Die kalte Jahreszeit klingt gerade aus. Eisglätte und Schnee machten die Straßen in diesem Winter wieder einmal häufig unsicher, und viele Menschen wurden von plötzlichen Rutschpartien überrascht. Nicht nur im Straßenverkehr, auch in der Pflege sind „Stolperfallen" ernst zu nehmende Gefahren, und die Folgen sind unabsehbar. Auch die Abrechnung mit den Kostenträgern birgt Stolperfallen. In allen Fällen gilt aber: Wer Stolperfallen frühzeitig erkennt, kann „Ausrutscher" vermeiden.
Prävention besser als Behandlung
Ambulante oder stationäre Pflegeeinrichtungen wissen, welche Stolperfallen in der Wohnung des Patienten oder im Pflegeheim für Gefahr sorgen können. „Barrierefreiheit" lautet das Zauberwort. Klar ist, dass zu viele Möbel oder lose Gegenstände im Raum die Bewegungsfreiheit des Patienten einschränken und diese den Menschen überfordern. Zu Recht wird daher der Sturzprophylaxe eine hohe Bedeutung beigemessen. Letztlich ziehen Stürze einen weiteren vermeidbaren Nachsorgeaufwand mit sich oder gefährden den Heilungsprozess anderer Krankheiten. Der Umfang der Nachsorge kann schließlich vor einem Sturz niemals kalkuliert werden. Im Interesse des Pflegebedürftigen und auch im Sinne der Pflegeeinrichtung kann diesem Thema daher nie genügendAufmerksamkeit beigemessen werden. Völlig auszuschließen sind Gefahren aufgrund von Stolperfallen jedoch nicht.
Dieses Bild ist übertragbar auf die Abrechnung mit den Krankenkassen; auch hier sollten Pflegeeinrichtungen im eigenen Interesse eine „Sturzprophylaxe" betreiben. Fernab von der eigentlichen Kernkompetenz, spielt dieses Thema für Pflegeeinrichtungen aus wirtschaftlichen Gründen eine elementare Rolle. Neben den aktuellen Richtlinien müssen Pflegeeinrichtungen wissen, wie und auf welchem Wege die Abrechnung vorzunehmen ist. Mancher Kostenträger wünscht die Abrechnung der SGB V-Leistungen an die Hauptverwaltung und die SGB XI-Leistungen an eine andere Stelle. Wieder eine andere Krankenkasse verlangt bereits die elektronische Abrechnung in Form des Datenträgeraustausch-Verfahrens (DTA), so dass Pflegeeinrichtungen unter Umständen zwei Abrechnungsprozesse – die Abrechnung „per DTA" und „ohne DTA" – aufrechterhalten müssen. Dass dies auf Dauer unwirtschaftlich ist, liegt auf der Hand.
Klare gesetzliche Vorgaben
Die Zeit, in der die Abrechnung ausnahmslos auf Papier an die Kostenträger verschickt werden konnte, weicht einem neuen digitalen Zeitalter. Auch wenn das DTA-Verfahren heute noch nicht bundesweit flächendeckend von allen Krankenkassen umgesetzt und gefordert wird, wird man sich diesem in der nahen Zukunft nicht entziehen können.
Insbesondere der RVO-Bereich um die Allgemeinen Ortskrankenkassen und einige Betriebskrankenkassen ist hier sehr aktiv. Der frühere VdAK-Bereich, jetzt vdek, hält sich mit seinen acht Ersatzkassen noch zurück. Aber letztendlich werden alle Krankenkassen früher oder später das Verfahren in Angriff nehmen wollen, ja müssen. Denn die Voraussetzungen und Verpflichtung zur Umsetzung des elektronischen Abrechnungsverfahrens sind seit Jahren im § 302 SGB V verankert. Und wenn die den Krankenkassen zu übermittelnden Daten nicht auf dem Weg elektronischer Datenübertragung oder maschinell verwertbar übermittelt werden, haben die Krankenkassen die Daten nach zu erfassen. In derartigen Fällen gilt danach, dass die Krankenkassen die mit der Nacherfassung verbundenen Kosten den Leistungserbringern durch eine pauschale Kürzung in Höhe von bis zu fünf Prozent des Rechnungsbetrages in Rechnung zu stellen haben.
Festzuhalten ist also: Die elektronische Lieferung von Abrechnungsdaten ist für Leistungserbringer ebenso gesetzlich verpflichtend, wie für die Krankenkassen die Nacherfassung von Abrechnungsdaten und die damit in Zusammenhang stehenden pauschalen Rechnungskürzungen. Regionale oder kassenspezifische Ungleichbehandlungen darf es dabei aber nicht geben. Denn dann würden indirekt diejenigen Leistungserbringer „bestraft", die beispielsweise die DTA-Abrechnung längst mittels Branchen-Software oder Abrechnungszentrum ordnungsgemäß vornehmen.
Abrechnung durchläuft vier Prüfungen
Während bei der Abrechnung in Papierform häufig in Einzelfällen die Sachbearbeiter bei den Krankenkassen über Rechnungskürzung oder komplette Rücksendung entscheiden können, regeln dies im DTA-Verfahren die EDV-technischen Vorgaben in der Technischen Anlage (TA). Die „menschliche Tagesform" spielt dabei also keine Rolle mehr, denn die TA – aktualisiert im Februar 2008 mit der TA 6.0 – regelt die technischen und organisatorischen Sachverhalte des DTA-Verfahrens. Sie legt fest, welche konkreten Abrechnungsdaten übermittelt werden müssen und lässt den Sachbearbeitern bei den Krankenkassen keinen Handlungsspielraum. Gut möglich also, dass ein Fehler auf einer Papierrechnung bei einer Krankenkasse ungeahndet bleibt, jedoch im DTA-Verfahren von einer anderen Krankenkasse reklamiert wird. Willkür ist das nicht. Allenfalls eine Ungleichbehandlung zu den stringenteren Prüfroutinen von DTA-Krankenkassen. Der Teufel steckt hochgradig im Detail, und die Krankenkassen sind auch im DTA-Verfahren nicht über den berühmten einen Kamm zu scheren.
Die Abrechnungen von Pflegeeinrichtungen durchlaufen im DTA-Verfahren insgesamt vier Prüfstufen, bevor diese in der letzten Stufe auf den Schreibtischen der Rechnungsprüfer landen. Die Pflegeeinrichtung erstellt die DTA-Abrechnung und sendet den Datensatz an die Datenannahmestelle der Krankenkasse. Parallel müssen Begleitzettel für die Urbelege (Leistungsnachweise, Verordnungen) an die Krankenkassen verschickt werden. Erst nach Eingang des Datensatzes und der Urbelege beginnt das vereinbarte Zahlungsziel bei der Krankenkasse. Die maschinelle Prüfung nach Eingang des Datensatzes läuft dabei wie folgt ab: Die Stufe I untersucht die Daten- und Dateistruktur des eingesandten Datensatzes. Es wird an dieser Stelle geprüft, ob die Reihenfolge der Abrechnungsdaten stimmt. Denn auch diese ist nicht willkürlich, sondern in einer fest definierten Struktur anzuliefern. Hiernach folgt Stufe II, die so genannte Syntax-Prüfung. Dabei handelt es sich um die Abfrage, ob alle zwingend notwendigen Felder im Datensatz auch ausgefüllt wurden. Die verschiedenen Abrechnungsdaten werden nämlich in der TA 6.0 in „Muss"- und „Kann"-Felder eingeteilt. Kann-Felder sind dabei bedingte Muss-Felder. Wenn nun ein Muss-Feld im Datensatz nicht vorhanden ist, erfolgt ein Fehlerhinweis des Prüfprogramms der Krankenkasse, und der Datensatz wird abgewiesen. Die parallel eingereichten Urbelege kommen dann in der Regel wieder zwecks Korrektur zurück.
Stufe III beinhaltet eine formale Prüfung der Datenelementinhalte – besser als Plausibilitätsprüfung bekannt. Die zuvor erwähnten Muss- und Kann-Felder sind entweder mit numerischen oder alphanumerischen Zeichen zu füllen. Diskrepanzen werden hierbei automatisch abgefragt. Zu guter Letzt folgt Stufe IV – die Sachbearbeiterebene im Fachverfahren bei den Krankenkassen. Jetzt werden die Abrechnungsdaten und die Urbelege zusammengeführt und auf vertragliche Grundlagen hin überprüft. Ist diese fachliche Abschlussprüfung erfolgreich, erfolgt die Anweisung der Rechnung. Aber in allen Fällen von kompletten Rechnungsrücksendungen gilt: Vollständig abgewiesene Rechnungen müssen mit neuer Rechnungsnummer angeliefert werden.
Gruppenschlüssel und Positionsnummern sind wichtige Bestandteile
Bei der Abrechnung per DTA-Verfahren müssen eine Reihe von Daten zwingend übermittelt werden. Unter anderem sollten Pflegeeinrichtungen den für sie passenden Leistungserbringer-Gruppenschlüssel (LEGS) kennen, der aus dem Abrechnungscode (AC) und dem Tarifkennzeichen (TK) besteht. Der Abrechnungscode besteht aus zwei Stellen und verschlüsselt die Berufsgruppe. So steht zum Beispiel die „31" für freigemeinnützige Anbieter wie Sozialstationen und die „32" für privatgewerbliche Anbieter. Das Tarifkennzeichen umfasst insgesamt fünf Stellen und spiegelt den Tarifbereich wie beispielsweise das Bundesland wider. Die Stellen drei bis fünf sind gestaffelt und werden von der Krankenkasse vergeben. In jedem Fall wird der LEGS in einem Vertrag oder in einer Vergütungsvereinbarung angegeben. Ohne ihn ist eine DTA-Abrechnung nicht möglich, da hierunter die preisliche Zuordnung vorgenommen wird. Auch wenn ein Dienstleister mit der Abrechnung beauftragt wird, muss der Leistungserbringer alle relevanten Vertragswerke an das Abrechnungszentrum weiterleiten. Nur dadurch ist eine reibungslose und fehlerfreie Leistungsabrechnung gewährleistet.
Auch die Abrechnungspositionsnummern sind Muss-Angaben. Grundlage hierfür ist das Bundeseinheitliche Positionsnummernverzeichnis für Leistungen der häuslichen Krankenpflege. Die sechsstellige Ziffernfolge ist auch hier wieder verschlüsselt. Die ersten beiden Stellen bilden die gesetzliche Grundlage, zum Beispiel „03" für Häusliche Krankenpflege gemäß § 37 Abs. 2 Satz 1 SGB V. Die dritte Ziffer, beispielsweise die „2", regelt die Art der Versorgung – in diesem Fall ist es die Behandlungspflege, und die letzte Ziffernfolge beinhaltet Pauschalen oder Einzelleistungen wie Blutdruckmessung und Pulskontrolle. Die Abrechnungspositionsnummern sind ebenfalls in den Verträgen bzw. Vergütungsvereinbarungen angegeben. Es gibt selbstredend weitere Pflichtangaben im DTA, auf die jedoch an dieser Stelle aus Platzgründen nicht näher eingegangen wird. Die oben genannten Beispiele „LEGS und Positionsnummern" sind elementare Bestandteile der Abrechnung, die den Pflegeeinrichtungen bekannt sein müssen.
Eine fehlende Unterschrift macht Neubearbeitung nötig
Fakt ist: Nicht nur die technischen Details können zu Fehlern in der Rechnungsstellung führen und somit in der Folge eine Verlängerung des Zahlungsziels nach sich ziehen. Auch in der Routinearbeit hält gelegentlich der menschliche „Schlendrian" Einzug, sodass bei der Datener-fassung simple Eingabefehler entstehen. Zu einer hohen Fehlerquelle tragen ferner auch die fehlende Unterschrift des Patienten oder das fehlende Handzeichen des Pflegers bei. Der Hinweis der Krankenkasse hierauf mag bürokratisch klingen, unter Umständen zieht dies aber eine erneute Rechnungsbearbeitung und somit einen verzögerten Zahlungseingang nach sich. Dies ist ernüchternd, sensibilisiert jedoch für die nächste Abrechnung.
Sieht man einmal von den individuellen Gegebenheiten ab, mit denen die Abrechnung von pflegerischen Leistungen in der Praxis behaftet ist, ist der mit Abstand am häufigsten genannte Korrekturgrund nachfolgend nahezu banal: „Die abgerechnete oder abgegebene Leistung wurde nicht genehmigt." Hinter dieser Kurzbegründung von Krankenkassen verbergen sich Leistungsabrechnungen, die von der Genehmigung abweichende Leistungen beinhalten. Auch wenn anstatt einer zweimaligen Behandlungsfrequenz drei Behandlungen geleistet wurden, führt dies zu einer Rechnungskorrektur. Theorie und Praxis liegen leider oft auseinander. Überhaupt führt die Abrechnung von Leistungen, die von der eigentlichen Genehmigung der Krankenkasse abweicht, in jedem Fall zu einer Rechnungskorrektur oder Abweisung. Sich im Nachhinein um eine nachträgliche Genehmigung zu bemühen oder gar zu streiten, ist müßig und kostet Zeit und Geld. Und wenn die Genehmigung erteilt wird, verschwindet diese offensichtlich oftmals wieder auf unerklärlichem Wege. Ebenfalls unter den „Top-10" der häufigsten Korrekturgründe anzutreffen ist der Hinweis der Krankenkasse, dass die „Genehmigung fehlt" oder gar nicht vorliegt. Nachforschungen über den Verbleib der Genehmigung kosten wiederum Zeit, Nerven und Geld.
Auch die rechtzeitige Vorlage der Verordnung zur Genehmigung bei der zuständigen Krankenkasse birgt immer wieder „Stolperfallen", die man heute mit moderner Technik umgehen kann. Postlaufzeiten braucht keine Pflegeeinrichtung oder Krankenkasse mehr zu kalkulieren oder zu fürchten. Das gesamte Thema ist digital abzuwickeln, sodass sofort auf dieVerordnung oder Genehmigung zurückgegriffen werden kann. Ebenso wenig müssen Pflegeeinrichtungen von der Verordnungsausstellung bis hin zur endgültigen Bezahlung nicht mehr bis zu 60 Tage warten – das geht dank moderner Technik und Finanzierungskonzepte heute schon nach einem Tag.
Rechnungskorrekturen sind vermeidbar
„Stolperfallen" in der Abrechnung mit Krankenkassen sind mindestens so vielseitig wie die wirklichen Stolperfallen des täglichen Lebens. Aber hier gilt: Eine fehlerfreie Abrechnung ist möglich. Immer! Dies erfordert zugegebenermaßen von Mitarbeitern der Pflegeeinrichtungen höchste Aufmerksamkeit und tiefe Kenntnisse der aktuellen Abrechnungssituation bei den Krankenkassen. Auch in Kombination mit einem Abrechnungszentrum kann dies nur dann funktionieren, wenn der Dienstleister alle relevanten vertraglichen Informationen rechtzeitig vom Leistungserbringer zur Verfügung gestellt bekommt. Ebenso ist eine gewissenhafte Vorarbeit der Abrechnungsbelege durch den Leistungserbringer zwingend erforderlich, damit der Dienstleister einerseits keine fehlerhaften Daten übernimmt und andererseits den Abrechnungsprozess schnell und reibungslos anstoßen kann. Denn Rechnungskorrekturen sind für alle Beteiligten im Abrechnungsprozess ein vermeidbarer Aufwand.