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Ergebnisqualität in der stationären Altenpflege

„Der zusätzliche Aufwand kann die Pflegequalität nur steigern!"

Im Rahmen des Modellprojekts „Pflegequalität Hannover" haben sich acht Pflegeeinrichtungen unterschiedlicher Träger zusammengeschlossen, um die Ergebnisqualität in der stationären Altenpflege zu messen. Am 1. März 2015 startet die Initiative unter dem Dach des regionalen Branchennetzwerks Gesundheitswirtschaft Hannover. Station24 sprach mit Anne-Kathrin Vogt, Initiatorin und Einrichtungsleiterin des Pflegehauses Hannover-Ricklingen, das zur Gemeinschaft Deutsche Altenhilfe (GDA) gehört, über Ziele und Mehrwerte des Projekts.

 

In der Region Hannover nehmen aktuell acht Heime an einem Pflegequalitätsprojekt teil. Mit welchem Ziel?
Es geht vor allem darum, die Qualität der Versorgung transparent und verständlich zu machen. Zum einen für die Einrichtungen selbst und zum anderen für Außerstehende, das heißt Interessenten, potentielle Mitarbeiter und Angehörige. Mit der Teilnahme am Projekt setzen die Heime ein deutliches Zeichen und schärfen ihre Profile: Sie können schwarz auf weiß zeigen, wo sie gut sind und wo sie vielleicht noch Nachhochbedarf haben. Letzteres darf allerdings nicht als bloßer Nachteil gesehen werden. Denn eine solche Transparenz schafft vor allem Vertrauen!


Welche Indikatoren ziehen Sie zur Qualitätsmessung heran?
Die Messung erfolgt anhand 16 wissenschaftlicher Indikatoren verschiedener Bereiche des Instituts für Pflegewissenschaft der Universität Bielefeld, zum Beispiel Mobilität, körperliche, kognitive und kommunikative Fähigkeiten der Bewohner, Gestaltung des Alltagslebens, Ernährung und Kontinenz, Dekubitus sowie Fixierung und Medikamente.


Wie erfolgt genau die Umsetzung der Messung?
Ab dem 1. März werden in einem Zeitraum von 2,5 Jahren alle 6 Monate Daten mithilfe eines speziell angefertigten Bewertungsbogens erfasst, der die eben genannten Indikatoren angepasst an den Bewohner beinhaltet. Durch die Vollerhebung im 6-Monatsquerschnitt fällt anders als bei einer Stichprobe wirklich kein Bewohner durchs Raster. Die regelmäßige Erhebung hat aber noch einen weiteren großen Vorteil. Es ist möglich, eine Entwicklung abzubilden. So kann genau gesehen werden, ob sich beispielsweise die Mobilität eines Bewohners seit der letzten Bewertung verbessert oder verschlechtert hat.


Gibt es noch weitere Aspekte, die aus der Messung abgeleitet werden können?
Ja. Die hier ermittelten Daten liefern nicht nur gute Ansätze für das interne Qualitätsmanagement eines Hauses, sondern ermöglichen auch einen Vergleich der Einrichtungen. Wenn es zum Beispiel ein Heim gibt, das eine Dekubitusquote von weniger als 5 Prozent hat und dagegen eine Einrichtung eine Quote von 40 Prozent, sieht man, dass es auch anders gehen kann. Das ist dann sicher auch ein großer Ansporn für die weniger gut abschneidenden Häuser, sich zu verbessern und an der Qualität auf diesem Gebiet zu arbeiten.


Wer profitiert vor allem von einer fundiert erhobenen Ergebnisqualität?
Ganz klar der einzelne Bewohner. Denn seine Situation wird mit der Erhebung in den Fokus genommen. Aber natürlich auch die Angehörigen. Sie erhalten durch die transparente Darstellung der Ergebnisse aus Angehörigen- und Bewohnerbefragungen ein sehr klares Bild. Nicht zu vergessen sind die Mitarbeiter. Die gewonnenen Ergebnisse machen für sie ihre täglichen Bemühungen greifbar. Dadurch steigt wiederum die Sinnhaftigkeit ihrer Arbeit und sie wenden sich ab vom bloßen Verrichtungsbezug.


Die Erhebung der Messdaten ist sicherlich zeitaufwendig und spannt auch die Pflegekräfte ein. Inwiefern geht dies auf Kosten einer qualitativ hochwertigen Pflege?
Zwar verursacht die Erhebung der bewohnerbezogenen Daten zusätzlichen Aufwand. Die Bearbeitung des jeweiligen Fragebogens dauert rund 30 Minuten – beim ersten Mal. Bei der zweiten Erfassung geht das aber schon schneller. Doch viel entscheidender: Dieses Vorgehen bringt einen eindeutigen Mehrwehrt für Einrichtung, Personal und Bewohner sowie deren Angehörige etwa durch regelmäßige Bewertungen, die Vergleichsmöglichkeiten schaffen und klar Stärken und Schwächen definieren. Schlussendlich sind die Erkenntnisse aus den Datenerhebungen so wertvoll, dass sie den Aufwand definitiv rechtfertigen und die Pflegequalität nur steigern können!


Wie sieht es mit der Akzeptanz des Modellprojekts bei den Pflegekräften aus?
Sie stehen der Initiative durchaus positiv gegenüber. Wichtig ist, die Mitarbeiter zu begleiten und kontinuierlich auf dem neuesten Stand zu halten. Und letztlich wollen sie natürlich selbst wissen, wie gut oder schlecht sie abschneiden. Das schafft wiederum Raum für Motivation , wovon nicht nur die Heime, sondern auch die Pflegebedürftigen profitieren.


Die MDK-Pflegenoten zur Bewertung von Heimen stehen derzeit stark in der Kritik. Ist der Hannoveraner Ansatz also eine gute Alternative?
Dieser Ansatz ist in der Gesetzgebung sowieso fest verankert – allerdings ist Qualität immer nur in der Verbindung von Struktur, Prozess und Ergebnisqualität sicher abbildbar. Hier werten wir die Ergebnisqualität als äußerst sinnvolle und wichtige Ergänzung zur momentan stattfindenden Erhebung von Prozess – und Strukturqualität. Inwieweit sich beide Bereiche zukünftig sinnvoll und effizient verbinden lassen, wird die Zeit zeigen. Der MDK ist allerdings im jetzigen Projekt perspektivisch eingebunden etwa zur Kontrolle der Plausibilität der in den Einrichtungen erhobenen Daten.


Wer finanziert das trägerübergreifende Projekt und in welchem Umfang?
Hauptsächlich wird das Projekt von den teilnehmenden Trägern finanziert – die Region Hannover fördert die Initiative mit 15.000 €.

 

Frau Vogt, herzlichen Dank für das Gespräch.

Das Interview führte Johanna Kristen.

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