Auf der operativen Intensivstation des Universitätsklinikums Münster wurden zwei hochmoderne Patientenzimmer mit einem ausgeklügelten Licht- und Alarmkonzept in Betrieb genommen. Sie sollen Folgekomplikationen wie Delir verhindern.
Attraktive Lichtsteuerung, warme Farbtöne, angenehme Ruhe: Auf den ersten Blick könnte man die zwei neuen Patientenzimmer der operativen Intensivstation als Bereiche eines Wellnesshotels halten. Die Mitte Juni eröffneten „Adaptive Healing Rooms" sollen die Patienten bei der Genesung unterstützen und das Risiko möglicher Folgeerkrankungen reduzieren.
Die modernen Krankenzimmer wurden im Rahmen eines Pilotprojekts installiert und zeichnen sich durch ein intelligentes Raum- und Alarmkonzept aus. Mittels Geräuschreduktion und spezieller Lichtsteuerung soll dieses unter anderem einen deutlich verbesserten Tag-Nacht-Rhythmus ermöglichen.
Das Universitätsklinikum Münster (UKM) ist nach der Charité in Berlin die zweite Klinik in Deutschland, die ein solches Raumkonzept auf Basis moderner wissenschaftlicher Erkenntnisse und mit den neuesten technischen Möglichkeiten umgesetzt hat.
Delirrisiko reduzieren
Patienten mit lebensbedrohlichen Erkrankungen müssen 24 Stunden täglich auf einer Intensivstation versorgt werden. Die Aktivität des Personals und Alarm- töne der Geräte sind eine ständige Geräuschkulisse zu jeder Tages- und Nachtzeit. Die daraus resultierende fehlende Orientierung kann dazu führen, dass Patienten eine vorübergehende Störung des Bewusstseins entwickeln.
„Rund 20 Prozent aller stationären Intensivpatienten erleiden ein Delir, bei den über 65-Jährigen sind es sogar fast die Hälfte", weiß Uwe Meier, pflegerischer Leiter der operativen Intensivstation. Sein Team betreut viele Patienten nach herzchirurgischen Operationen. „Bei dieser Klientel ist das Risiko besonders hoch."
Die beiden Adaptive Healing Rooms sollen bei gefährdeten Patienten nun gegenlenken. Das Konzept basiert auf zwei verschiedenen Komponenten: Das intelligente System verhindert eine überflüssige Geräuschbelastung von Patienten, Angehörigen und Personal. Gleichzeitig trägt es zur Patientensicherheit bei, da unnötige Hinweistöne gefiltert werden und die Aufmerksamkeit auf relevante Alarme gelenkt wird.
Darüber hinaus sorgen Veränderungen der Raumstruktur und -gestaltung dafür, dass Ruhephasen und damit Erholung möglich werden und ein physiologischer Tag-Nacht-Rhythmus möglichst beibehalten wird. „Durch Licht einer bestimmten Wellenlänge wird zum Beispiel Sonnenlicht simuliert, sodass im Körper Botenstoffe freigesetzt werden", sagt Prof. Dr. Björn Ellger, ärztlicher Leiter der operativen Intensivstation. „Diese können positiv für den Heilungsverlauf sein."
Durch eine Multimedia-Installation im Patientenzimmer können zudem Bilder von vertrauten Landschaften, Aktivitäten oder der Familie – gut dosiert und der aktuellen Situation des Patienten angepasst – gezeigt werden. „Solche Projektionen geben Orientierung über Zeit, Ort und Tagesplanung. Das vermittelt dem Patienten Sicherheit", so Ellger. „Außerdem wird durch all diese Maßnahmen die von Patienten und Angehörigen oft als bedrohlich empfundene Atmosphäre verbessert."
Insgesamt wurden am UKM für das Projekt 85000 Euro investiert, sieben Wochen hat der Umbau der beiden Räume, die in den warmen Farbtönen Gelb und Orange gehalten sind und über jeweils zwei Betten verfügen, in Anspruch genommen.
Positive Rückmeldungen
Stationsleiter Uwe Meier bewertet die ersten Erfahrungen mit den Adaptive Healing Rooms positiv. „Wir haben bereits von einigen Patienten und Angehörigen sehr gute Rückmeldungen erhalten", so Meier. „Viele haben die Lichtgestaltung, Landschaftsbilder und Orientierungshilfen als angenehm und hilfreich empfunden."
Auch das Personal schätzt die angenehme Atmosphäre der neuen Patientenzimmer. „Insgesamt habe ich durchaus den Eindruck, dass die Mitarbeiter gerne in den neuen Patientenzimmern arbeiten", äußert der Stationsleiter. „Das hängt aber sicherlich auch mit der hochmodernen apparativen Ausstattung zusammen, die uns Pflegenden Komfort bei der Arbeit bietet. Zudem wurden beim Umbau ergonomische Verbesserungen berücksichtigt, um die Arbeit mit dem Patienten zu erleichtern."
In den kommenden Jahren sind weitere Verbesserungen der Intensivstation geplant. Noch gibt es keine konkreten Planungen. „Wir möchten das Konzept kontinuierlich weiterentwickeln", verrät Meier. „Wir betrachten den jetzigen Stand der beiden Zimmer lediglich als erste Entwicklungsstufe."