerkrankung) zählt zu den häufigsten chronischen Erkrankungen. Eine kausale Behandlung gibt es derzeit noch nicht. Allerdings ist es möglich, den Krankheitsprozess zu verzögern. Gerade hier kommt der Pflege eine wichtige Bedeutung zu.
Es beginnt mit Husten und Auswurf, später kommt Luftnot unter Belastung als weiteres klassisches Symptom hinzu. Die ersten Krankheitserscheinungen sind wenig spezifisch, sodass die COPD relativ spät erkannt wird – mit fatalen Folgen: Zurzeit sterben in Europa jährlich 300 000 Menschen an der gefährlichen Lungenerkrankung, damit zählt sie nach den Erkrankungen des Herz-Kreislauf-Systems, dem Krebsleiden und Erkrankungen der Leber zu der vierthäufigsten tödlich verlaufenden Krankheit in Deutschland.
COPD verläuft schleichend, ein erster Husten entwickelt sich zu Anfällen akuter Atemnot, die Betroffenen verlieren ihre körperliche Leistungsfähigkeit, der Allgemeinzustand verschlechtert sich und Depressionen können auftreten. Klagt der Patient über Luftnot unter Belastung, hat die Gewebezerstörung in der Lunge bereits eingesetzt. Ein Teufelskreis entsteht: Die Atemnot führt zu Bewegungsmangel, was zu einer weiteren Abnahme der Fitness führt. Immer mehr Lungengewebe geht verloren, was der Körper durch ein erhöhtes Atemvolumen auszugleichen versucht. Das Atmen wird ineffizienter. Noch immer ist der Großteil der Bevölkerung nicht ausreichend über die Erkrankung informiert (siehe Abb 1). Der Arzt wird in der Regel viel zu spät aufgesucht, da es ja zunächst „nur Husten“ ist. Zum Zeitpunkt der Diagnose sind häufig bereits 50 Prozent des Lungenvolumens verloren. Diese Entwicklung können Sie als Pflegender verhindern.
Leidet Ihr Patient regelmäßig unter Atemnot, chronischem Husten oder Auswurf, sollten Sie an eine COPD denken und den Patienten einem Arzt vorstellen. Die Global Initiative for Chronic Obstructive Lung Disease (GOLD) hat die COPD in vier Schweregrade eingeteilt (Tab. 1).
Komplexe Entstehung
Wie eine COPD entsteht, ist nur teilweise geklärt (4). Die Entzündung in den Atemwegen und im Lungengewebe wird im Wesentlichen durch verschiedene Zellen des Immunsystems ausgelöst. Diese Zellen aktivieren Enzyme, die Lungengewebe zerstören. Der Patient leidet unter einer Hyperreagibilität des Bronchialsystems: Relativ geringe, unspezifische Reize (z.B. das Einatmen kalter Luft) lösen eine Verengung der Atemwege aus. Es kommt zu einer verstärkten Produktion von zähem Schleim. Zugleich ist die Funktion der Flimmerhärchen beeinträchtigt, sodass der Schleimtransport nach außen gestört ist und sich Schleim in der Lunge ansammelt. Dies wird durch Infektionen verstärkt. Haupterreger sind Haemophilus influenzae, Pneumokokken, Staphylokokken und verschiedene gramnegative Keime.
Von Anfang an: nicht-medikamentöse Maßnahmen
Es gibt eine Reihe nicht-medikamentöser Therapieansätze, bei denen Ihnen als Pflegende oftmals eine Schlüsselrolle zukommt. Schulung und Beratung des Patienten spielen eine wichtige Rolle. Sie müssen dem Patienten beistehen, mit seiner schweren Erkrankung fertig zu werden. Krankheitseinsicht und Therapieverständnis sind die Voraussetzung für eine langfristige aktive Mitarbeit und Eigenverantwortung des Patienten (1).
Falls Ihr Patient raucht, machen Sie ihm klar, wie gefährlich dies für ihn ist und dass er unbedingt aufhören sollte. Achten Sie darauf, dass Ihr Patient gegen Pneumokokken und Influenza geimpft wird. Expositionen gegenüber Staub und luftverschmutzenden Substanzen sollten möglichst vermieden werden. Bei Übergewicht ist eine Ernährungsumstellung angesagt. Jeder Patient sollte sich ausreichend bewegen, sich hierbei jedoch nicht überanstrengen. Ein regelmäßiges, der körperlichen Belastbarkeit angepasstes Trainingsprogramm ist sinnvoll. Der Trainingseffekt verschwindet jedoch rasch, wenn die Übungen nicht regelmäßig beigehalten werden.
Atemübungen und Atemgymnastik helfen, Fehlatmungen zu beheben, die Lunge besser zu belüften und den Selbstreinigungsmechanismus der Atemwege anzuregen. Durch regelmäßiges tiefes Durchatmen von frischer Luft belüftet der Patient seine Lungen gut. Auch Recken und Strecken oder Singen fördern die Belüftung (2).
Kontaktatmung fördert gezielt die Bauch- und Flankenatmung. Zur Verstärkung der Bauchatmung legen Sie Ihre Hände auf den Bauch des Patienten, zur Intenisivierung der Flankenatmung an den unteren Rippenbögen der rechten und linken Axillarlinie an. Nun geben Sie führenden Widerstand gegen die Inspiration, Haltewiderstand am Ende der Inspiration und manuelle Kompression bei der Exspiration. Der Widerstand wird so dosiert, dass er vom Patienten problemlos überwunden werden kann: Fordern Sie den Patienten auf, die Hände „wegzuatmen“ (2,3).
Effektive Hustentechnik vermitteln
Wichtig ist, dass sich in der Lunge kein Sekret ansammelt und der Patient dieses abhustet. Zur Unterstützung können Sie dem Patienten eine effektive Hustentechnik zeigen: Als Erstes holt der Patient etwas Luft und presst sie – als ob er ausatmen wollte – gegen die geschlossene Stimmritze. Nachdem sich diese geöffnet hat, wird die Atemluft plötzlich mit hoher Geschwindigkeit ausgestoßen. Sekret und Partikel gelangen mit diesem Luftstrom nach außen (2). Von Nutzen sind auch eine medizinische Inhalation und gegebenenfalls eine Vibrationsbehandlung (1).
Ihr Patient muss wissen, wie er sich bei akuter Atemnot verhalten soll. Indem er gegen seine locker aufeinanderliegenden Lippen ausatmet, steigert er den Druck in den tiefen Atemwegen und wirkt so einem Kollaps der Bronchien bei der Ausatmung entgegen („Lippenbremse). Ähnlich wie die dosierte Lippenbremse wirkt die Gähn- und Schnüffelatmung dem Kollaps der Bronchiolen entgegen und verbessert bei einer Verengung der Bronchien die Ausatmung und die Belüftung der Lungen. Der Patient atmet ein und zieht bei geschlossenem Mund die Zunge zurück. Das gähnende Einatmen kann mit der Lippenbremse kombiniert werden (1).
Verschiedene Körperhaltungen wie der Kutscher- oder Reitsitz erleichtern das Atmen. Die Atemhilfsmuskulatur wird eingesetzt und die Ausatmung verbessert. Zusätzlich hilft bei akuter Atemnot
· Sauerstoffgabe
· Beengende Kleider lockern
· Verordnete Bedarfsmedikamente geben
Verschlechtert sich der Zustand Ihres Patienten, müssen Sie den Arzt informieren (1).
Ist der Kohlenstoffdioxidgehalt im Blut dauerhaft erhöht, deutet dies eine Insuffizienz der Atempumpe an. Eine nicht-invasive Beatmung ist für den Patienten zumeist hilfreich. Hierbei entlastet eine intermittierende, in der Regel nächtliche maschinelle Beatmung seine Atempumpe. Die erholte Atempumpe ist in der beatmungsfreien Zeit leistungsfähiger (1).
Liegt der Sauerstoffpartialdruck des Blutes dauerhaft unter 60 mmHg, kann eine Sauerstoff-Langzeittherapie die Verfassung des Patienten erheblich verbessern. Dies bedeutet, dass ihm mindestens 16 Stunden täglich Sauerstoff zugeführt wird. Zu bedenken ist, dass Sauerstoff als Arzneimittel gilt, das nur auf ärztliche Verordnung gegeben werden darf (1).
Medikamentöse Therapie nach Schweregrad
Die medikamentöse Therapie richtet sich nach dem Schweregrad der Erkrankung (Tab. 2) (5). Bronchienerweiternde Substanzen (Bronchodilatatoren) stellen die Basis der COPD-Therapie dar. Anticholinergika, Beta2-Agonisten und Methylxanthine können als Kombinationstherapie verabreicht werden. Der Phosphodiesterase (PDE)-4-Hemmer Roflumilast ist zur Dauertherapie bei erwachsenen Patienten mit schwerer und sehr schwerer COPD sowie häufigen Exazerbationen zusätzlich zu einer Behandlung mit einem Bronchodilatator zugelassen. Roflumilast erweitert nicht direkt die Bronchien, sondern wirkt entzündungshemmend.
Bei hohem Schweregrad der Erkrankung Patienten kann zusätzlich zur Bronchodilatation eine Dauertherapie mit inhalativen Corticosteroiden (ICS) sinnvoll sein. Zu den am häufigsten eingesetzten ICS gehören Beclomethason, Budesonid, Fluticason und Triamcinolon. Bei massiver Verschleimung können Mukopharmaka wie Acetylcystein, Ambroxol, Myrtol und Cineol zum Einsatz kommen. Bei niedrigem Sauerstoffspiegel ist eine Sauerstofftherapie indiziert.
Der Arzt sollte bei Stadium-IV-Patienten prüfen, ob chirurgische Behandlungsmaßnahmen indiziert sind. Hierbei werden schwer erkrankte Lungenareale entfernt, sodass gesündere Bereiche sich ausdehnen können. Eventuell ist eine Lungentransplantation indiziert.
Literatur:
(1) Berge, M.: COPD – chronisch und progredient. Heilberufe 9 (2009) 21-23.
(2) Menche, N.: Pflege Heute. Elsevier Urban & Fischer, München, Jena, 2011.
(3) Teschler, H., et al.: Physiotherapie bei chronischen Atemwegs- und Lungenerkrankungen. Springer Berlin Heidelberg, 2009.
(4) Vogelmeier, C., et al.: Pathogenese der COPD. Internist 47 (2006) 885–894.
(5) Worth, H.: Was ist gesichert in der Therapie der COPD? Internist 50 (2009) 1345–1357.