Der Einsatz von E-Fahrzeugen und Pedelecs kann die Fuhrparkkosten von ambulanten Diensten senken - wenn bestehende Förderchancen und Sponsoring genutzt werden. Ohne Zuschüsse von Bund, Ländern und Kommunen oder privaten Investoren sind die pflegetauglichen E-Autos in Anschaffung und Unterhaltung derzeit noch zu teuer, um als kostengünstige Alternative zu herkömmlichen Kleinwagen zu taugen. Dafür lockt ein Imagegewinn.
Bundesweit schätzungsweise 100 ambulante Pflegedienste testen in den Modellregionen Elektromobilität kleine, wendige Stromer im Alltagseinsatz, hieß es jüngst beim Symposium „Erfolgreicher Einsatz von E-Fahrzeugen in Pflege- und Gesundheitsunternehmen" der Metropolregion Hannover Braunschweig Göttingen Wolfsburg GmbH in Hannover.
Das BRK Bayern etwa hat den dreijährigen Test des BMW E-Mini bereits hinter sich: Zuverlässig, ohne Verspätungen und ohne Ausfälle hätten die BRK-Pflegekräfte in München mit den Stromern ihre Dienstwege absolviert, lautet die Bilanz des BRK. Mit den E-Mobilen hatten sie 300.000 km bei 82 Prozent ihrer täglich notwendigen Fahrten in der Landeshauptstadt bewältigt.
Die Modellregion Elektromobilität Bayern-Sachsen förderte die Erprobung. Schließlich sind alle acht Modellregionen im Bundesgebiet dem Ziel der verpflichtet, bis 2020 eine Million E-Autos auf Deutschlands Straßen zu bringen. Doch die Fortschritte sind gering: Bundesweit gerade einmal 18.948 E-Fahrzeuge, darunter etwa 7.500 vollelektrische Pkw, rollten im Februar 2015 laut Kraftfahrtbundesamt über die Straßen der Republik.
Gut für Kurz- und Mittelstrecken
„Ambulante Pflegedienste mit ihren häufigen Einsätzen im Kurz- und Mittelstreckenbereich eignen sich gut als Nutzer von E-Mobilität", weiß Raimund Nowak, Geschäftsführer der Metropolregion Hannover Braunschweig Göttingen Wolfsburg GmbH. Dieser Zusammenschluss von über 60 Kommunen in dem niedersächsischen Städteviereck zieht die Fäden im niedersächsischen Schaufenster Elektromobilität mit über 30 Projekten und 48 Millionen Euro Förderung von Bund und Land.
Ambulanten Diensten, bei denen Fuhrparkkosten etwa 18 Prozent ihrer Ausgaben ausmachen, muss daran gelegen sein, ihre Transportkosten so niedrig wie möglich zu halten. Mit drei eigenen E-Smarts und zwei Pedelecs in ihren Sozialstationen Bremen Nord und Ost hat zum Beispiel die ASB Ambulante Pflege GmbH in Bremen laut ihrem Geschäftsführer Stefan Block die Kosten ihres Fuhrparks deutlich senken können. Die Anschaffung bezuschusste allerdings die Unternehmensinitiative Elektromobilität in der Modellregion Bremen-Oldenburg mit 40 Prozent der Kosten.
Teuer wird es durch die Ladestationen
Block: „Bei einer Vollkostenrechnung schlagen unsere Elektro-Smarts mit nur 15 bzw. 18 Cent pro Kilometer zu Buche, während unsere herkömmlich angetriebenen Toyota Aygo mindestens 26 Cent pro Kilometer kosten." Allerdings hat er in seiner Rechnung die nötige Anschaffung und Montage zweier Wallboxen für je 2.000 Euro und einer Säule für langsames Laden für knapp 10.000 Euro nicht berücksichtigt.
Gut geplant hat die ASB Ambulante Pflege GmbH die Einsätze von E-Mobilen: Fallen vormittags besonders viele Fahrten zu Haushalten von Pflegebedürftigen an, erhalten die Pflegekräfte zu Sonderkonditionen zusätzliche E-Autos des Bremer E-Carsharing-Unternehmens Move about GmbH. Geschäftsführer Block: „Unsere Pflegekräfte fahren die wendigen, kleinen und umweltfreundlichen E-Autos ebenso gern wie im Sommer die Pedelecs, mit denen sie keine Parkprobleme in der Innenstadt haben."
Zu 80 Prozent aus Fördermitteln des Landes hat die Sozialstation Wolfsburg des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes Niedersachsen das Leasing von sechs VW e-up finanziert und testet diese nun seit Februar 2014 für drei Jahre im Pflege- und mobilen Dienst. Doch die Zwischenbilanz von Udo Porsch, der das Projekt „Elektro-Flotten in der Erprobung" beim Paritätischen leitet, fällt gemischt aus: „Zwar liegen die Verbrauchskosten eines e-up bei jährlich fast 25.000 Kilometern Laufleistung bei nur rund 60 Prozent der Verbrauchskosten eines vergleichbaren Skoda Citigo. Doch die Gesamtkosten des E-Autos, für das VW rund 27.000 Euro verlangt, und der Wallboxen zum Laden übersteigen die Kosten des Vergleichswagens deutlich."
Umweltfreundlichkeit als Markenzeichen
Ganz ohne Förderung haben Kai Warneke und Frank Perschke, Inhaber und Pflegedienstleiter des Lüneburger pmk-Pflegedienstes, ihren Fuhrpark auf alternative Antriebe umgestellt. Die drei vollelektrischen Renault Zoe laden ihre Pflegekräfte häufig zur Mittagszeit an der firmeneigenen Solarstrom-Tankstelle, einer 22 Kw-Photovoltaik-Anlage. Außerdem lässt der innovative private Pflegedienst seine Pflegekräfte mit 14 Erdgas-getriebenen Citroen C1 zu den Kunden fahren.
Warneke und seinen Kompagnon brauchte niemand zu überzeugen, E-Mobile anzuschaffen und an einer Solar-Tankstelle zu laden. „Mit Solarstrom fährt unsere E-Flotte wirklich umweltfreundlich und ohne Strom aus Gas-, Kohle oder Atomkraftwerken", sagt der „Überzeugungstäter" Warneke. Für den Gesundheitsdienstleister seien die Elektroautos nun ein Image förderndes Markenzeichen.
Die Finanzierung von E-Fahrzeugen und Lade-Infrastruktur dürfte Pflegedienste noch vor die größten Probleme stellen. Etwa der ASB Sasbachwalden in Mittelbaden ließ sich von der Communitas Sozialholding GmbH unterstützen und beschaffte sich per Sponsoring die nötigen Mittel für seinen neuen Fiat E-Fiorino. Schnell erkannten die Sponsoren, dass sich der vielerorts sichtbare Pflegedienst-Stromer gut als Werbeträger eignen würde.
Kfw unterstützt mit zinsgünstigen Darlehen
Erst seit Oktober 2014 haben Gewerbebetriebe die Chance auf ein zinsgünstiges Darlehen durch das Kfw-Förderprogramm „Umweltschutz in Unternehmen" für die Anschaffung von Fahrzeugen mit alternativen Antrieben jeder Art und die Lade- oder Tank-Infrastruktur. Andreas Jacobsen, Leiter der Bremer Unternehmensinitiative Elektromobilität: „Derzeit liegen die Zinssätze bei 1,41 Prozent."
Eine gute Übersicht über alle bestehenden Förderprogramme des Bundes und der Länder sowie Ansprechpartner zur Anschaffung von E-Autos in Betrieben findet sich unter www.foerderinfo.bund.de/elektromobilitaet.