Seit Jahren engagiert sich die Interplast in Kamerun und bietet eine längerfristige Perspektive für die dringend benötigte plastisch-chirurgische Hilfe in Zusammenarbeit mit den Ärzten und Pflegepersonal vor Ort. Markus Rapp, Vertriebsspezialist Chirurgie bei der Aesculap AG, hat zwei Wochen lang das Interplast-Team begleitet. Ein Erfahrungsbericht.
Vom 22. November bis 7. Dezember 2013 hatte ich die Gelegenheit, das Interplast-Team der Sektion Schopfheim e. V. unter der Leitung von Dr. Andreas Rudolph nach Manyemen, Kamerun, zu begleiten. Die Interplast-Stiftung kümmert sich um internationale plastische Chirurgie für Entwicklungsländer.
Das Team um Andreas Rudolph reist schon seit 1998 in die abgelegene Region an der nigerianischen Grenze. Operiert werden hier hauptsächlich Kinder mit Lippen-Kiefer-Gaumenspalten, Missbildungen oder Tumoren und Erwachsene mit schwerwiegenden Verbrennungen. Seit 2003 finden die Einsätze in Manyemen jährlich statt. Manyemen liegt im Südwesten Kameruns in der Provinz Dikome, Balue und ist von Douala, der zweitgrößten Stadt Kameruns, nur schwer zu erreichen. Der Weg vom Süden aus ist während der Regenzeit kaum passierbar. Das auswärtige Amt warnt ebenfalls vor Entführungen von westlichen Touristen im Grenzgebiet zu Nigeria.
Das dortige Krankenhaus wurde 1953 von der Basler Mission 21 ursprünglich als Leprakrankenhaus gegründet. Geleitet wird das Haus von einem deutschen Ärzteehepaar. Im Jahr 2001 wurde dank der Mission ein OP-Trakt mit zwei Operationsräumen gebaut, die für afrikanische Verhältnisse gut ausgestattet sind.
Es fehlt am Nötigsten
Da es in Kamerun zum Beispiel keine vernünftigen Erstversorgungen bei Brandverletzten gibt, kommen Patienten aus dem ganzen Land nach Manyemen, um sich während der Anwesenheit vom Interplast-Team behandeln zu lassen. Des Weiteren gibt es keine etablierte plastisch-rekonstruktive Chirurgie in Kamerun. Geräte wie Dermatome oder Meshgraft, die in einem deutschen Krankenhaus zur Grundausstattung gehören, gibt es nur bis auf wenige Ausnahmen. Über die Radiosender der Kirche werden viele Patienten über den Einsatz von Interplast informiert. Einige Patienten reisen sogar aus der Hauptstadt Yaounde an. Die Behandlung von Interplast ist kostenlos. Natürlich war es für mich eine besondere Ehre, das Team im Einsatz zu begleiten.
Im Jahr 2012 spendete Aesculap einen Teil des chirurgischen Instrumentariums, das von Interplast eingesetzt wird. Übrigens wird das komplette OP-Equipment vom Team aus Deutschland nach Kamerun mitgenommen: unter anderem chirurgische Instrumente, Dermatom, Meshgraft, OP-Abdeckungen, Naht- und Verbandsmaterial sowie OP-Handschuhe. Hinzu kommt natürlich noch die Ausstattung für die Anästhesie wie ein entsprechender Monitor, zwei Perfusoren, Larynxmasken, Spritzen, Narkosematerial und natürlich die entsprechenden Medikamente.
Das Team von Interplast bestand aus zwei Chirurgen, zwei Anästhesisten, einem Anästhesie-Pfleger, zwei OP-Schwestern und mir. Am 22. November ging es los. Vom elsässischen Mulhouse aus flogen wir über Paris nach Douala. Da der Weg vom Süden her wegen starken Regenfällen überschwemmt war, mussten wir einen zweitägigen Umweg vom Norden her in Kauf nehmen. Aber auch diese Strecke war von starken Regenfällen beeinträchtigt. Ständig mussten die zwei Geländewagen mit Schaufeln vom Schlamm befreit werden. Hinzu kamen Kontrollen korrupter Militärs oder Polizisten, die eine entsprechende „Spende" wollten, um „sorgenfrei" weiterreisen zu können.
Am Abend des 24. November erreichten wir endlich Manyemen. Die ersten Patienten warteten schon auf das lang ersehnte Interplast-Team aus Deutschland. Einige der Patienten kommen schon seit Jahren zur Behandlung durch das Rudolph-Team nach Manyemen – wie Rose. Sie wurde von ihrem Lebensgefährten mit Säure übergossen und leidet seither an einer starken Narbenbildung, die ihre Bewegungen einschränkt. Ein weiterer Dauerpatient ist Max. Er hat ein Neurofibrom am rechten Auge und muss jährlich operiert werden. Ein ebenso weiteres tragisches Schicksal trägt Edith. Die Epileptikerin fällt bei ihren Anfällen regelmäßig ins offene Feuer und kommt jährlich mit neuen Verbrennungen. In diesem Jahr wurden ihre Hände behandelt. Kinder, die beim Spielen ins offene Feuer fallen, sind ebenfalls keine Ausnahme und werden vom Einsatzteam versorgt.
In diesem Jahr wurden hauptsächlich Patienten operiert, bei denen eine Hauttransplantation nötig war. Meine Aufgabe bestand darin, dem Chirurgen-Team zu instrumentieren. Des Weiteren kümmerte ich mich um die Aufbereitung des chirurgischen Instrumentariums. Die übrige Zeit wurde für Coaching-Maßnahmen genutzt, um das dortige OP- und Anästhesie-Team zu schulen. Darüber hinaus konnte ich die Instrumente der Klinik sichten, teilweise sortieren sowie mich um den immer wider mit Ausfällen „nervenden" Steri des Krankenhauses kümmern.
Dankbarkeit der Patienten ist unglaublich
Pro Einsatz werden etwa 70 bis 100 Patienten operiert. In diesem Jahr wurden aber deutlich weniger Patienten behandelt. Das lag daran, dass viele Patienten den Weg nach Manyemen aufgrund der starken Regenfälle nicht geschafft haben. Trotzdem waren alle OP-Einsätze ein voller Erfolg und die Patienten zeigten ihre Zufriedenheit mit unendlich dankbaren Gesten, die bei allen beteiligten Teammitgliedern Emotionen hervorriefen, die in Deutschland eher selten sind.
Am 3. Dezember beendeten wir unseren Einsatz, da ungewiss war, wie lange der Rückweg dauern würde. Einen Tag später ging es über die Nordroute von Mamfe nach Bamenda, die wir problemlos passieren konnten. In einer baptistischen Gemeinde fanden wird Unterschlupf für eine Nacht. Am 5. Dezember erreichten wir abends Douala. Den Nikolaustag hatten wir zur freien Verfügung und konnten uns Doula anschauen. Aus Sicherheitsgründen war dies aber nur beschränkt möglich. Am Abend flogen wir wieder unversehrt über Paris nach Hause.
Für mich gingen zwei spannende Wochen mit dem Interplast-Team zu Ende, in denen ich unschätzbare Eindrücke erleben konnte. Aufgrund der sich immer weiter an das Jahresende verschiebenden Regenzeit wird das Interplast-Team aus Schopfheim erst im Februar 2015 wieder nach Manyemen reisen. Dann sind in der Trockenzeit die Straßen besser befahrbar. Ein kleines Mädchen mit einer Lippen-Kiefer-Gaumenspalte wird dann schon auf das Team warten. Die Kleine war in diesem Jahr für eine OP leider noch zu jung. Für diesen nächsten Einsatz hat mich Andreas Rudolph wieder eingeplant. Ich freue mich bereits heute auf weitere spannende Erlebnisse im Rahmen der ehrenamtlichen Tätigkeit in Afrika.
Interplast – Germany e.V.
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Markus Rapp
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