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Breast Care Nurse: Weiterbildung mit Anspruch

Sie begleiten an Brustkrebs erkrankte Patientinnen durch den gesamten Behandlungsweg und sind somit „Ansprechpartnerinnen für alle Fälle": Breast Care Nurses. Seit den 80er Jahren ist die Weiterbildung im angloamerikanischen Raum bereits etabliert, jetzt wird ihr Einsatz auch in Deutschland immer selbstverständlicher.
Sabine Scheefe ist ausgebildete Breast Care Nurse und arbeitet seit vier Jahren im Mammazentrum Hamburg am Jerusalem Krankenhaus. Übersetzt wird die Berufsbezeichnung mit „Brustschwester", oder mit „Pflegeexpertin für Brusterkrankungen".

Doch Sabine Scheefe gefällt die englische Berufsbezeichnung besser, da sie das Wort „care" wie „kümmern" beinhaltet. Schließlich ist die Fachkraft auf dem gesamten Behandlungsweg für die Patientin da. Sie informiert gezielt über diagnostische und therapeutische Maßnahmen und berät in sozialrechtlichen und psychosozialen Fragen. Als Mitglied des therapeutischen Teams arbeitet sie eng mit Ärzten, Pflegenden und Therapeuten zusammen. Ihr mögen sich die betroffenen Frauen manchmal eher anvertrauen als dem behandelnden Arzt oder dem Psychologen. Im Interview erzählt Sabine Scheefe von ihrer Tätigkeit.

Seit wann existiert das Kompetenzzentrum am Jerusalem Krankenhaus?
Scheefe: Seit 2004. Es gehört mit zu den bundesweit ältesten und größten Mammazentren und ist nach Eusoma zertifiziert, einem Standard, der unter anderem die Mitarbeit von uns Breast Care Nurses vorschreibt.

Wie viele Breast Care Nurses arbeiten hier?
Scheefe:
Zwei. Ich habe eine Vollzeitstelle und meine Kollegin arbeitet in Teilzeit mit 75 Prozent.

Für wie viele Patientinnen sind Sie aktuell die begleitende Breast Care Nurse?
Scheefe:
Wir haben hier jährlich rund 1000 Neuerkrankungen. Theoretisch sind meine Kollegin und ich für all diese Frauen da, es nehmen aber längst nicht alle das Angebot in Anspruch.

Was sind die häufigsten Anliegen der Patientinnen?
Scheefe:
Das sind Fragen, die sich zuerst einmal mit der Therapie und später zum Beispiel auch mit sozialen Problemen beschäftigen. Also Chemotherapie, Nebenwirkungen, Bestrahlung oder auch Reha-Maßnahmen oder die Beantragung eines Schwerbehindertenstatus.

Wie funktioniert die Zusammenarbeit mit dem therapeutischen Team?
Scheefe:
Es gibt eine wöchentliche Tumorkonferenz, bei der ein gegenseitiger Austausch möglich ist – ich kann dem behandelnden Arzt dann zum Beispiel mitteilen, dass Frau XY die Informationen zur Therapie nicht ausreichen, dass sie etwas nicht verstanden hat oder sich Sorgen macht. Aber natürlich melde ich mich bei Bedarf auch außerhalb der Tumorkonferenz bei den Ärzten, wende mich an die Therapeuten oder spreche mit jemandem von der Sozialbehörde.

Wie lange dauert die Weiterbildung zur Breast Care Nurse und welche Voraussetzungen müssen gegeben sein?
Scheefe:
Das variiert von Einrichtung zu Einrichtung. Berufsbegleitend dauert die Weiterbildung etwa ein Jahr. Voraussetzung sind eine  Fachausbildung in einem Gesundheitsberuf, zum Beispiel Kranken- und Gesundheitspflege oder Hebamme und mindestens zwei Jahren Berufserfahrung. Wichtig ist daneben auf jeden Fall eine psychische Stabilität. Die Frauen, die die Weiterbildung in Erwägung ziehen, sollten nicht zu jung sein. Es ist schon eine oft emotional belastende, aber auch sehr lohnenswerte Arbeit.

Wie sehen die Inhalte der Ausbildung aus?
Scheefe:
Es geht um die Vermittlung von pflegewissenschaftlichen Inhalten, von psychosozialen Kompetenzen und um die medizinische Fachausbildung, die sich mit Krankheitsbildern, -stadien und Therapien beschäftigt. Ich persönlich finde den medizinischen Teil der Ausbildung sehr wichtig, um hier möglichst gut Auskunft geben zu können und Sachverhalte gut erläutern zu können. Aktuell wird an einer Vereinheitlichung der Ausbildung gearbeitet. Es werden zwar aufgrund der europaweit gültigen Leitlinien in allen Weiterbildungseinrichtungen die gleichen Inhalte angeboten, aber die Ausgestaltung ist der jeweiligen Institution überlassen.

Was halten Sie von einem Studiengang Breast Care Nurse, so wie es ihn in anderen Ländern zum Teil sogar mit Master-Abschluss gibt?
Scheefe:
Das muss nicht unbedingt sein. Die Standards sollten aber eher angehoben werden, zum Beispiel sollten die Zulassungsvoraussetzungen nicht verwässert werden. Es müssen schon qualifizierte und erfahrene Kräfte sein, die die Weiterbildung machen.

Ist die Einrichtung der Breast Care Nurse einzuordnen in die wachsende Partizipation der Patienten?
Scheefe:
Selbstverständlich werden die Patientinnen in die Entscheidungsfindung hinsichtlich des therapeutischen Vorgehens mit einbezogen. Bei der heutigen Fülle an Informationen kann es Aufgabe der Breast Care Nurse sein, hier behilflich zu sein und dafür zu sorgen, dass die Frauen verstehen, welche Therapie aus welchem Grund eingesetzt wird.

Sind Sie ausschließlich für die Aufgaben einer Breast Care Nurse da oder auch für andere pflegerische Aufgaben?  
Scheefe:
Ich nehme schon auch mal Blut ab oder schiebe ein Bett über den Flur. Aber das sind Ausnahmen, denn ich habe die Weiterbildung nicht absolviert, um dann einfach normal weiterzuarbeiten. Da müssen sich die Brest Care Nurses manchmal schon noch emanzipieren und deutlich machen, dass sie ihr Fachwissen auch einsetzen möchten und von anderen Aufgaben entbunden werden sollten. Sie können Kollegen und auch die Ärzte zum Beispiel beim Papierkram und in der Beratung deutlich entlasten.

Wie sind die Rückmeldungen auf Ihre Arbeit von Seiten der Therapeutenund von den Kollegen im Pflege-Team?
Scheefe:
Ich erlebe durchweg positive Rückmeldungen, sowohl von den Patientinnen als auch von den Kollegen.

Was schätzen Sie persönlich an Ihrem Berufsalltag?
Scheefe:
Mir ist der individuelle Kontakt sehr wichtig. Ich kann z.B. über eine Postkarte auf dem Nachtschrank oder ein Foto von den Enkelkindern mit einer Patientin ins Gespräch kommen und sehr viel erfahren. Ich erlebe auch viel Positives, lerne zum Beispiel Menschen kennen, die so lebensbejahend oder tapfer sind, dass ich überlege, ob ich das auch schaffen würde.  Was ich außerdem sehr schätze, ist der große Gestaltungsspielraum, den ich in diesem Beruf habe.

Vielen Dank für das Gespräch.
 

 

 

Informationen zur berufsbegleitenden Weiterbildung Breast Care Nurse
akademie.charite.de/fort_und_weiterbildung/lehrgaenge_mit_zertifikat/doppelqualifikation_zur_breast_care_nurse_und_gynecology_care_nurse/

www.senocare-kolleg.de

www.uk-essen.de/bildungsakademie/fort-und-weiterbildung/fortbildungen/breast-carenurse-pflege-experte-inim-brustzentrum/

www.dbfk-pflegeaktuell.de/weiterbildung/wPages/index.php

Beitrag in der Zeitschrift Pflege, Jahrgang 2010 zur Situation des Berufes:
www.chemie.uni-hamburg.de/igtw/Gesundheit/images/pdf/Breast_Care_Nurses.pdfe

 

 

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