• Management
Krankenhausseelsorge

„Dein Sterben berührt mein Leben”

Im Pflegebereich stehen erkrankte Menschen im Mittelpunkt des Arbeitsalltags und damit immer wieder auch ihre Sterblichkeit. Begegnungen mit dem Tod, mit dem Thema Abschied und auch mit den Fragen und der seelischen Not von Angehörigen sind Pflegenden bekannt, aber oft nicht leicht zu meistern. Kompetente Begleitung in solchen Krisen bieten die Mitarbeiter der Krankenhausseelsorge.

Die hier Tätigen sind in der Regel Pastoren oder Diakonen, die je nach Größe des Teams auch durch Ehrenamtliche unterstützt werden. Fast immer haben sie eine pastoralpsychologische Zusatzausbildung abgeschlossen, um dem schwierigen Aufgabenbereich gewachsen zu sein. Ein Beispiel hierfür ist die „Klinische Seelsorgeausbildung" (KSA), die aus den USA stammt und verschiedene Ansätze aus Theologie, Pastoralpsychologie, Human- und Sozialwissenschaften vereint. Der Evangelisch-Lutherische Kirchenkreisverband Hamburg unterhält ein Zentrum für KSA und Supervision, das von der Stiftung "Zukunft Evangelische Krankenhausseelsorge in Hamburg" finanziert wird. Hier erwerben Seelsorgerinnen und Seelsorger Kompetenzen, um mit schwierigen Begegnungen oder Konflikten umgehen zu können, gewinnen Sicherheit in ihrer beruflichen Rolle und lernen die eigenen Möglichkeiten und Grenzen intensiv kennen.

Drei Personengruppen stehen im Zentrum der seelsorgenden Arbeit: Patienten, Angehörige und die pflegerisch Tätigen, mit denen sich die Krankenhausseelsorger im Alltag häufig eng abstimmen, die aber hin und wieder auch selbst Rat suchen oder die professionelle Begleitung der Geistlichen in Form von Supervisionen in Anspruch nehmen. Wer einen Verstorbenen lange gepflegt hat, die Phasen der Zuversicht und Resignation miterlebt hat und sich verabschieden muss, oder wer Angehörigen gegenübersteht, die der plötzliche Tod eines Familienmitglieds erschüttert, kann sich Unterstützung durch die Seelsorger holen, die Rat geben oder einfach nur zuhören.

Nicht nur Erwachsene, sondern auch Kinder sind im Krankenhaus konfrontiert mit der Endlichkeit des eigenen Lebens oder dem Tod von Angehörigen. Ihnen gegenüber fällt es manchmal besonders schwer, die richtigen Worte zu finden. Auch hier kann es hilfreich sein, eine behutsame Begleitung durch kompetente Seelsorger zu suchen.

Die Vorstellungen über den Aufgabenbereich der Krankenhausseelsorge haben mit der Realität teilweise wenig gemein. Weder kommt der Pfarrer mit Kerze, Kreuz und Talar ans Patientenbett, noch geht es darum, den in seelische Not geratenen Menschen professionelle Ratschläge zu erteilen, die schnell helfen. Zu ihren Aufgaben gehören regelmäßige liturgische Feiern wie die Eucharistiefeier und Wortgottesdienste, ökumenische Gottesdienste, Spendung des Bußsakramentes und des Sakraments der Krankensalbung. Sie erteilen auch einen Sterbesegen und suchen Wege, dass ein Abschied in möglichst stimmigem Rahmen stattfinden kann.

Manfred Giebel, Diakon, Notfall- und Krankenhausseelsorger im bayrischen Haßfurt, erzählt im Video der Pfarrei Haßfurt aus seinem beruflichen Alltag. Für ihn ist es wichtig, gerade in der heutigen Zeit, in der Krisen gern verdrängt werden, Leid und Trauer als Teil des Lebens zu verstehen. Die Möglichkeit, sich damit auseinanderzusetzen, berge auch eine große Chance auf Linderung, erklärt er. Das aktive Zuhören, das er gelernt hat und die unterstützende Anteilnahme helfen ihm, schwierige Gespräche und die Not anderer mit ihnen auszuhalten. Erlebnisse, bei denen er merkt, dass er „im wahrsten Sinne des Wortes ein Segen" sein kann, sind für ihn in seinem Beruf „Rückenwind".

Wer ins Krankenhaus muss, erlebt diese Zeit manchmal als Bruch im Leben, als Teilverlust der eigenen Identität. Er muss sich mit fremden Menschen, einer anderen Umgebung und seinem kranken Körper auseinander setzen. Teilweise, zum Beispiel auf Intensivstationen mit ständiger technischer und ärztlicher Überwachung, wirkt die Umgebung bedrohlich und beängstigend. Dass es hier Seelsorger gibt, die Zeit haben, einfach da sind oder zuhören, erleichtert nicht nur den Patienten die Not, sondern auch den Angehörigen und den Pflegenden.

Pastorin Hildegard Emmermann hat viele Jahre im Hamburger Marienkrankenhaus als Seelsorgerin gearbeitet und gehört auch heute noch zur Leitung der evangelischen Krankenhausseelsorge in Hamburg und Umgebung. Sie ist da, wenn die Patienten sich auseinander setzen mit Gefühlen von Einsamkeit in fremder Umgebung, Ängsten vor einer OP, vor einer schlechten Diagnose oder vor dem Tod. „Das Thema Tod muss Raum bekommen dürfen", erklärt Emmermann. „Denn das Sterben der einen berührt das Leben der anderen, es kann Sinn entstehen und Reiches entdeckt werden, es ist möglich, gemeinsam zu lachen und zusammen zu weinen. Manchmal finden Menschen so auch zu den eigenen Wurzeln zurück."

Zuhören, wo andere sich abwenden, Schweigen, ohne zu verstummen und Reden, wo es die Sprache verschlägt. Diese „Tätigkeitsbeschreibung" ist Teil des Mottos, das die Pastorin gemeinsam mit anderen entwickelt hat. Die Umgangsweise mit der seelischen Not von Patienten und Angehörigen ist ein wichtiges Thema in allen pflegerischen Ausbildungen. Wie steht man einer Mutter nach einer Totgeburt bei oder wie begegnet man jemandem, der soeben eine schlechte Diagnose erfahren hat? Die Krankenhausseelsorger werden in die Ausbildung mit eingebunden. Sie diskutieren zu ethischen Fragestellungen wie zum Beispiel „In Würde sterben" oder „Wahrheit am Krankenbett" und geben Anleitungen, wenn es um Gesprächsführung geht.

Konfession oder Religionszugehörigkeit spielen oft eine untergeordnete Rolle. Am Hamburger Marienkrankenhaus, einem katholischen Haus, wird bewusst eine ökumenische Zusammenarbeit in der Seelsorge angestrebt. Das Team ist multi-konfessionell, es gibt regelmäßig katholische Messen und eine ökomenische Segnung der Neugeborenen. Bei Bedarf wird die heilige Kommunion, das Abendmahl oder die Krankensalbung erteilt. Für Muslime gibt es in der Oase, dem hiesigen Raum der Stille, einen Gebetsteppich und eine Gebetskette.

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