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Hygiene zu Hause: Die Chance ergreifen

Hygiene, insbesondere die Desinfektion, ist in medizinischen Einrichtungen nicht verhandelbar. Hier besteht grundsätzlich das Risiko für die Verbreitung von Infektionen, da viele kranke und so auch abwehrgeschwächte Menschen auf engem Raum zusammenkommen. Zu Hause sieht das anders aus. Hier sollte jedoch auch in bestimmten Fällen wie beim Verbandwechsel,  bei der Körperpflege und dem Wechsel von Vorlagen auf besondere Hygieneaspekte geachtet werden.

In Haushalten, in denen Angehörige gepflegt werden, kann es situationsbedingt zu Risiken kommen, die denen medizinischer Einrichtungen vergleichbar sind. So werden heute immer mehr Menschen frühzeitig aus der stationären Behandlung entlassen. Pflegerische Maßnahmen wie Wundverbandwechsel oder das Verabreichen von Infusionen müssen dann von den Angehörigen weitergeführt werden. Auch abwehrgeschwächte Menschen tragen ein erhöhtes Infektionsrisiko, da ihr Immunsystem nicht in der Lage ist, Keime abzuwehren. Dazu gehören auch Erreger, die für Gesunde unter Umständen ganz harmlos sind.


Infektionsrisiken abwägen

Welche Hygienemaßnahmen im privaten Umfeld sinnvoll sind, hängt von verschiedenen Faktoren ab:

1. Vom Gesundheitszustand des zu Pflegenden. Gibt es Grunderkrankungen oder eine Immunsuppression?

2. Vom Gesundheitszustand der Pflegeperson. Liegt ein akutes Krankheitsgeschehen wie eine Magen-Darm-Erkrankung vor?

3. Von den anstehenden Pflegemaßnahmen. Intimpflege, ein Verbandwechsel oder die Inkontinenzversorgung erfordern eventuell eine aufwändigere Hygienemaßnahme.

Im Fokus der Risikobewertung steht der Gesundheitszustand des Pflegebedürftigen und ebenso die Frage, wie anfällig  dieser gegenüber Krankheitserregern ist. Besonders infektionsgefährdet sind Menschen, deren Immunsystem geschwächt ist. Hierfür kann es verschiedene Gründe geben, zum Beispiel eine oder mehrere chronische Grunderkrankungen oder die Verabreichung bestimmter Medikamente wie beispielsweise Zytostatika und Immunsuppressiva. Sollte eine Abwehrschwäche vorliegen, muss der behandelnde Arzt die Infektionsgefahr einschätzen. Es ist wichtig, dass sowohl der Pflegebedürftige als auch der Angehörige das Ausmaß der Immunschwäche kennen und unterscheiden können, ob eine hochgradige, mittelgradige oder geringgradige Immunschwäche
vorliegt.

Je abwehrgeschwächter der Pflegebedürftige ist und je umfassender die Pflegemaßnahmen sind, desto umfangreicher müssen die Hygienemaßnahmen ausfallen.  Die Basis bildet in jedem Fall die persönliche Hygiene, insbesondere die Händehygiene und der hygienische Umgang mit Lebensmitteln.


Händehygiene als wichtigste Schutzmaßnahme
In der Pflege hat die direkte Berührung mit den Händen einen besonderen Stellenwert.  Mit den Händen nehmen wir aber auch Krankheitserreger auf und geben diese an andere Menschen weiter. Viele Erreger können Tage bis sogar Monate auf Gegenständen überleben und dort ansteckungsfähig bleiben. Beim Berühren dieser Flächen können die Keime aufgenommen und beim direkten Kontakt mit Menschen an diese weitergegeben werden.In welchem Ausmaß und mit welchen Mitteln Händehygiene nötig ist, hängt von den Infektionsgefahren ab.

Händehygiene in Pflegehaushalten ohne Risiko

Liegt keine Abwehrschwäche vor und sind alle Haushaltsmitglieder gesund, reichen aufgrund des geringeren Infektionsrisikos Händewaschen und die regelmäßige Reinigung benutzter Flächen aus.

Händehygiene bei der Pflege abwehrgeschwächter Personen
Abwehrgeschwächte Personen müssen sorgfältig vor Kontakt mit Erregern geschützt werden. Da die meisten Keime über die Hände übertragen werden, sind folgende vorbeugende Maßnahmen ein guter Schutz:

  • Der Pflegebedürftige sollte Handkontakte möglichst vermeiden. Zu vermeiden sind das Händeschütteln oder das Anfassen von Türklinken und Hebelarmaturen mit  der Hand, hier kann ggf. der Ellenbogen eingesetzt werden.
  • Alle Beteiligten sollten sich die Hände nicht mit einem Seifenstück, sondern mit einer Seifenlösung aus einem Spender waschen
  • Hände anschließend gut abtrocknen
  • Handtücher und Waschlappen sollten täglich gewechselt werden und, wie auch die Unter- und Bettwäsche bei mindestens 60 °C mit einem bleichehaltigen Vollwaschmittel gewaschen werden
  • Gezielte Händedesinfektion bei Patienten mit hochgradiger Immunsuppression


Damit die Händehygiene effektiv ist, sollte insbesondere der Pflegende auf saubere und kurz geschnittene, mit den Fingerkuppen abschließende Fingernägel achten, denn die meisten Keime finden sich an den Fingerspitzen. Raue Oberflächen, zum Beispiel  abgeplatzter Nagellack, begünstigen die Ansiedlung von Keimen. Aus gleichem Grund sollte bei der Pflege auch auf das Tragen von  künstlichen Fingernägeln und Ringen verzichtet werden.
 


Informationen zum Schutz vor Infektionen in der Pflege

Infektionen? Nein, danke! Wir tun was dagegen! Vermeidung übertragbarer Krankheiten bei Patienten mit Abwehrschwäche im häuslichen Umfeld. Herausgegeben von M. Exner und A. Simon. Information für Patienten und Angehörige. Unterstützt vom Verband für Angewandte Hygiene e. V. Download unter www.ihph.de/dokumente/Broschuere_Immunsuppr_Ansicht.pdf

Verbrauchertipps: „Schutz vor Lebensmittelinfektionen im Privathaushalt“ . Merkblatt des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR). Berlin 2014. Download unter www.bfr.bund.de/cm/350/verbrauchertipps_schutz_vor_lebensmittelinfektionen_im_privathaushalt.pdf

Das wissenschaftliche Kompetenzzenter der PAUL HARTMANN AG bietet auf seiner Website unter www.bode-science-center.de Informationen zum Hygienemanagement unter anderem bei Noroviren, Grippe usw. sowie Tipps zur richtigen Händedesinfektion.


 

Händedesinfektion ist effektiver
Eine effektivere Variante zur Abwehr von Keimen ist die Händedesinfektion mit einem geprüften Mittel auf Alkoholbasis. Mit der Händedesinfektion werden die Krankheitserreger auf der Haut schneller und nachhaltiger reduziert. Dies gilt vor allem für Noroviren, die sich durch das Händewaschen nicht ausreichend abtöten lassen. Entgegen vielen Vorurteilen sind Händedesinfektionsmittel hautverträglicher als häufiges Händewaschen. Qualitätsprodukte enthalten meist Pflegesubstanzen, die einem Austrocknen der Haut vorbeugen. Die Befürchtung, Keime werden bei häufigerem Gebrauch von alkoholischen Händedesinfektionsmitteln resistent, also unempfindlich gegen das Präparat, sind unnötig. Alkohole verfügen über einen unspezifischen Wirkmechanismus, den die Erreger nicht durch Anpassung umgehen können.

Beim Umgang mit immungeschwächten Personen sollte die Händedesinfektion konsequent erfolgen

  • Nach dem Toilettenbesuch,
  • vor der Zubereitung von Mahlzeiten,
  • nach dem Naseputzen und nach dem Niesen oder Husten (immer in die Ellenbeuge, nicht in die Hand),
  • nach dem Wechseln von Windeln (falls Säuglinge oder Kleinkinder im Haushalt leben),
  • nach Betreten der Wohnung und nach dem Sortieren schmutziger Wäsche.

Prekär wird es, wenn die Pflegeperson erkrankt ist. Einige Viren, zum Beispiel Grippeerreger, sind nachweislich durch Händewaschen über mindestens 40 Sekunden sehr gut zu inaktivieren. Andere Erreger wie Noroviren, die akute Durchfälle und Erbrechen verursachen, lassen sich durch Wasser und Seife jedoch nicht so schnell außer Gefecht setzen. Am wirksamsten gelingt die Unterbrechung von Infektketten mit der Händedesinfektion.  Bei akutem Krankheitsgeschehen kann es zur Vermeidung von Kreuzkontaminationen sinnvoll sein, alle Flächen, die mit Sekret, Erbrochenem oder Stuhl der infizierten Person in Kontakt gekommen sind, mit einem alkoholischen Flächen-Schnelldesinfektionsmittel zu reinigen.


Bei der Pflege Angehöriger treten Arbeitsschritte auf, die ein besonderes Infektionsrisiko tragen:

Wechsel von Wundverbänden

  • Vor Entfernen des alten Verbandes: Händedesinfektion vornehmen und  Einmalhandschuhe anziehen. Festklebende wundabdeckende Kompressen am besten nur mit einer Pinzette entfernen. Vor dem Auflegen der sterilen Wundauflage: Händedesinfektion vornehmen und sterile Handschuhe tragen.
     

Ganzkörperpflege

  • Vor dem Waschen und Abtrocknen der Hautoberfläche: Händedesinfektion vornehmen und Einmalhandschuhe anziehen. Bei der Intimpflege immer zunächst den Urogenitalbereich und dann den Perianalbereich waschen („von vorn nach hinten“), bei jeder neuen Berührung einen unbenutzten Teil des Waschhandschuhs verwenden).
  • Nach dem Waschen und Ablegen der Handschuhe und vor der Hautpflege: Händedesinfektion vornehmen
     

Wechsel von Inkontinenzvorlagen

  • Vor der Entfernung des benutzten Inkontinenzproduktes: Händedesinfektion vornehmen und Einmalhandschuhe anlegen, die Inkontinenzvorlage von hinten her abnehmen
  • Nach Entsorgung der Inkontinenzvorlage und vor der Intimpflege: Handschuhe ablegen, Händedesinfektion vornehmen, neue Handschuhe anlegen
  • Intimpflege vornehmen (s. o.)
  • Vor Anlegen der neuen Vorlage: Händedesinfektion vornehmen und Einmalhandschuhe anziehen. Neue Vorlage von vorn nach hinten anlegen
     

Wunsch nach Infektionsschutz ist groß
Die Pflegenden spüren eine besondere Verantwortung gegenüber ihren pflegebedürftigen Angehörigen. Dies betrifft auch den Wunsch, diese vor Infektionen zu schützen. Leider lässt sich in vielen Fällen eine Infektion selbst durch konsequente Hygiene nicht vermeiden. Fieberhafte Infektionen bei Immungeschwächten zum Beispiel sind meist auf exogene Infektionen zurückzuführen. Hierbei befinden sich die Erreger bereits im Körper des Kranken. Besteht jedoch die Chance, mit Hygienemaßnahmen die Übertragung von Keimen zu verhindern, sollte sie ergriffen werden.

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