Immer mehr Intensivpatienten werden zu Hause oder in ambulanten Wohngruppen betreut. Damit diese außerklinische Versorgung gut gelingt, bietet die Deutsche Zentrale für Intensivpflegenotfälle (DZI) eine intensive Praxisanleitung vor Ort und einen 24-Stunden-Telefondienst an, der die Intensivpflegenden in Notfallsituationen schult und begleitet.
Eine Betreuung von Intensivpatienten in der ambulanten Pflege ist heute keine Seltenheit mehr. Auch gibt es immer mehr Intensivpflegestationen in Alten- und Pflegeheimen. Die von den Kostenträger als Hochleistungsfälle definierten außerklinischen Intensiv- und Beatmungspflegefälle werden durch spezialisierte 24-Stunden-Intensivpflegedienste betreut. Im Gegensatz zu den herkömmlichen ambulanten Pflegediensten stehen hier zum einen die Behandlungspflege nach SGB V und zum anderen die Notwendigkeit einer Rund-um-die-Uhr-1:1-Betreuung durch speziell qualifizierte Pflegepersonen im Vordergrund.
12-Stunden-Dienst - und wer kommt dann?
Diese Betreuung stellt Intensivpflegedienste nicht selten vor eine große Herausforderung. Wenn ein technisch abhängiger Mensch zu Hause über 24 Stunden betreut werden muss, dann muss das Pflegeteam diese Verantwortung durch eine nahtlose Versorgung tragen.
Der Fachpflegemangel spitzt sich in den letzten Jahren aber gerade bei den Intensivpflegediensten stetig zu. Daher sind die Pflegeteams vom besetzten Stellenplan her nicht immer komfortabel aufgestellt. Durch die 1:1-Versorgung ist die Verantwortung für jeden Einzelnen um ein Vielfaches höher. Wenn ein Kollege der Folgeschicht ausfällt, bedeutet dieses zwangsläufig Überstunden, bis ein Ersatz gefunden wird. Bei den in der außerklinischen Intensiv- und Beatmungspflege nicht unüblichen 12-Stunden-Diensten hat dies auch immer eine arbeitszeitschutzrechtliche Relevanz.
Mittlerweile gibt es weitaus mehr Anfragen für eine 24-Stunden-Intensiv- und Beatmungspflege, als Intensivpflegedienste annehmen können. Dabei ist allein die Kapazität an Fachpflegepersonen der begrenzende Faktor. Die durch die DIGAB e.V. (Deutsche Interdisziplinäre Gesellschaft für Außerklinische Beatmung) akkreditierten Basiskurse zur Pflegefachkraft für außerklinische Beatmung werden gut in Anspruch genommen. Sie befähigen die Pflegefachkräfte auch, eine 24-Stunden-Intensiv- und Beatmungspflege durchzuführen, wenn der Patient stabil ist. Doch gerade in der außerklinischen Intensivpflege ist es typisch, dass Patienten instabil werden.
Typische Notfallsituation
1. Technische Notfälle: Dies sind zum Beispiel Probleme mit dem Respirator oder mit der Stromversorgung oder Schwierigkeiten beim endotrachealen Absaugen, beim Trachealkanülenwechsel oder eine auftretende Kreislaufdepressionen.
2. Soziale Notfälle: Angehörige unterschätzen die Belastung, über 24 Stunden eine „fremde" Personen im Haus zu haben. Die familiäre Intimität ist maßgeblich gestört. Bei sehr langen Zeiträumen ist nicht selten eine Depression der gesamten Familie zu beobachten. Hier können zwei Extremsituationen beschrieben werden. Entweder der Betroffene und/oder die Familie versucht, die Pflegepersonen zu „adoptieren". Das heißt, sie gehören zur Familie, essen mit, nehmen zwangsläufig an Familienfeiern teil und werden in die Familiengeheimnisse eingeweiht. Eine andere Möglichkeit ist, dass die Pflegepersonen isoliert und ausgeklammert werden, oft gekennzeichnet durch ein eigenes Personalzimmer mit eigenem Kühlschrank, Kaffeemaschine, Badezimmerbenutzungszeiten, wenn die Wohnung keine Gästetoilette aufweist und so weiter (diese Beispiele sind selbstverständlich Extremfälle, die nur einen Eindruck wiedergeben sollen).
3. Strukturelle Notfälle: Aus dem Pflegeteam fallen plötzlich ein oder sogar mehrere Pflegepersonen weg, durch Krankheit, Schwangerschaft, Kündigung und nicht selten auch durch Burnout. Gekennzeichnet sind diese Art der Notfälle dadurch, dass durch den Fachpflegepersonalmangel wenig bis gar keine Ressourcen im Pflegeteam vorhanden sind und ein „Ersatz" nicht selten erst qualifiziert werden muss.
DZI bietet Hilfe im Notfall
Die DZI - Deutsche Zentrale für Intensivpflegenotfälle - stellt sich dieser Herausforderung. Ambulante Pflegedienste können stundenweise, tageweise oder auch über längere Zeiträume auf verschiedene Dienste der DZI zurückgreifen. Alle Mitarbeiter/innen der DZI sind Fachgesundheits- und Kinder- und/oder Krankenpflegefachkräfte für Intensivpflege und Anästhesie. Sie zeichnen sich weiterhin durch langjährige Erfahrung in der innerklinischen und außerklinischen Intensivpflege aus und haben mindestens eine Praxisanleiter-Ausbildung oder weitere berufspädagogische Qualifikationen.
Eine Besonderheit ist, dass Intensivpflegedienste schnell auf die Angebote der DZI zurückgreifen müssen. Denn wenn eine Versorgung des Patienten nicht mehr gewährleistet ist, muss der Patient im schlimmsten Fall unnötigerweise stationär aufgenommen werden. Für den Patienten ist das meist eine Katastrophe. Aber auch für den Pflegedienst wiegt eine solche Situation schwer. Zum einem leidet das Vertrauensverhältnis zwischen Patient/Familie und Pflegedienstanbieter, da der Patient darauf vertraut, dass der ausgesuchte Intensivpflegedienst eine solche Situation vermeiden kann. Zudem erhält der Intensivpflegedienst durch den Krankenhausaufenthalt auch keine Leistungen mehr, jedoch sind die Pflegefachkräfte weiterhin lohnberechtigt.
Die DZI hat daher drei Leistungsangebote konzipiert, die individuell und zeitnah solche Szenarien verhindern können.
24-Stunden-Fachhintergrunddienst:
Grundsätzlich unterscheiden die Mitarbeiter der DZI immer zwischen Intensivpflegenotfällen und intensivmedizinischen Notfällen. Letztere machen einen sofortigen Notarzteinsatz unabdingbar. Der Disponent ist geschult, solche Situationen zu erkennen und einen Notruf des Notarztes von den Pflegefachkräften vor Ort einzufordern, in Extremfall sogar diesen Notruf selber unterstützend durchzuführen.
Durch eine Freischaltung der 24-Stunden-Hotline kann ein Fachhintergrunddienst des Intensivpflegedienstes auch stundenweise unterstützt oder ersetzt werden. Möglich ist zudem, dass ein Mitarbeiter der DZI innerhalb von maximal zwei Stunden bei dem Mitarbeiter vor Ort und dem Patienten ist. So können die Pflegeteammitglieder telefonisch oder vor Ort ungewöhnliche Situationen besprechen.
Es zeigte sich, dass gerade gut geschulte Pflegefachkräfte, die noch keine Erfahrung mit Intensivpflegenotfällen haben, davon profitieren, wenn in dieser Situation ein erfahrener Kollege hinzukommt und sie in dieser Notfallsituation anleitet, begleitet und berät. Der ärztliche Dienst zeigte sich in den DZI-Einsätzen überwiegend dankbar. So konnte der ärztliche Dienst in Zusammenarbeit mit dem Pflegeteam kritische Intensivpflegesituationen gemeinsam stabilisieren und dem Patienten eine Krankenhauseinweisung ersparen. Durch diese Schulung während des intensivpflegerischen Notfalls fühlen sich die Pflegfachkräfte sicherer und haben an Erfahrungswissen gewonnen.
Überleitungsteam für außerklinische Intensiv- und Beatmungspflege:
Eine weitere Möglichkeit einer intensiven Praxisanleitung ist die Übernahme und Überleitung eines Patienten von der Intensivstation in die Häuslichkeit, verbunden mit der gleichzeitigen Schulung der eingesetzten Pflegepersonen vor Ort. Eine Basisqualifikation für außerklinische Beatmung nach den S2-Leitlinien dauert mindestens 40 Theoriestunden und weitere 80 Hospitationsstunden. Diese können auch durch die erfahrenen Dozenten als intensive Praxisanleitung mit der Familie zusammen vor Ort in Einzelschulungen durchgeführt werden.
Diese Möglichkeit wurde selten von Intensivpflegediensten in Anspruch genommen, da sie sehr kostenintensiv ist. Die wenigen Fälle haben aber gezeigt, dass die Schulung über mehrere Tage von einem DZI-Mitarbeiter in dem Intensivpflegesetting nachhaltig sind und eine stabile langjährige Versorgung ermöglichen. Besonders die Unterstützung von jungen Pflegeteams bis zur Routineübernahme erwies sich als hilfreich und qualitätssichernd.
Beratung und die Begutachtung von Hochleistungsfällen:
Eine weitere Aufgabe der DZI ist die Beratung und die Begutachtung von Hochleistungsfällen im Auftrag der Kostenträger. Kostenträger wünschen über die MDK-Gutachten hinaus zusätzliche, auf die Intensiv- und Beatmungspflege ausgerichtete Stellungnahmen. Die DZI wird auch in Fällen hinzugezogen wo Auffälligkeiten auftauchen. Diese sind in der Regel wie folgt:
- häufiger Wechsel des Intensivpflegedienstes (in einigen Fällen bis zu zehn Intensivpflegedienste innerhalb weniger Jahre),
- kontinuierliche häufige Krankenhauseinweisungen für wenige Tage oder sogar wenige Stunden,
- Beschwerden von Patienten/Angehörigen über einen Intensivpflegedienst,
- plötzliche Kündigung eines Pflegedienstes ohne weitere Versorgungssicherheit,
- sonstige Auffälligkeiten.
Ein Besuch in der Familie ist in vielen Fällen sinnvoll und dringend erforderlich, um solche Krisensituationen wieder zu stabilisieren. Die Kostenträger fühlen sich häufig in diesen sehr speziellen Intensivpflegefällen überfordert und können Entscheidungen für eine pflegefach- und sachgerechte Versorgung nicht treffen. Daher erteilen sie der DZI den Auftrag, sich die Pflegesituation vor Ort anzuschauen. Ein Besuch eines DZI-Mitarbeiters ist grundsätzlich für den Patienten freiwillig.
Das Gespräch vor Ort hat einen Beratungscharakter. Ein besonderer Schwerpunkt hierbei ist die optimale Realisierung einer gewünschten Teilhabe am Leben trotz intensivpflegerischer Versorgung. Die Kostenträger erhalten dazu einen Bericht mit entsprechenden Empfehlungen und Einschätzungen der notwendigen Maßnahmen. Ein weiterer Schwerpunkt ist die Einschätzung, ob der Intensivpflegedienst nach den bekannten Leitlinien und Empfehlungen spezialisiert ist, entsprechend auch speziell für die außerklinische Intensiv- und Beatmungspflege weitergebildetes Personal einsetzt, um eine solche Intensivpflegeversorgung durchführen zu können. Kostenverhandlungen zwischen Intensivpflegedienst und Kostenträger werden jedoch von der DZI grundsätzlich nicht durchgeführt.
Nähere Informationen: www.dzinotruf.de