Gastkommentar von Franz Wagner, Bundesgeschäftsführer des Deutschen Berufsverbandes für Pflegeberufe (DBfK)
Es ist kein Wunder, dass der Präsident der Bundesärztekammer so froh über die Arbeit der letzten beiden Bundesgesundheitsminister ist (siehe Interview vom 8. August, Anm. d. Red.). War doch kaum eine Regierung jemals so offen für Wünsche einer Berufsgruppe – von Hoteliers mal abgesehen. Ob der Minister sich über diese Kompliment freut darf bezweifelt werde. Wenn in einem so schwierigen Politikfeld mit starken Lobbygruppen eine einzelne Gruppe so zufrieden mit dem Minister ist, hat er grundsätzlich etwas falsch gemacht.
Die Sicherung der Gesundheitsversorgung und noch mehr der Versorgung bei Pflegebedürftigkeit hängt nicht allein von Ärzten ab. Unsere drängendsten gesellschaftlichen Probleme bestehen doch nicht in der Hochleistungsmedizin, über deren Erfolge wir alle froh sind, auch wenn zunehmend das Machbare mehr ist als das Sinnvolle. Die Bundesregierung hat sich etwa um den Zusammenhang Soziales und Gesundheit (z.B. was es für die eigene Gesundheit und die der eigenen Kinder bedeutet, arm zu sein) nicht gekümmert. Auf die grundlegende Reform der Pflegeversicherung haben wir auch in dieser Legislaturperiode vergebens gewartet. Und das Verteilungsproblem von Ärzten ist trotz der Versuche der Regierung weiterhin ungelöst. Es kann auch nicht darauf gebaut werden, dass das Gesundheitssystem unbefristet von guten Wirtschaftsdaten profitiert.
Alle großen Reformen werden Geld kosten. Das muss besser im System verteilt und angewendet werden als bisher. Der oder die nächste Bundesgesundheitsministerin muss eine strukturelle Lösung der vielfältigen Probleme finden. Dazu gehört es auch, über die Aufgabenverteilung zwischen den verschiedenen Akteuren zu reden. Es braucht da ausgewogene Lösungen im Interesse der Nutzer des Systems. Als Beispiel: der Facharztstandard ist für mich mehr eine Aussage zu Qualität als zur Qualifikation. Denn niemand will eine schlechte Versorgung der Patienten. Ich bin zuversichtlich, dass es zu einer sachlich gut begründbaren Lösung kommt. Und die Versorgungsengpässe in der täglichen Praxis werden nicht weniger. Zudem gibt es bereits erfolgreiche Formen der Kooperation und den beidseitigen Wunsch manche unsinnige Begrenzung los zu werden. Wir arbeiten daran, exemplarisch deutlich zu machen, wie mit kleinen Erweiterungen des Aufgabenspektrums der Pflegefachpersonen große positive Effekte für die Versorgung erreicht werden können. Darüber werden wir mit allen betroffenen Berufsvertretern sowie der Politik ins Gespräch gehen.