Das Abrechnungsverfahren mit den Kostenträgern ist für die Erbringer von pflegerischen Leistungen auf zwei Säulen gestellt: Pflegeeinrichtungen müssen ihre Leistungen einerseits mit den gesetzlichen Krankenkassen und andererseits mit den gesetzlichen Pflegekassen abrechnen, und zwar elektronisch. Die Grundlagen hierfür sind in den §302 SGB V bzw. § 105 SGB XI verankert.
Seit Jahren Gesetz: maschinenlesbare Abrechnung
Die Inhalte der Pflegeleistungen sind in Rahmenverträgen zwischen den Spitzenverbänden der Pflegekassen und den verschiedenen Berufsverbänden und Trägergemeinschaften geregelt.
Der Gesetzgeber hat dabei die Leistungserbringer bereits im Rahmen des Pflege-Versicherungsgesetzes im Jahre 1996 verpflichtet, für die Abrechnung pflegerischer Leistungen nach §105 SGB XI „maschinenlesbare Abrechnungsunterlagen" zu verwenden.
Für die Abrechnung mit den Pflegekassen gilt also grundlegend schon der elektronische Datenaustausch. Weitere Ausführungen zu diesem Thema würden jedoch den Rahmen dieses Artikels sprengen. Im Vordergrund steht nachfolgend das Abrechnungsverfahren gemäß §302 SGB V.
Dieser Paragraf „Abrechnung der sonstigen Leistungserbringer" schreibt vor, dass die Abrechnungsdaten im Wege elektronischer Datenübertragung oder maschinell verwertbar zu übermitteln sind. Für Pflegeeinrichtungen sind dies die Leistungen gemäß § 37 SGBV („Häusliche Krankenpflege"). Form und Inhalt des Abrechnungsverfahrens regeln auch hier wiederum die Spitzenverbände der Krankenkassen in gemeinsamen Richtlinien. Die grundsätzlichen Ziele des elektronischen Datenaustausches, die man mit gesetzlich verankerten Richtlinien bereits seit Mitte der 90er Jahre verfolgt, liegen auf der Hand: Nämlich eine bessere Transparenz bei den Gesund-heitsausgaben und damit ein schneller wirkendes Steuerungsinstrument im Gesundheitswe-sen. Voraussetzung dafür ist ein bundesweit einheitliches und standardisiertes Abrechnungsverfahren. Man möchte die modernen Wege der elektronischen Kommunikation ausschöpfen.
Doch Theorie und Praxis sind oftmals zwei ungleiche Paar Schuhe. Den für die Leistungserbringer letztlich verbindlichen Startschuss geben die Krankenkassen. Im Bereich der Heilmittel und zuletzt auch im Hilfsmittelsektor ist das Datenträgeraustausch-Verfahren (DTA) seit Jahren schon fester Bestandteil des Abrechnungsprozesses. Die Abrechnung Häuslicher Krankenpflege nach § 302 SGB V im Wege des elektronischen Datenaustausches gewinnt nunmehr bei den Krankenkassen zunehmend an Bedeutung. Zuletzt gaben große Krankenkassen wie die AOK Rheinland/Hamburg oder die Bahn BKK den Startschuss. Die bisherige Zurückhaltung der Krankenkassen ist verständlich, denn auch dort bedeutet das elektronische Verfahren, Anpassungen in der vorhandenen Prüfsoftware und Ab-lauforganisation vorzunehmen. Gerade für den Bereich der Häuslichen Krankenpflege war dies mit der bisherigen Form der Technischen Anlage offensichtlich eine große Herausforderung. Auch bedurfte es zum Beispiel einer bundeseinheitlichen Angleichung aller Positionsnummern für alle Leistungen.
Dies haben die Spitzenverbände der Krankenkassen erkannt und entsprechend gehandelt. Vier Jahre nach der Gesundheitsreform „GKV-Modernisierungsge-setz" (GMG) im Jahre 2004, bei der der Gesetzgeber die Leistungserbringer letztlich dazu verpflichtet hat, den Krankenkassen die Leistungsabrechnungen auf elektronischem Wege zu übermitteln, werden die technischen und organisatorischen Sachverhalte für die elektronische Datenübermittlung in der Technischen Anlage Version 6.0 neu gefasst. Sie gilt seit dem 01.Februar 2008. Das Ziel ist eine deutlich höhere Beteiligung aller Krankenkassen (und somit der Leistungserbringer) am DTA-Verfahren.
Die Technische Anlage Version 6.0
In der Technischen Anlage sind die technischen und organisatorischen Sachverhalte des elektronischen Abrechnungsverfahrens verankert. Im Einzelnen wird dort die Struktur des Da-tensatzes abgebildet. Eine wesentliche Neuerung in der Version 6.0 ist die differenzierte Auslegung und Einteilung der verschiedenen Leistungsbereiche in so genannte „Individual-Segmente". Bislang war dies für alle Leistungsbereiche einheitlich geregelt. Das bedeutet jetzt, dass in der neuen Version eine eigene, auf die Häusliche Krankenpflege ausgerichtete Datensatz-struktur enthalten ist. Neu ist auch die künftige Angabe der Betriebsstättennummer. Ärzte dürfen nach geltendem Recht nunmehr auch so genannte Betriebsstätten betreiben, die dann jeweils eigene Nummern erhalten. Für die Leistungserbringer ist dieser Hinweis insofern wichtig, da sie diese Ziffern im elektronischen Verfahren übermitteln müssen. Im Übrigen werden diesbezüglich die Verordnungs-muster (z. B. Muster 12) voraussichtlich zum 01. Juli dieses Jahres geändert. Ebenfalls neu ist die Übermittlung von Diag-nosetexten beziehungsweise Diagnoseschlüsseln, wobei hier eine abschließende Regelung noch nicht getroffen wurde. Sämtliche Richtlinien und Technische Anlagen stehen zum Download auf der Internetseite www.datenaustausch.de zur Verfügung.
Sanktionen in Form von Rechnungskürzungen
Für viele Pflegeeinrichtungen ist die Technische Anlage ein „Buch mit sieben Siegeln". Verständlich, denn eine Umsetzung ohne ein gewisses Grundverständnis für die IT-Landschaft ist nahezu ausgeschlossen. Dennoch müssen sich Leistungserbringer dieser Aufgabe stellen, wenn sie Sanktionen vermeiden wollen. Die gesetzliche Regelung des §303 SGB V berechtigt – ja verpflichtet Krankenkassen dazu, Rechnungen um bis zu fünf Prozent des Rechnungsbetrages zu kürzen, sofern Leistungserbringer die Daten nicht vollständig elektronisch übermitteln. Dann sind die Krankenkassen angehalten, sämtliche für die Abrechnung relevanten Daten nachzuerfassen. Für diesen Mehraufwand wurde der Passus der pauschalen Rechnungskürzungen gemäß § 303 SGB V geschaffen. Im Übrigen eine einseitige Regelung, denn für den zusätzlichen Aufwand des elektronischen Verfahrens wird den Leistungserbringern kein Ausgleich angeboten.
Der Zug der Telematik nimmt Fahrt auf
Mit der Umsetzung der neuen Technischen Anlage 6.0, unter anderem in Bezug auf die Einrichtung individueller Segmente für die verschiedenen Berufsgruppen im Gesundheitswesen, wurde ein weiteres Signal in Richtung digitaler Kommunikation ausgegeben. Man will und muss auch den Abrechnungsprozess künftig flächendeckend digital und damit effizienter gestalten. Dazu gehören ebenso elektronische Genehmigungen oder Wunddokumentationen. Die Vernetzung von Leistungser-bringern und Kostenträgern, die Telematik im Gesundheitswesen, gewinnt an Fahrt. Letztlich sehen sich auch die Kranken-kassen spätestens seit der jüngsten Gesundheitsreform (GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz) ei-nem deutlich höheren Kostendruck ausgesetzt. Die Umsetzung des elektronischen Abrechnungsverfahrens nach § 302 SGB V ist daher keinesfalls ein Selbstzweck.