Kommt die Reform der Pflegeausbildung? Und vor allem: Wann? Andreas Westerfellhaus, Präsident des Deutschen Pflegerates, ist zuversichtlich: Mit dem Referentenentwurf sei spätestens Anfang 2015 zu rechnen. Schulen und Ausbildungsstätten seien gut beraten, sich schon jetzt auf die generalistische Ausbildung vorzubereiten.
Herr Westerfellhaus, die generalistische Ausbildung ist fest im Koalitionsvertrag verankert. Ein Referentenentwurf liegt aber bislang noch nicht vor. Woran liegt das? Ich kann hier auch nur vermuten. Ein möglicher Grund liegt sicherlich darin, dass für die Pflegeausbildung im Moment zwei Ministerien gleichzeitig zuständig sind: Das ist für die Gesundheits- und Krankenpflegeausbildung das Bundesministerium für Gesundheit und für die Altenpflegeausbildung das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend. Eine gemeinsame Arbeitsgruppe des Bundes und der Länder ist nun damit beauftragt, Inhalte eines Referentenentwurfs vorzubereiten. Diese Arbeitsgruppe hatte bereits vor zwei Jahren auch das Eckpunktepapier vorgelegt. Ich denke, dass die Abstimmungsprozesse zwischen diesen vielen Beteiligten nicht ganz einfach sind. Ich gehe aber fest davon aus, dass wir den Referentenentwurf in Kürze vorgelegt bekommen.
Was macht Sie so zuversichtlich?
Ich bin mit beiden Ministerien in engem Kontakt und spreche mit vielen Abgeordneten. Sie alle beteuern: Wir stehen zu unserer Aussage aus dem Koalitionsvertrag, die generalistische Ausbildung auf den Weg zu bringen. Die Bereitschaft der Ministerien und der Bund-Länder-Arbeitsgruppe schätze ich als sehr hoch ein, die Zusammenarbeit ist sehr verlässlich und motiviert.
Auf Station 24 wurde kürzlich berichtet, die unterschiedliche Finanzierung der Gesundheits- und Krankenpflege- sowie der Altenpflegeausbildung verzögere die Umsetzung der Generalistik. Sehen Sie das auch so?
Es gibt zwei Bereiche, die bei der generalistischen Ausbildung zusammengebracht werden müssen – zum einen die inhaltlich-fachliche Seite, aber auch die Finanzierung. Und dieses Thema ist tatsächlich nicht einfach. Die Krankenpflegeausbildung wird bislang mehrheitlich über die Krankenversicherung finanziert. In der Altenpflege hingegen gibt es eine Mischfinanzierung, meist aus öffentlichen Geldern und Schulgeld. Diese beiden unterschiedlichen Systeme zusammenzubringen, ist sicherlich die schwierigste Herausforderung bei der generalistischen Ausbildung. Aber ich bin sicher, dass sich auch diese Hürde bewältigen lässt. Auch wenn es abgedroschen klingt - es gibt keine andere Alternative.
Wie könnte die Finanzierung denn im besten Falle aussehen?
Wenn Visionen erlaubt sind, würde ich mir eine Steuerfinanzierung wünschen. Diese Lösung wäre am besten, ist gleichzeitig aber auch am wenigsten realistisch. Wichtig ist vor allem eine umlagefinanzierte Ausbildung, das heißt, dass alle potenziellen Arbeitgeber – auch die, die nicht ausbilden – verpflichtet werden, sich an den Kosten der Ausbildung zu beteiligen. Wie diese Umlagefinanzierung dann gespeist wird, ist die zweite Frage. Hier ist sicherlich auch die Kreativität des Gesetzgebers gefordert. Garantiert muss auf jeden Fall sein, dass die Mittel aus dem Umlagefonds tatsächlich auch transparent und vollständig in die Hoheitsgewalt der Schulen fließen.
Sind die Schulen denn vorbereitet, eine generalistische Ausbildung relativ bald umzusetzen?
Da habe ich wenig Bedenken. Was die Schulen in den letzten zehn Jahren an Veränderungen erfahren haben – man denke nur an das neue Krankenpflegegesetz –, haben sie sehr schnell und kompetent umgesetzt. Viele Schulen haben sich auch schon auf die generalistische Ausbildung vorbereitet, sodass teilweise schon die inhaltlichen und organisatorischen Vorbereitungen laufen. Ich gehe davon aus, dass die Schulen sehr gut in der Lage sind, diese Aufgabe zu stemmen.
Gibt es nicht auch Ängste von Schulen, vom Markt verdrängt zu werden?
Es soll ja niemand vom Markt verdrängt werden! Sicherlich gibt es bei einigen Einrichtungen Unsicherheiten, und es gibt Schulen, die sich mehr mit dem Thema auseinandersetzen als andere. Wichtig ist aber doch: Es geht um eine ganz neue Pflegeausbildung, die den Beruf sehr viel zukunftssicherer macht. Und hier gilt es, sich dieser Herausforderung gemeinsam zu stellen. Schulen und Ausbildungsinstitute sind deshalb gut beraten, sich rechtzeitig vorzubereiten.
Wie könnte das aussehen?
Beispielsweise über Verzahnungen und Kooperationen mit anderen Institutionen, damit sie diese Aufgabe gemeinsam angehen können. Dafür ist es aber wichtig, dass der Referentenentwurf bald vorliegt, damit diese Vorbereitungen schnell angegangen werden können. Bislang gibt es nur das Eckpunkteapier und so aussagekräftig ist das nicht. Ich bin sicher, dass es viele Ängste und Unsicherheiten aufseiten der Schulen nehmen würde, wenn diese erste gesetzliche Hürde genommen ist.
Wann rechnen Sie denn konkret mit dem Referentenentwurf?
Ich gehe davon aus, dass wir Ende dieses Jahres, spätestens Anfang nächsten Jahres den Referentenentwurf vorliegen haben.
Und ab wann könnten wir dann mit der generalistischen Ausbildung starten?
Nach dem Referentenentwurf folgt das übliche Gesetzgebungsverfahren – das Gesetz muss also den Bundestag und den Bundesrat durchlaufen – und dann spricht nichts dagegen, dass wir zu Beginn 2016 mit der generalistischen Ausbildung starten. Wir vom Deutschen Pflegerat werden auf jeden Fall alles tun, um dieses Verfahren bestmöglich zu unterstützen und zu begleiten.
Ich danke Ihnen für das Gespräch, Herr Westerfellhaus.
Das Interview führte Brigitte Teigeler.
Hier lesen Sie mehr zur generalistischen Ausbildung.
Auf der Internetseite des Deutschen Pflegerates finden Sie die wichtigsten Argumente für die generalistische Ausbildung, Stimmen von Experten und von Schülern sowie viele weitere Infos.