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Interview

"Ohne gute Pflege gibt es auch keine guten Krankenhäuser"

Zur Personalsituation in den deutschen Krankenhäusern und der Bedeutung der Pflege für die Versorgungsqualität sprach unser Hauptstadtkorrespondent Stephan Balling mit dem SPD-Gesundheitsexperten Edgar Franke.

Herr Dr. Franke, in den Krankenhäusern herrscht Pflegenotstand, Personal wird eingespart, die Arbeit dort wird aber nicht weniger. Brauchen wir eine bundeseinheitliche gesetzliche Mindestpersonalbemessung für jedes Krankenhaus?

Um möglichen Anreizen zum Abbau von Personal im Pflegebereich entgegenzuwirken, wird derzeit die Entwicklung verbindlicher bundeseinheitlicher Mindestpersonalstandards diskutiert. Dazu fordert die SPD in einem Positionspapier eine Kommission aus Deutscher Krankenhausgesellschaft (DKG), GKV-Spitzenverband ,Gewerkschaften und Pflegeverbänden. Außerdem wird diskutiert, Krankenhäuser mit Vergütungsabschlägen zu sanktionieren, die bestimmte Mindestpersonalstandards unterschreiten oder Pflegepersonal unter Tarif vergüten.

Können die Probleme denn wirklich mit der Gießkanne gelöst werden?

Es ist sicher schwer, einen einheitlichen Personalbedarf zu entwickeln. In der Onkologie herrscht ein anderer Bedarf als zum Beispiel in der Chirurgie. Trotzdem steht die Politik in der Pflicht, wenn die Akteure selbst nicht handeln.

Was erwarten sie von den Akteuren vor Ort?
 
Das wichtigste ist ein Bewusstseinswandel. Ohne gute Pflege gibt es keine guten Krankenhäuser. Das müssen die Leitungen der Krankenhäuser und die Ärzte anerkennen. Grundsätzlich benötigen wir im Gesundheitssystem einen Wettbewerb um mehr Qualität, und zu mehr Qualität gehört eben auch die Pflege.

Was muss die Politik tun?

Wir müssen die richtigen Anreize setzen, das heißt vor allem, wir müssen das System der Fallpauschalen, der DRG, weiterentwickeln, und zum Beispiel zu Gunsten von Krankenhäusern mit  personalintensiven Leistungen verbessern.

Was konkret soll sich denn bei den DRG ändern?

Es kann nicht sein, dass ein Krankenhaus, das möglichst viele Knieoperationen vornimmt, viel Geld verdient, und eines, das sich auf Onkologie spezialisiert, in die roten Zahlen rutscht. Der Trend zur Menge besonders lukrativer Operationen muss beendet werden. Wir müssen darüber hinaus auch an die sogenannte doppelte Degression ran, …

... nach der nicht nur eine Klinik weniger Geld pro Fall erhält, wenn sie mehr als die vereinbarte Leistungsmenge erbringt, sondern auch alle anderen Krankenhäuser in dem jeweiligen Bundesland einen niedrigeren Preis für die jeweilige Leistung erhalten, weshalb am Ende alle versuchen, zum Beispiel mehr Operationen durchzuführen.

Das verhindert einen Wettbewerb um Qualität und setzt auf pure Masse, weil letztlich alle Kliniken wissen, dass sie nur dann profitabel bleiben, wenn sie bestimmte Leistungsmengen ausweiten.

Was ist darüber hinaus zu tun?

Wir müssen in die DRG Anreize für Qualität einfügen. Wenn also in einem Krankenhaus zum Beispiel viele Operationen Komplikationen nach sich ziehen oder wenn es dort zu vielen Infektionen kommt, dann sollte es einen Abschlag auf die Fallpauschale geben. Das würde übrigens auch dazu führen, dass die Kliniken sich stärker um Fragen wie Hygiene und die Versorgung der Patienten außerhalb des Operationssaals sorgen, also dort, wo sich vor allem das Pflegepersonal um die Patienten kümmert. Nötig ist schließlich auch, dass wir Transparenz schaffen.

Wie wollen Sie das erreichen?

Die Patienten müssen vorab wissen, in welchem Krankenhaus es eine gute Pflege gibt, wo ihnen Empathie entgegengebracht wird und wo im Gegensatz dazu Mängel herrschen. Die Pflege ist für den Patienten enorm wichtig. Er kann sich dann für eine Klinik entscheiden, in der er sicher sein kann, dass er gut versorgt wird. Das wiederum würde dazu führen, dass die Klinikbetreiber auch großen Wert auf eine qualitativ gute Pflege legen würden. Und dann würden sie auch beim Personal nicht knausern, weder in Bezug auf die Anzahl der Beschäftigten noch auf deren Bezahlung.
 

Das Gespräch führte Stephan Balling.

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