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Kommentar

Am falschen Ende gespart

Im Zuge der Gesundheitsreform haben sich Änderungen ergeben, die für die Patienten zum Teil gravierende Auswirkungen beinhalten. Die Veränderungen im Hilfsmittelbereich zeigen sich besonders gut am Beispiel der Inkontinenzversorgung.

Mit der Einführung des „Gesetzes zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Kran-kenversicherung" (GKV-WSG) zum April 2007 entfällt für Versicherte die freie Wahl des Hilfsmittellieferanten. Das heißt, dass die Krankenkasse den Versicherten einen Lieferanten vorschreiben kann. In der Praxis sieht das so aus, dass die Krankenkasse ein öffentliches Ausschreibungsverfahren, beispielsweise für Inkontinenzprodukte, veranlasst. Hier können sich dann die verschiedenen Hersteller bewerben und einer von ihnen, in der Regel der, der das kostengünstigste Angebot abgibt, erhält den Zuschlag. Dieser Hersteller hat dann eine Art Monopol für die Belieferung aller Versicherten dieser Krankenkasse.   Was diese Regelung für die Versorgung bedeutet, zeige ich am Beispiel von Herrn Maske auf.

Herr Maske, ein 79-jähriger Patient, kann nach einer Operation den Harndrang nicht mehr kontrollieren, er ist inkontinent geworden und benötigt Vorlagen. Er wird nach der Operation in die häusliche Pflege entlassen. Zuhause wird er von seiner 77-jährigen Ehefrau versorgt. Zwei-mal täglich wird diese durch einen ambulanten Pflegedienst unterstützt. Am Tag nach der Entlassung hat Herr Maske ein Hilfsmittelrezept für Inkontinenzartikel verordnet bekommen. Dieses Rezept muss er nun bei seiner Krankenkasse zur Genehmigung einreichen. Die Krankenkasse bearbeitet das Rezept und schickt es nach der Genehmigung weiter an den kooperierenden Hilfsmittellieferanten. Hier stellt sich die Frage, inwieweit die Krankenkasse unter datenschutzrechtlichen Aspekten berechtigt ist, patientenindividuelle Daten ohne Einwilligung des Patienten an eine Herstellerfirma weiterzugeben. Die Herstellerfirma soll nun die verordneten Vorlagen direkt an den Patienten liefern. Ist das verordnete Inkontinenzmaterial vorrätig, dauert der gesamte Prozess „nur" zehn bis 14 Tage. Bei Lieferschwierigkeiten – die Hersteller sprechen davon, überrascht worden zu sein von der Menge der Verordnungen – kann der ganze Vorgang schon einmal vier bis sechs Wochen dauern. Für Herrn Maske bedeutet dies, bis zur Lieferung muss er die Inkontinenzartikel selbst besorgen und bezahlen. Das verauslagte Geld für die Übergangsfrist bekommt er nicht erstattet.   Doch dem noch nicht genug: Die von der Krankenkasse ausgewählte Firma für Inkontinenzartikel ist eine der Firmen, die nur wenige unterschiedliche Modelle in ihrem Programm führen. Das ist gut für die Kostenseite, weil so höhere Stückzahlen jedes einzelnen Modells produziert werden können. Nicht gut ist diese Reduktion aber für Herrn Maske: Er klagt darüber, dass die von der Krankenkasse ausgewählten Modelle „hart sind,  wie Zeitungspapier". Außerdem schneiden die Beinabschlüsse ein, wenn er auf der Seite liegt und schließen nicht vollständig ab, wenn er sich aufrichtet oder im Bett sitzt. Das führt dazu, dass das Bett von Herrn Maske bis zu viermal täglich frisch bezogen werden muss, weil es durchnässt ist. Dieses ist nicht nur ein erheblicher Wäsche-, sondern vor allem ein unzumutbarer Arbeitsaufwand für seine betagte Ehefrau. Darüber hi naus ist die kostengünstige Vorlage nicht sehr saugfähig. Das führt dazu, dass die Haut des Gesäßes von Herrn Maske bereits nach vier Tagen Reizungen und Rötungen aufzeigt. Mit dieser Veränderung sind die Versicherten auf der Verliererseite. Sie müssen auf wohnortnahe Versorgung und Betreuung verzichten. Die Individualität der auf den Patienten angepassten Hilfsmittel bleibt auf der Strecke. Zu Hilfsmitteln gehören auch Einlagen, Sitz- und Stehhilfen, Prothesen, Schuhe und Bandagen. Besonders Patienten, die auf individuelle Anpassung angewiesen sind, bekommen diese zukünftig nicht mehr vom Hilfsmittellieferanten ihres Vertrauens, sondern von einem, der ihre individuellen Anforderungen nicht kennt. Aus meiner Sicht ein untragbarer Zustand.






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