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Pflegeweiterentwicklungsgesetz: Wiederholungsprüfungen können in Zukunft viel Geld kosten

Es ist inzwischen reichlich diskutiert worden, dass mit dem in Kraft getretenen Pflegeweiterentwicklungsgesetz eine Vielzahl von Neuerungen im Bereich der sozialen Pflegeversicherung (SGB XI) einhergegangen sind. Stichworte wie Pflegeberatung, Pflegestützpunkte, Dynamisierung der Leistungen, aber auch die Ausweitung der Qualitätsanforderungen an Pflegeeinrichtungen sind Schlagworte, die auch jetzt noch Konfliktstoff bieten. Kaum bekannt ist eine Neuerung, die den Einrichtungen der Altenhilfe hohe Kosten verursachen könnte: Zukünftig sollen sie für Wiederholungsprüfungen durch den MDK zahlen.

Qualitätsprüfungen durch den MDK werden neu geregelt
Neben den in der Öffentlichkeit und in Fortbildungsveranstal-tungen diskutierten neuen Ansätzen und Regelungen aufgrund des Pflegeweiterentwicklungsgesetzes sind auch eine Fülle von weniger offensichtlichen Neuheiten im neuen SGB XI festgeschrieben worden. Eine dieser – relativ unbekannten – Neuerungen, die in Zukunft einigen Pflegeeinrichtungen Kopfzerbrechen bereiten und zu einem nicht zu unterschätzenden finanziellen Aufwand führen könnten, ist in § 114 Abs. 5 Satz 2 SGB XI geregelt. Die Vorschrift des § 114 SGB XI regelt grundsätzlich die Abläufe und den Umfang der Qualitätsprüfungen durch den Medizinischen Dienst der Krankenkassen (MDK). Darüber hinaus werden auch Einzelheiten zu den verschiedenen Prüfarten des MDK, wie etwa Regel- oder Anlassprüfung, näher beschrieben. In Bezug auf die so genannten Wiederholungsprüfungen heißt es im § 114 Abs. 5 S. 2 SGB XI: „Im Zusammenhang mit einer zuvor durchgeführten Anlass- oder Regelprüfung kann von den Landesverbänden der Pflegekas-sen auf Kosten der Pflegeeinrichtung eine Wiederholungsprüfung veranlasst werden, um zu überprüfen, ob die festgestellten Mängel durch die nach § 115 Abs. 2 SGB XI angeordneten Maßnahmen beseitigt worden sind."

Zukünftig erhebt der MDK Kosten für Wiederholungsprüfungen
Mit dieser kleinen aber feinen Änderung des Gesetzes hat der Gesetzgeber klargestellt, dass die so genannten Wiederholungsprüfungen des MDK nunmehr grundsätzlich kostenpflichtig für die Einrichtungen sein sollen. War es in der Vergangenheit die Regel, dass der MDK auch bei Wiederholungsprüfungen keine Kosten für die Prüfung und Beratung der Einrichtung erhob, wird genau dies in Zukunft der Fall sein.

Bei der Berechnung der Kosten sollen eine Reihe von Faktoren eine Rolle spielen, die sich teilweise von Bundesland zu Bundesland unterscheiden. Ausschlaggebend für Unterschiede sind etwa die Prüfdauer, die Anzahl der Prüfer des Prüfteams und der Umfang der Wiederhoungsprüfung. Trotz der neuen Rechtsmaterie und den damit verbundenen fehlenden Erfahrungen lassen sich bereits einige Tendenzen erkennen, die nachdenklich stimmen.

Beispiel Mecklenburg-Vorpommern
Im Rahmen des Pflegeforums Mecklenburg-Vorpommern, das der Bundesverband Ambulante Dienste und Stationäre Einrichtungen e.V. am 15. Oktober 2008 in Schwerin veranstaltet hat, hat sich der MDK Mecklenburg-Vorpommern zum Stand der Gesetzesumsetzung und zu den Kosten für die Wiederholungsprüfungen im nordöstlichen Bundesland geäußert. So sollen bzw. werden die Kosten zwischen 4000 und 5000 Euro betragen. Grundlage für die Kostenkalkulation seien notwendige Prüfungsdauer und notwendiger Prüfumfang in der zum wiederholten Male aufgesuchten Ein-richtung. Die genannten Kosten seien in der Praxis auch bereits bei mindestens zwei seit dem
1. Juli 2008 entstandenen Wiederholungsprüfungen des MDK Mecklenburg-Vorpommern festgesetzt worden.

Auf Nachfrage nach der Ange-messenheit der genannten Kos-ten wurde von der Mitarbeiterin des MDK zu bedenken gegeben, dass sich der MDK Mecklenburg-Vorpommern im Vergleich zu anderen Bundesländern noch in einem eher moderaten Rahmen bewege. Bei einer länderübergreifenden Zusammenkunft von Mitgliedern aller medizinischen Dienste seien Kosten für die Wiederholungsprüfungen in Höhe von bis zu 9 000 Euro diskutiert worden. Insbesondere bei umfangreichen Wiederholungsprüfungen seien solche Kosten nach Meinung der MDK für eine kostendeckende Arbeit des Prüfteams durchaus angemessen.

Einzelfallentscheidungen notwendig
Trotz der zumindest teilweise nachvollziehbaren Begründung des MDK Mecklenburg-Vorpommern hinsichtlich der Kosten für die Wiederholungsprüfung bleibt ein fader Beigeschmack. Die Prüfkosten erscheinen, gerade vor dem Hintergrund, dass dem MDK gegenüber den Pflegeeinrichtungen ein besonderer Beratungsauftrag obliegt, sehr hoch. Insbesondere für kleinere ambulante Dienste, aber auch für kleinere stationäre Einrichtungen sind die voraussichtlichen Kosten von einigen tausend Euro eine finanzielle Belastung, die nicht einfach zu stemmen ist. Gerade vor dem Hintergrund der bereits im Zusammenhang mit der MDK-Prüfung entstehenden Aufwendungen erscheint die Höhe der Kosten der Wiederholungsprüfung für die genannten Einrichtungen bedenklich.

Qualitätssicherung bedeutet finanziellen Aufwand
Die meisten Pflegeeinrichtungen, in denen der MDK eine Wiederholungsprüfung vornehmen muss, stehen bereits im Rahmen der Umsetzung der von der Pflegekasse geforderten Maßnahmen und Empfehlungen vor nicht unerheblichen Belastungen. Grund hierfür ist vor allen Dingen die Tatsache, dass die Optimierung der Qualität in ambulanten und stationären Pflegeeinrichtungen oftmals mit einem hohen personellen und finanziellen Aufwand einhergeht. Kommen zu diesem beachtlichen Kostenfaktor nunmehr auch noch die finanziellen Belastungen für die Wiederholungsprüfung hinzu, steht zu befürchten, dass viele Einrichtungen an den Rand ihrer Leistungsfähig-keit gebracht werden. Bestenfalls werden durchaus sinnvolle Empfehlungen zur Qualitätsverbesserung im Bescheid der Pflegekasse, die im Gegensatz zu angeordneten Maßnahmen keiner zwingenden Umsetzung bedürfen, von der Einrichtung zunächst hinten angestellt, weil hierfür die finanziellen Kapazitäten fehlen. Schlimmstenfalls gerät die Einrichtung durch die Kosten der Wiederholungsprüfung in eine finanzielle Schieflage, was letztendlich zumindest mittelbar zu einer Verschlechterung der Versorgungsqualität der Versicherten führen kann. Dies ist ganz sicher nicht die Intention des Gesetzgebers gewesen, als er die Vorschrift des § 114 Abs. 5 Satz 2 in das SGB XI aufnahm.

Vielmehr sind in diesem Zusam-menhang auch die Interessen der wiederholt geprüften Einrich-tungen angemessen zu berücksichtigen. Zwar spricht der Gesetzgeber in seiner Gesetzesbe-gründung davon, dass „die Pflegeeinrichtungen die Kosten für eine von den Landesverbänden der Pflegekassen veranlasste Wiederholungsprüfung zu tragen haben", doch muss aus Sicht des Verfassers die Entscheidung über die Höhe der Kosten den Grundsätzen der Verhältnismäßigkeit Rechnung tragen. Sofern man diesen Grundsatz ausreichend beachtet, muss aber gerade bei kleineren Einrichtungen die Möglichkeit bestehen, von der Kostentragungspflicht zumindest teilweise Abstand zu nehmen.

Interessen der Einrichtungen mussten berücksichtigt werden
Dies würde auch dem Sinn und Zweck der Regelung nicht widersprechen. Dieser ist weniger darin zu sehen, dass Einrichtungen durch die Kosten bestraft werden sollen, sondern vielmehr darin, die Gemeinschaft der Versicherten vor Kosten zu schützen, die dadurch entstehen, dass Pflegeeinrichtungen den Qualitätsanforderungen an eine einwandfreie Pflege nicht ausreichend nachkommen. Bei der Interessenabwägung zwischen Belangen der Allgemeinheit und denen der Einrichtung müssten auch die Interessen der Einrichtungen und deren Mitarbeitern angemessen berücksichtigt werden. Dies könnte im Einzelfall sogar so weit gehen, dass die (finanziellen) Interessen der Allgemeinheit hinter den Interessen der Einrichtung zurückstehen müssten.

Hinweis: Nach § 114 Abs. 5 Satz 3 SGB XI muss eine Wiederholungsprüfung auch „auf Antrag und auf Kosten der Einrichtung durchgeführt werden, wenn wesentliche Aspekte der Pflegequalität betroffen sind und ohne zeitnahe Nachprüfung der Pflegeeinrichtung unzumutbare Nachteile drohen". Auch in diesen Fällen könnten die Kosten für einzelne Pflegeeinrichtungen zu hoch sein. Freilich ist hier zu berücksichtigen, dass die Einrichtung mit dem die Prüfung auslösenden eigenen Antrag letztendlich selbst der Initiator der Wiederholungsprüfung und den damit verbundenen Kosten ist.
Allerdings kann in Einzelfällen auch hier aufgrund von sonst ent-stehenden unzumutbaren Nachteilen für die Einrichtung ein Ab-sehen von der Kostentragungspflicht geboten erscheinen.

Angesichts der geschilderten Bedenken bleibt zu hoffen, dass die MDK in den einzelnen Bun-desländern im Rahmen ihrer Entscheidung über die Kosten einer Wiederholungsprüfung auch auf die individuellen Eigenheitender Pflegeeinrichtungen, insbesondere ihre wirtschaftliche Leistungsfähigkeit, Rücksicht nehmen. Dies würde letztendlich auch der Tatsache Genüge tun, dass ambulanten und stationären Pflegeeinrichtungen ein wirt-schaftliches Arbeiten ermöglicht werden soll und muss.







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