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Forschungsprojekt zur Teilhabe im Alter

Wider das Alleinsein

Im Alter steigt das Risiko, an einer psychischen Störung zu erkranken, insbesondere dann, wenn ältere Menschen nicht die Möglichkeit haben, am gesellschaftlichen Zusammenleben teilzunehmen. Ein Forschungsprojekt der Katholischen Hochschule Nordrhein-Westfalen will innovative und praktikable Maßnahmen für sozial isolierte Menschen ab 65 Jahren entwickeln, die ihnen die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben ermöglicht und Einsamkeitsgefühle verringert.

Aufgrund der steigenden Lebenserwartung und des gleichzeitigen Rückgangs der Geburtenrate wird unsere Gesellschaft zunehmend älter. Neben anderen damit einhergehenden Herausforderungen besteht eine wesentliche darin, das selbstständige Handeln und die Beteiligung älterer Menschen am gesellschaftlichen Zusammenleben zu erhalten, zu fördern oder wiederherzustellen. Ein ausschlaggebender Grund hierfür ist, dass im Alter das Risiko steigt, an einer psychischen Störung zu erkranken, insbesondere dann, wenn ältere Menschen nicht die Möglichkeit haben, am gesellschaftlichen Zusammenleben teilzunehmen, sozial isoliert sind und/oder sich einsam fühlen (z. B. Hautzinger, Davison & Neale, 2007). Die Arbeitsgruppe Alte Menschen im Nationalen Suizidpräventionsprogramm für Deutschland (2013) schätzte, dass rund ein Viertel der über 65-Jährigen an einer psychischen Erkrankung leidet, am häufigsten an Depressionen. Als weitere im Alter auftretende psychische Erkrankungen wurden Angststörungen, Wahnerkrankungen und Süchte genannt.

Gefühlen von Einsamkeit vorbeugen
Bisherige Ansätze, soziale Isolation und Einsamkeitsgefühle zu verringern, haben sich bei älteren Menschen als nur mäßig wirksam erwiesen (Masi et al., 2011). Mit dem Forschungsprojekt „Mittendrin im Alter statt allein – Teilhabe für ältere, sozial isolierte Menschen" (MIASA) wollen Wissenschaftler der Katholischen Hochschule Nordrhein-Westfalen (KatHO NRW) deshalb eine innovative und praktikable Maßnahme für sozial isolierte Menschen ab 65 Jahren entwickeln, die ihnen die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben ermöglicht und mögliche Einsamkeitsgefühle verringert. Das fünfköpfige Forscherteam um Prof. Dr. Michael Klein will so dazu beitragen, psychischen Erkrankungen im Alter, die durch soziale Isolation oder Einsamkeit entstehen, vorzubeugen oder diese zu lindern. Dazu werden in dem Projekt unter anderem verschiedene bewährte verhaltenstherapeutische Konzepte zur Angst- und Depressionsbehandlung kombiniert und unter Berücksichtigung der neuesten Forschungsergebnisse an die Bedürfnisse älterer Menschen angepasst. Eine solche Kombination erscheint auf Basis früherer Forschungsergebnisse empfehlenswert und vielversprechend, wurde bislang jedoch nicht umgesetzt.

Das Projekt MIASA begann am 1. Oktober 2015 und hat eine Laufzeit von drei Jahren.

Unterstützungsbedarfe ermitteln

Zu Projektbeginn wird eine Analyse des Forschungsstands und der aktuellen Versorgungssituation älterer einsamer beziehungsweise sozial isolierter Menschen in Form von umfangreichen systematischen Literaturrecherchen in deutschen und internationalen Literaturdatenbanken und Webseiten durchgeführt. Die Ergebnisse zur Versorgungssituation werden zudem einer literaturbasierten Stärken-Schwächen-Analyse unterzogen. Diese wird mit leitfadengestützten, etwa einstündigen Face-to-Face-Interviews mit zehn Fachkräften aus dem Versorgungssystem für Ältere vertieft. In zwei Fokusgruppen mit insgesamt etwa 20 Experten und Fachkräften werden dann die Unterstützungsbedarfe für betroffene Ältere, vorhandene Hilfe- und Netzwerkstrukturen, Möglichkeiten und Herausforderungen beim Zugang zur Zielgruppe, wünschbare Verbesserungen sowie die Frage der Machbarkeit diskutiert. Die Ergebnisse werden in einem Papier mit Handlungsempfehlungen zusammengefasst.
In den folgenden Arbeitsschritten wird die Intervention entwickelt, an zwei Projektstandorten in Köln durchgeführt und weiterentwickelt. Da bei der Zielgruppe der älteren und zudem sozial isolierten Menschen eine relativ hohe Hemmschwelle bezüglich der Teilnahme an Gruppenaktivitäten mit ihnen fremden Personen zu erwarten ist, ist ein stufenweises Vorgehen geplant: Zunächst wird mit jeder teilnehmenden Person ein Einzelinterview zu ihren aktuellen Belastungen erfolgen. Während dieses Interviews wird die Person motiviert, an einer Kleingruppenintervention mit höchstens fünf Personen teilzunehmen, die immer tagsüber stattfindet und bei der die Teilnehmenden per Auto abgeholt und auch wieder nach Hause gebracht werden. Die Kleingruppenintervention besteht aus zehn Sitzungen, in denen die Teilnehmenden sich mit Themen wie Selbstfürsorge, Aktivitätsaufbau, Förderung sozialer Kompetenzen und der sozialen Teilhabe auseinandersetzen und dabei relevante Fertigkeiten reaktivieren und/oder neu einüben. Durch die Inhalte der Intervention und die regelmäßige Einbindung in eine Kleingruppe sollen bei den Teilnehmenden auch soziale Ängste abgebaut und nachhaltig Kontakte geknüpft werden. Ein gemeinsamer Tagesausflug schließt die Intervention ab.

Schulungen geplant
Insgesamt sollen mindestens 30 über 65-Jährige, die in sozialer Isolation leben, an der Intervention teilnehmen. Die Teilnehmergewinnung soll in erster Linie über kontinuierliche Ansprache durch Mitarbeiter der am Projekt beteiligten Praxispartner erfolgen. Darüber hinaus sind Teilnahmeaufrufe über lokale Medien und Aushänge, zum Beispiel in Arztpraxen, geplant.

Jede Durchführung wird mittels einer formativen Prozessevaluation unter anderem auf Handbuchtreue, Stärken und Schwächen überprüft. Die Resultate fließen in die folgenden Durchführungen ein, um so die Intervention kontinuierlich zu verbessern. Vorher-Nachher-Messungen erfolgen im Rahmen einer summativen Ergebnisevaluation, um abschließend die Wirkung der Intervention zu beurteilen. Alle Inhalte und Abläufe der Intervention werden für die Gruppenleiter in einem Handbuch zusammengefasst.
Nach Abschluss des Projekts soll die Intervention auch von anderen Einrichtungen durchgeführt werden können, wozu das Handbuch in seiner endgültigen Fassung veröffentlicht und Schulungen zur Intervention angeboten werden sollen. Eine breitflächige und nachhaltige Implementierung der Maßnahme könnte die Versorgungssituation für ältere, sozial isolierte Mitbürger durch die Anwendung neuer Methoden und Anregung neuer Zugangsmöglichkeiten verbessern.

Das Bundesministerium für Bildung und Forschung fördert das Vorhaben MIASA im Rahmen des Programms „Forschung an Fachhochschulen" der Förderlinie SILQUA-FH. Projektträger ist „Projektträger Jülich/Forschungszentrum Jülich GmbH". Projektpraxispartner sind der „Förderverein Höhenberg, Verein zur Förderung paritätischer Altenhilfe und Gemeinwesenarbeit Köln-Höhenberg e.V." und die „Kölner Seniorengemeinschaft (KSG) für Sport und Freizeitgestaltung e.V.".
 

Literatur:
Arbeitsgruppe Alte Menschen im Nationalen Suizidpräventionsprogramm für Deutschland (Hrsg.) (2013). Wenn das Altwerden zur Last wird. Suizidprävention im Alter. 5. Aufl. Online verfügbar unter www.bmfsfj.de/RedaktionBMFSFJ/Broschuerenstelle/Pdf-Anlagen/wenn-das-altwerden-zur-last-wird,property=pdf,bereich=,rwb=true.pdf, zuletzt geprüft am 10.11.2015.
Hautzinger, M., Davison, G. C., Neale, J. M. (2007). Klinische Psychologie (7. vollst. überarb. Aufl.). Weinheim: Beltz PVU.
Masi, C. M., Chen, H.-Y., Hawkley, L. C., Cacioppo, J. T. (2011). A Meta-Analysis of Interventions to Reduce Loneliness. In: Personality and Social Psychology Review 15 (3), S. 219–266.


Prof. Dr. Michael Klein, Projektleiter, mikle@katho-nrw.de
Karsten Keller, Diplom-Psychologe, ka.keller@katho-nrw.de
Dr. Diana Moesgen, Psychologin, M.Sc., d.moesgen@katho-nrw.de
Katholische Hochschule NRW, Abt. Köln
Wörthstraße 10
50668 Köln
www.disup.de
 

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