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Pflege von tracheotomierten Patienten

Obwohl ein hoher Anteil der Patienten, die intensivmedizinisch tracheotomiert werden, bei Genesung ohne Tracheostoma leben können, nimmt der Anteil poststationärer Tracheostomapatienten zu. Somit sehen sich Pflegende im ambulanten Bereich immer häufiger mit tracheotomierten Patienten konfrontiert. Der Artikel beschreibt die wichtigsten pflegerischen Handlungen wie die Mund- und Nasenpflege, den Verbandwechsel oder den Wechsel und die Reinigung der Innenkanüle.

Die Auswahl an Kanülen ist groß

Während noch zu Anfang des vergangenen Jahrhunderts die Tracheotomie überwiegend eine Notfalloperation zur Überwindung von Hindernissen der oberen Atemwege, zum Beispiel bei akut entzündlichen Kehlkopferkrankungen wie Krupp oder Diphterie, oder bei schweren Verletzungen der oberen Atemwege war, ist sie heute in der Intensivmedizin Routine.

Es gibt eine enorme Vielzahl von Trachealkanülen auf dem Markt. Ihre gemeinsame primäre Aufgabe ist das Offenhalten der künstlich angelegten Luftröhrenöffnung. Daneben können durch unterschiedliche Kanülen mehrere verschiedene Unterziele erreicht werden. Das verwendete Tubusmaterial ist vom Einsatzzweck abhängig. Je höherwertig die Kanüle gearbeitet ist, umso besser ist der Tragekomfort für den Patienten. Die zu erwartende Keimbesiedelung der Kanüle ist auch teilweise materialabhängig.

Silberkanülen (oft mit Innenkanüle) werden bei wachen Patienten mit erhaltenem Schluckreflex verwendet. Die Kanüle ist sehr gut zu reinigen. Das Kanülenmaterial wirkt antiseptisch. Bei geringer Materialstärke ergibt sich hohe Stabilität. Die leicht zu entnehmende Innenkanüle stellt einen hohen Sicherheitsfaktor dar. Ein Sprechventilaufsatz ist einfach anzubringen.

Spiralkanülen mit blockbarem Cuff: Hier überzeugt die hohe Flexibilität des Materials. Spiralkanülen werden häufig zur Beatmung in der Intensivmedizin eingesetzt.

Kunststoffkanülen mit Innenkanüle und blockbarem Cuff finden sich bevorzugt bei Patienten mit gestörtem Kehldeckelverschluss (gestörter Schluckreflex) und Aspirationsgefahr in der häuslichen Versorgung oder der stationären Langzeitpflege. Außerdem können sie zur Beatmung eingesetzt werden. Ihr Nachteil ist der erhöhte Atemwegswiderstand durch die benötigte Materialstärke und die Innenkanüle. Oft können diese Kanülen mit speziellen Zubehörteilen ausgestattet werden: Beatmungskonnektor, Sauerstoffanschluss, Sprechventil usw. Der block-bare Cuff schützt den Patienten zwar nicht vollständig vor dem Eindringen von Sekret oder Nahrungsbestandteilen, doch minimiert er diese Gefahr deutlich. Außerdem wird durch den Tubusballon bei der Beatmung ein Luftverlust in die oberen Atemwege verhindert. Der Cuffdruck wird über einen speziellen „Cuffdruckmesser" überwacht.

Tracheotomie-Patienten können nicht mehr riechen

Ein- und Ausatmung geschehen beim tracheotomierten Patienten nicht mehr über die oberen Atemwege. Die Luft strömt jetzt durch das Tracheostoma in die Lunge und wird auch darüber wieder ausgeleitet. Daher ergeben sich folgenschwere Veränderungen für den Betroffenen. Die Sprachfunktion besteht zunächst nicht mehr. Sekret wird über das Tracheostoma abgehustet. Eine Kontrollmöglichkeit für den Patienten besteht kaum. Die Atemluft wird in der Nase nicht mehr angewärmt und befeuchtet. Wer tracheotomiert ist, kann nicht mehr riechen und nur eingeschränkt schmecken.

Häufig geraten tracheotomierte Patienten durch die beschriebenen Einschränkungen in eine soziale Isolation. Über den medizinischen Bereich hinaus haben Pflegende eine wichtige Aufgabe in der Beratung und Unterstützung der Betroffenen wie auch ihrer Angehörigen.

Pflege des tracheotomierten Patienten

Erwärmung und Befeuchten der Atemluft

Es stehen verschiedene Methoden der Atemluftkonditionierung zur Verfügung. Am häufigsten werden passive Feuchte- und Wärmetauscher (HME) als Aufsteckteile zur Trachealkanüle verwendet. Sie bestehen aus einem Kunststoffgehäuse, in das Papier- oder Schaumstofffilter eingebaut sind. Diese Materialien bedingen eine Feuchtigkeitsaufnahme bei der Ausatmung und eine Wiederaufnahme bei der Einatmung. Gleichzeitig vermindern sie den Wärmeverlust der Atemluft. Je nach Produkt kann der Atemwiderstand des gesättigten Filtermaterials stark ansteigen, sodass der Patient eine höhere Atemarbeit zu leisten hat. „Künstliche Nasen", wie diese Produkte umgangssprachlich genannt werden, sind Einmalartikel und müssen regelmäßig getauscht werden. Insbesondere dann, wenn viel Sekret abgehustet wird, ist der „künstlichen Nase" eine hohe Aufmerksamkeit zu schenken, um den Erkrankten nichtvital zu gefährden.

Als weitere Möglichkeit der Atemluftbefeuchtung kann regelmäßig beispielsweise mit physiologischer Kochsalzlösung inhaliert werden oder durch raumlufttechnische Maßnahmen für eine erhöhte Luftfeuchtigkeit im Aufenthaltsbereich des Betroffenen gesorgt werden.

Mund- und Nasenpflege

Weil durch den Wegfall des Luftstromes durch Mund und Nase Veränderungen des physiologischen Zustands erfolgen, ist die ausreichende Mund und Nasenpflege besonders wichtig. Die Befeuchtung der Nasenschleimhaut mit Kochsalzspray und die antiseptische Mundpflege dienen der Infektionsprophylaxe.

Verbandwechsel

Ein operativ angelegtes Tracheostoma neigt häufig zur Sekretion, sodass regelmäßige Verbandwechsel notwendig sind. Mazerationen der Haut führen leicht zu Wundheilungsstörungen. Anders als bei der feuchten Wundbehandlung soll die Haut um das Stoma trocken sein. Deshalb werden Produkte verwendet, die Flüssigkeit aufnehmen, aber nicht an die darunter liegende Haut abgeben. Es sind zahlreiche gute Tracheostomakompressen auf dem Markt. Mullkompressen erfüllen nicht die geforderten Bedingungen. Oft zieht auch Flüssigkeit ins Halteband der Kanüle. Deshalb muss auch hier eine regelmäßige Kontrolle und Erneuerung erfolgen.

Absaugen durch die Trachealkanüle

Wenn Patienten ihr Atemwegsekret nicht selbstständig oder in ausreichendem Umfang abhusten können, muss es über eine pneumatische Absaugeinrichtung entfernt werden. Zwar wird der Absaugvorgang hier nicht im vollen Umfang dargestellt, dennoch sollen einige Hinweise erfolgen:

Die Absaugung soll so oft wie notwendig vorgenommen werden, um sekretfreie Atemwege zu erreichen. Es werden sterile Absaugkatheter und für die „Führungshand" ein steriler Handschuh verwendet. Jeder Absaugkatheter ist für die Einmalverwendung vorgesehen. Auch ist die Verwendung des gleichen Katheters an verschiedenen Körperöffnungen ausgeschlossen. Der Absaugvorgang sollte so kurz wie möglich gehalten werden. Um Verletzungen der Trachealschleimhaut und der Stammbronchien zu vermeiden, sind atraumatische Katheter sinnvoll. Bei Patienten mit niedriger Sauerstoffspannung im Blut empfiehlt sich nach ärztlicher Anordnung die vorherige Sauerstoffgabe (Präoxygenierung). Komplikationen der Absaugung, wie Bronchospasmen oder starker Blutdruckanstieg, sind nicht immer zu vermeiden und erfordern eventuell ärztliche Unterstützung. Pflegende müssen auch an den Eigenschutz denken. Deshalb sind Mundschutz und Schutzbrille empfohlen.

Wechsel und Reinigung der Innenkanüle

Je geringer der Feuchtigkeitsgehalt der Atemluft ist, desto zähflüssiger ist das Atemwegsekret. Oft kommt es zu Ablagerungen im Lumen der Trachealkanüle. Bei Modellen mit Innenkanüle kann eine Reinigung relativ problemlos erfolgen. Die Innenkanüle wird entweder entnommen, gereinigt und wieder eingesetzt oder durch eine neue Innenkanüle (evtl. Einmalmaterial) ersetzt. Die Reinigungsprozedur ergibt sich aus der Beschreibung des Herstellers. In der Praxis haben sich Reinigungsintervalle von zwölf Stunden bewährt.

Wechsel der Trachealkanüle

Bei einem neu angelegten Stoma erfolgt der Wechsel immer in Anwesenheit eines erfahrenen Arztes. Dies geschieht nach operativer Tracheostomie frühestens am vierten postoperativen Tag und bei der dilatativen Tracheotomie erst nach sieben bis zehn Tagen. Ein Kanülenwechsel bei einem „stabilen Stoma" kann auch an Pflegekräfte delegiert werden.

Dabei ist ein vertrauensvolles Verhältnis zwischen Patient und Pflegeperson wichtig. Es besteht auf der „Pflegeseite" eine ausreichende Kenntnis der Maßnahme, und die Kanülenfunktion ist vertraut (z. B. Kanüle mit Blockung). Der Wechsel sollte unter weitgehend sterilen Bedingungen erfolgen. Eine Befeuchtung der neuen Kanülen, mit beispielsweise NaCl-Spray oder Tubusgleitspray, ist hilfreich. Auf ölige Gleitmittel sollte verzichtet werden. Hilfsmittel wie Trachealspreizer, Borkenpinzette, Cuffdruckmesser sowie Beatmungsbeutel mit trichterförmiger Notfallbeatmungsmaske müssen bereitliegen.

Notfallsituationen managen

Häufig kündigen sich Notfallsituationen bei tracheotomierten Patienten an und können durch gute Krankenbeobachtung und eine gute technische Ausstattung, wie kontinuerliche Sauerstoffüberwachung, oft vermieden werden. Bei akuter Verlegung des Atemweges hilft meist nur der Wechsel der Kanüle. Erschwerte Atemarbeit ist häufig Folge von „gesättigten" „künstlichen Nasen" und vernachlässigter Absaugung oder von „vergessenen" Sprechventilen. Bei Extubation durch den Patienten soll eine rasche Reintubation erfolgen. Die erwähnten Hilfsmittel sind neben einer dünnen Trachealkanüle wichtige Instrumente, um eine neue Kanüle sicher zu platzieren.

Auch eine Blutung aus dem Stomakanal ist, je nach Intensität, eine sehr schwere Komplikation. Hier ist ausreichende Behandlung meist nur unter Klinikbedingungen möglich.

Pflegekräfte, die mit tracheotomierten Patienten arbeiten, müssen genügend Sicherheit im Umgang mit den veränderten Bedingungen ihrer Klienten haben. Aufgabe der Pflegedienstleitungen ist es daher, vor Aufnahme solcher Patienten ihr Personal zu schulen und praktisch anzuleiten. Nur so ist es möglich, eine zufriedenstellende Versorgung tracheotomierter Patienten in der ambulanten oder stationären Langzeitpflege zu gewährleisten.

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