• Praxis

Palliativstation im Altenheim

Seit gut einem Jahr gibt es die Palliativstation im Evangelischen Altenhilfezentrum Ludwigsau. Für das Pilotprojekt wurden die ehemaligen Räume der Tagespflege vollständig umgebaut. Aus ihrem Arbeitsalltag berichten die beiden Palliative Care-Schwestern Cornelia Knieriem und Eleanor Sauerwein.

Station wird von Palliativnetzwerk betreut

Im Wohnzimmer steht neuerdings ein Klavier. Das hat Christa Meinrad (Name geändert) mitgebracht, die derzeit auf der Palliativstation im Evangelischen Altenhilfezentrum Ludwigsau in Reilos (Kreis Hersfeld-Rotenburg) lebt. Ihr bleiben nur noch wenige Wochen, vielleicht Tage. Oft sitzt sie am Klavier und spielt – für sich, für Angehörige, für andere Gäste Wenn sie geht, wird das Klavier bleiben, und mit ihm ein Stück von Christa Meinrad.

Bis zu vier Menschen können gleichzeitig in Reilos leben. Sie werden meistens vom Palliativ-Netzwerk Hersfeld-Rotenburg geschickt, deren Mitarbeiter die Station einmal wöchentlich besuchen. Ludwigsau ist derzeit die einzige Palliativstation im Landkreis Hersfeld-Rotenburg und auch die erste in den Häusern der Evangelischen Altenhilfe.

 

In der Regel bleiben die Patienten zwischen drei Tagen und sechs Wochen. In dieser Zeit werden sie unter anderem von einer ständigen Präsenzkraft betreut. Nachts und für Notsituationen ist die Station an das Altenhilfezentrum angeschlossen. Hier kann jederzeit Unterstützung angefordert werden.  „Die Arbeit hat auf dieser Station etwas Besonderes. Man muss erst lernen, mit der Situation umzugehen", sagt Eleanor Sauerwein. Sie ist 52 Jahre alt, arbeitet seit 14 Jahren im Altenhilfezentrum Ludwigsau Reilos und hat wie ihre anderen Kollegen auf der Palliativstation eine Palliative Care-Ausbildung absolviert. Cornelia Knieriem ist 41 Jahre alt und hat die Pflegedienstleitung inne. Sie ist seit ihrem Examen im Haus. „Natürlich sterben die Menschen auch im Heim, aber nicht so wie auf unserer Station. Ins Heim kommen sie, um zu leben – mal länger und mal kürzer. Hierher kommen die Menschen, um zu sterben. Das wissen sie und das wissen wir. Daraus entsteht eine ganz besondere Situation", erzählt Cornelia Knieriem. Dann berichtet sie von einer 58-jährigen Frau, die kraftlos auf die Station kam, aber unbedingt rauchen wollte. „Ich hab ihr den Aschenbecher gehalten – 14 Tage lang."

 

Lernen, Abstand zu bekommen

Trotz ihrer langjährigen Berufserfahrung traf Eleanor Sauerwein die Herausforderung der Palliativstation eher unvorbereitet. Am Anfang sei es ihr schwer gefallen nach Hause zu gehen und jemanden allein zurückzulassen, in dem Bewusstsein, dass er morgen schon nicht mehr da sein könnte. „Ich habe von zu Hause aus angerufen. Das war eine schwere Zeit. Ich musste lernen, Abstand zu halten und zu bekommen. Eine ganz neue Erfahrung", sagt sie.

Alle Beschäftigten auf der Station haben eine 30-Stunden-Woche, alle 14 Tage gibt es eine Woche frei. „Damit man wieder genug Kraft schöpfen kann", sagt Eleanor Sauerwein. Eine Auszeit, die notwendig sei. Nicht anrufen, nicht hingehen, nicht nachfragen. „Es dauert ein bis zwei Tage, bis man richtig abschaltet", sagt Cornelia Knieriem. Die Dienste seien so angelegt, dass es eine Kontinuität in der Betreuung gebe. Patienten, Gäste und Angehörige sollten immer den gleichen Ansprechpartner haben.

„Zwischen Mitarbeitern und Patienten entsteht immer wieder so etwas wie eine familiäre Beziehung. Man isst gemeinsam, tauscht sich aus, unterstützt sich", erzählt Cornelia Knieriem. Und dies gelte nicht nur für die Sterbenden, sondern auch für ihre Angehörigen, die mithelfen, aber auch mitbetreut werden müssen. „Es gibt Angehörige, die rufen Wochen später noch an." Cornelia Knieriem holt eine Danksagungskarte und eine Todesanzeige hervor. „Besonders danken möchte ich den Schwestern des Palliativ-Wohnbereiches des Evangelischen Altenhilfezentrums Reilos für die zwar kurze, aber überaus liebevolle Betreuung meiner Mutter und mir", steht darauf.

„Die Menschen hier ziehen anders ein als in ein Heim. Dort erwarten oder hoffen sie, dass sie dort noch etwas Zeit verbringen können. In die Palliativstation kommen die Menschen zum Sterben, und hoffen, dass es schnell geht", sagt Eleanor Sauerwein. Noch liege der Altersschnitt zwischen 60 und 80 Jahren, aber das, so glauben die beiden Fachfrauen, wird sich mit Sicherheit ändern. Denn der Anspruch auf Palliativbehandlung besteht al-tersunabhängig. Wem nach ärztlicher Beurteilung ein Platz in einer Palliativeinrichtung zusteht, dem werden die Kosten von der Pflegekasse nach Pflegestufe 3 erstattet. Egal, wie alt er ist.

 






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