• Praxis
Erfahrungsbericht

Atemtherapie mit EzPAP

Die Atemtherapie mit EzPAP ermöglicht es, ohne jegliche maschinelle Unterstützung postoperativen pulmonalen Komplikationen wie Pneumonien und Atelektasen vorzubeugen. Zudem stellt sie eine kostengünstige, aber gleichwertige Alternative zur klassischen CPAP-Therapie dar.

Beatmungspflichtigkeit ist heute kein Ausschlusskriterium mehr, um Patienten in die neurologische Frührehabilitation zu übernehmen. Das Gegenteil ist der Fall. In der BDH-Klinik Vallendar, einer neurologischen Rehabilitationsklinik in Rheinland-Pfalz, werden auch beatmungspflichtige Patienten behandelt. Die Therapie hier verfolgt unter anderem auch das Ziel, die Patienten komplett und nachhaltig von der Beatmung zu entwöhnen. Im vergangenen Jahr konnte die Klinik bei insgesamt 102 beatmeten Patienten eine Entwöhnungsrate von 86 Prozent erreichen. Da bei den entwöhnten Patienten weiterhin eine Pneumonie- und Atelektasenprophylaxe gewährleistet sein muss, erwog die Klinik, CPAP-Geräte anzuschaffen. Da diese in der Anschaffung jedoch teuer sind, suchte die Klinik nach einer Alternative und stieß auf EzPAP.

EzPAP benötigt keinerlei maschinelle Unterstützung
Ez ist eine gebräuchliche US-amerikanische Abkürzung für „Easy" – PAP steht für „Positive Airway Pressure". Die Abkürzung EzPAP bedeutet demnach „einfach zu applizierender positiver Atemwegsdruck". EzPAP ist ein Einpatientenprodukt, eignet sich also zur mehrfachen Anwendung bei einem Patienten. Es baut einen positiven endexspiratorischen Druck im Patienten (PEEP) auf, was der Wirkungsweise des klassischen CPAP entspricht. EzPAP benötigt dafür jedoch keinerlei maschinelle Unterstützung, sondern lediglich einen Druckluft- oder Sauerstoffanschluss, der einen Flow von fünf bis 15 Liter pro Minute generieren kann.

Äußerlich gesehen ist EzPAP ein Kunststoffrohr von etwa acht Zentimetern Länge und einem Durchmesser von etwa zwei Zentimetern, an dem sich zwei Anschlüsse befinden. Einer davon dient der Befestigung eines Sauerstoffschlauchs, der andere dem Anschließen eines Druckmessgerätes. Die Druckluft wird mit einem Flow von fünf bis 15 Liter in das EzPAP-Gerät eingeleitet. Hierbei strömt das Frischgas über eine im Rohr liegende, gewölbte glatte Oberfläche. Durch den Coanda-Effekt, bei dem Unterdruck durch Ansaugen von Luft an einer konvexen Oberfläche entsteht, wird durch das nach hinten geöffnete Rohr Umgebungsluft angesaugt. Durch diesen Effekt entsteht am Rohraustritt ein drei- bis vierfach höherer Flow als der eingespeiste. Wird dem ausströmenden Flow ein Widerstand, wie etwa die Lunge des Patienten entgegengestellt, entsteht ein positiver Druck am Ausgang des EzPAP. Dieser entstandene Druck wird zur Atemtherapie des Patienten eingesetzt: Der positive Druck erleichtert und vertieft die Inspiration, um auch minderbelüftete Lungenareale mit Atemgas zu füllen. Der erhöhte positive endexspiratorische Druck kann Atelektasen eröffnen und führt zur Mobilisation von Sekret. Häufig wird gerade zu Beginn der Atemtherapie beim Patienten ein Hustenreiz ausgelöst, der sich als sehr produktiv erweist. Auf der Station für Frührehabilitation wird vor der EzPAP-Anwendung zudem eine Inhalation mit Kochsalzlösung durchgeführt, um zähes Bronchialsekret zu verflüssigen und somit dem Patienten die Mobilisation des Sekretes zu erleichtern.


Die Druckluft wird mit einem Flow von fünf bis 15 Litern pro Minute in das EzPAP-Gerät eingeleitet.


Wird das EzPAP zum ersten Mal am Patienten eingesetzt, muss die benötigte Flow-Menge des Frischgases zum Erreichen des gewünschten PEEP ermittelt werden. Zur Druckmessung wird ein elektronisches Druckmessgerät benötigt, was bei der Einführung von EzPAP einmalig angeschafft wird. Richtwert ist der angestrebte endexspiratorische Druck. Er lässt sich durch die Regulierung des Eingangsflows verändern. Zur Druckmessung wird das elektronische Druckmessgerät mit dem EzPAP verbunden. Der Basisflow beträgt fünf Liter pro Minute. Nun wird dem Patienten das EzPAP in die Hand gegeben, beziehungsweise die Maske mit dem EzPAP aufgesetzt. Der Patient wird aufgefordert, mit und durch das EzPAP ein- und auszuatmen. Der erreichte endexspiratorische Druck wird abgelesen. Daraufhin wird die Frischgaszufuhr so lange reguliert, bis der angestrebte endexspiratorische Druck erreicht ist.
Die benötigte Flow-Menge und der dabei entstehende Druck werden dokumentiert und können für jede weitere Atemtherapie verwendet werden. Die Messung muss regelmäßig (mindestens einmal pro Schicht) wiederholt werden, da sich die atemmechanischen Eigenschaften der Lunge ändern können. Eine Verbesserung oder Erhaltung der atemmechanischen Eigenschaften ist das Ziel der Therapie mit EzPAP. Die Höhe des Druckes sowie die Therapielänge und -häufigkeit sind individuell je nach Patientenbedürfnisse und -möglichkeiten festzulegen. In der BDH-Klinik Vallendar wird EzPAP standardmäßig beim Weaning, bei Patienten mit oder bei abgeklungener Pneumonie sowie zur Pneumonie- und Atelektasenprophylaxe eingesetzt. Weiterhin unterstützt es die Therapie des Lungenödems.

Vom Hersteller ist vorgesehen, das EzPAP-Mundstück oder eine Mund-Nasen-Maske zu verwenden. Die Patienten der Frühreha-Station haben jedoch zu 60 bis 70 Prozent Trachealkanülen, so dass eine Verwendung von EzPAP über Mundstück oder Nase nicht möglich ist. Da die Mitarbeiter der BDH-Klinik Vallendar vom EzPAP-System aber in hohem Maße überzeugt waren, passten sie das System an die bestehenden Bedingungen von Trachealkanülenträgern an, so dass EzPAP auch bei Patienten mit geblockten Trachealkanülen angewendet werden konnte. Hierfür ersetzten sie das Mundstück durch einen Beatmungsfilter mit Winkelkonnektor, der passgenau auf eine Trachealkanüle aufgesetzt werden kann. Der Hersteller hat der BDH-Klinik Vallendar die technische Möglichkeit der Adaption für tracheotomierte Patienten schriftlich bestätigt.

Klinik machte positive Erfahrungen
An der BDH-Klinik-Vallendar wird EzPAP im Bereich der Frührehabilitation seit über drei Jahren erfolgreich eingesetzt. Mehr als 500 Patienten wurden damit bisher behandelt. Folgende positive Eigenschaften konnten in dieser Zeit festgestellt werden:
·    EzPAP wird von fast allen Patienten toleriert (95 %). Dies liegt wahrscheinlich daran, dass EzPAP – anders als CPAP – in der Inspirationsphase mit dem Inspirationsdruck in den leicht negativen Bereich geht, wie physiologisch üblich. Deswegen bekommen die Patienten nicht so sehr das Gefühl des „Aufgeblasenseins".
·    EzPAP kann bei vielen Patienten gleichzeitig eingesetzt werden, da keine besonderen Gerätschaften notwendig sind. Wartezeiten, bis ein Patient sein CPAP-Training beendet hat, und es nach der Reinigung und Schlauchwechsel erneut eingesetzt werden kann, entfallen.
·    Durch die Anwendung von EzPAP während und nach dem Weaning kommt es sehr selten vor, dass erfolgreich entwöhnte Patienten erneut an den Respirator müssen. Dies lässt sich aus der hohen Entwöhnungsrate ableiten.
·    Durch den regelmäßigen Einsatz von EzPAP kann bei Patienten mit Pneumonie, die kausal behandelt wird, eine Beatmung oft vermieden werden: Das Team der Frühreha-Station lässt den Patienten bis zu einer halben Stunde durchgehend mit EzPAP atmen. Die Atemtherapie wird drei- bis viermal am Tag wiederholt. Durch den positiven Inspirationsdruck wird dem Patienten die Einatmung deutlich erleichtert, was sich durch eine Reduzierung der Atemfrequenz und eine sichtbare vertiefte Einatmung zeigt. Weiterhin sind die Erhöhung der Sauerstoffsättigung und die Senkung der Herzfrequenz bereits nach fünf bis zehn Minuten zu beobachten. Gerade zu Beginn der Therapie wird durch den positiven Druck Sekret mobilisiert und abgehustet. Dieser Effekt lässt sich mit vorheriger Inhalation mit Kochsalzlösung noch verbessern. Durch den entstehenden PEEP wird ein erneuter Kollaps bereits wiedereröffneter Atelektasen verzögert beziehungsweise verhindert. Da auf diesem Weg eine Stabilisierung der pulmonalen Situation erreicht wird, kann auf eine Intubation und maschinelle Beatmung verzichtet werden.
·    Auch in der Therapie des akuten oder drohenden Lungenödems konnte die BDH-Klinik Vallendar gute Erfolge erzielen. Unterstützend zur diuretischen Therapie wird EzPAP eingesetzt, um durch den entstehenden PEEP einen weiteren Einstrom von Wasser ins Lungengewebe und in die Alveolen zu verhindern. Teilweise gelingt es auch, je nach Höhe des zu erreichenden PEEP, bereits vorhandenes überschüssiges Lungenwasser zu verdrängen.
·    EzPAP ist eine preisgünstige und trotzdem effektive Art der Atelektasen- und Pneumonieprophylaxe. Der Einkaufspreis liegt bei 22 bis 25 Euro pro Stück. Zum Vergleich: Die Anschaffung von vier CPAP-Geräten hätte alleine bereits 12 000 Euro gekostet. Hinzu gekommen wären Kosten für Einwegmaterial, Reinigung, Wiederaufbereitung, Wartung und Reparaturen von geschätzten 30 Euro pro Gerät – bei angenommenen 200 Fällen wären alleine das Kosten von 6 000 Euro pro Jahr gewesen. Im ersten Jahr, in dem die BDH-Klinik Vallendar EzPAP eingesetzt hat, wurden 300 EzPAP-Geräte im Wert von 6 400 Euro eingekauft.


Das Druckmessgerät wird bei der ersten EzPAP-Anwendung eines Patienten benötigt, um die benötigte Flow-Menge des Frischgases zum Erreichen des gewünschten PEEP zu ermitteln.


Grenzen der Atemtherapie mit EzPAP
Natürlich weist die Atemtherapie mit EzPAP auch Grenzen auf: So ist keine kontinuierliche Messung der Inspirations- und Exspirationsdrücke, und somit keine ständige Anpassung, möglich. Bei fortgeschrittener Ateminsuffizienz führt EzPAP zudem zu einer Atemerschöpfung, da die Inspirationsunterstützung zu gering ist. Weiterhin muss der Patient beim Einsatz von EzPAP in der Lage sein, die Maske im Falle des Erbrechens zu entfernen. Kann er das nicht, muss er sehr engmaschig überwacht werden. Insbesondere beim Einsatz  von EzPAP mit Winkelkonnektor und Beatmungsfilter an der Trachealkanüle, ist eine Verlegung der Atemwege durch mobilisiertes Sekret möglich. Auch hier ist eine Überwachung der Patienten dringend erforderlich.


Eingebaut in ein ganzheitliches Beatmungs-, Entwöhnungs- und Prophylaxesystem leistet EzPAP jedoch einen wichtigen Beitrag zum Behandlungserfolg. Für die Abteilung für Frührehabilitation der BDH-Klinik Vallendar gibt es derzeit keine Alternative zu EzPAP, die Therapieerfolg, Handhabbarkeit und Ökonomie gleichermaßen vereint.

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