Zwei Altenpflegeschüler haben einen Pflege-Kanal auf Youtube ins Leben gerufen. Dort stellen sie kostenfrei Lehr- und Lernvideos zur Verfügung. Die Nachfrage nach den Videos steigt kontinuierlich. Grund genug für uns, einen der Initiatoren zum Interview zu bitten.
Herr Jelovac, seit knapp einem Jahr läuft Ihr „Pflege-Kanal" auf Youtube. Was wollen Sie mit den Videos dort erreichen?
Das Projekt von mir und Mirjana Rajcetic ist ein kostenfreier und jederzeit zugänglicher Youtube-Kanal mit Lehr- und Lernvideos. Damit bieten wir allen Auszubildenden in der Altenpflege wichtige Informationen direkt aus dem Unterricht. Wir geben das, was wir im Unterricht gelernt haben, in unseren Worten zurück. Sinn der Sache ist, dass die Ausbildungsinhalte so für jeden verständlich gemacht werden. Unsere Videos sind kurz und simpel gestaltet, damit sie möglichst jeden aus der Altenpflege ansprechen. Der Zeitaufwand für den Zuschauer ist also gering, der Nutzen hoch.
Sie befinden sich beide selbst gerade in der Ausbildung. Warum finden Sie die Videos erforderlich?
Genau, wir sind mittlerweile am Ende des zweiten Ausbildungsjahres. Die Idee für den Pflege-Kanal hatte ich allerdings schon, als ich 2014 meine einjährige Ausbildung zum Altenpflegehelfer absolvierte. Der Anreiz war damals, dass der theoretische und praktische Teil der Ausbildung nicht parallel verliefen und vieles leicht unterging. Aus Personalmangel und Zeitdruck hatten sowohl Fachkräfte als auch Praxisanleiter nicht viele Möglichkeiten, sich den Anforderungen von uns Auszubildenden zu widmen. Wir waren uns eher uns selbst überlassen. Im Internet habe ich nach leicht verständlichem Lernmaterial recherchiert – allerdings ohne größeren Erfolg. Deswegen habe ich mit dem Aufbau des Konzepts für den Pflege-Kanal angefangen.
Wie ging es dann weiter?
Da die einjährige Ausbildung schnell vorbei war, hatte ich keine Möglichkeit, dass Projekt der damaligen Schule vorzustellen. Als Mirjana und ich dann mit der Ausbildung in der Altenpflege begonnen haben, war schließlich der richtige Zeitpunkt gekommen. Die Schulleitung und alle Dozenten der Altenpflegeschule Caritas Akademie St. Vinzenz in Wiesbaden haben uns beim Aufbau des Projekts sehr unterstützt. Dafür sind wir sehr dankbar.
Inwiefern tragen die Dozenten der Schule zu den Videos bei?
Sie stehen uns mit Rat und Tat zur Seite, unterstützen mit Richtlinien, Ratschlägen oder Fachgesprächen. Sie prüfen auch fachlich die Inhalte jedes unserer Videos. Die Einrichtung, in der ich Arbeite – das Vinzenz von Paul Haus in Idstein – stellt uns die Räume zur Verfügung, die wir beispielsweise für die Simulation eines Bewohnerzimmers nutzen.
Wie ist die bisherige Resonanz auf die Videos?
Der Pflege-Kanal ging am 14. September vergangenen Jahres an den Start. Bislang wurden unsere Videos knapp 20.000 mal angeschaut, rund 270 Personen haben unseren Kanal abonniert, mehr als 400 Likes haben wir auf unserer Facebook-Seite – Tendenz steigend.
Wie generieren Sie die Themen für die Videos?
Wir versuchen, die Videos sehr zeitnah zu den Inhalten im Unterricht fertigzustellen. Die Themen wählen wir, stimmen uns aber mit den Dozenten über die Wichtigkeit dieser Themen ab. Das meiste, was wir bislang als Videos ausgestrahlt haben, ist essentiell für jeden Einsteiger und auch examensrelevant. Während unserer praktischen Ausbildungsphase haben wir aber auch gemerkt, dass viele Pflegehilfsmittel nicht genutzt werden, weil entweder keiner im Umgang damit geschult ist oder diese Mittel gar nicht erst vorhanden sind. Diese Lücke wollen wir mit unseren Videos schließen und quasi Aufklärungsarbeit leisten.
Wer schaut sich Ihre Videos an?
Das sind einerseits natürlich Altenpflegeschüler, andererseits aber auch Praxisanleiter aus den einzelnen Einrichtungen der Altenpflege. Für sie sind die Videos eine wertvolle Informationsquelle. Insbesondere dann, wenn die Praxisanleiter schon länger aus der Schule sind. Aufgrund des Schichtdienstes und des Stresses im Job haben sie oft keine Zeit, sich mit den Unterrichtsthemen der Schüler zu befassen. Um zu vermeiden, dass sich das theoretische Ausbildungswissen von der Arbeit in der Praxis zu stark unterscheidet, können Praxisanleiter und Schüler nun gemeinsam den Pflege-Kanal als leicht zugängliche Wissensgrundlage nutzen.
Wie wird es mit dem Projekt weitergehen, wenn Sie Ihre Ausbildung abgeschlossen haben?
Das Grundkonzept werden wir aufrecht erhalten, da man immer dazulernen kann – auch nach der Ausbildung. Im Laufe der Zeit haben sich viele Ideen entwickelt. Ich möchte nicht zu viel verraten, aber wir haben uns vorgenommen, einige Filme zu produzieren, die sich mit dem Image der Pflege und von Pflegenden befassen. Auch die Themen Ernährung im Alter und Multimorbidität reizen uns sehr. Außerdem wissen wir aus Erfahrung, dass es nicht einfach ist, eine Einrichtung in zwei Probearbeitstagen kennenzulernen, um dort eine Ausbildung zu beginnen oder als neuer Mitarbeiter in der Pflege anzufangen. Deswegen planen wir, verschiedene Einrichtungen vorzustellen. Unser im Moment wichtigstes Ziel ist es allerdings, Fördermittel zu generieren, um unsere technische Ausrüstung auf ein professionelles Niveau zu bekommen. Mit unserer Ausbildungsvergütung ist das leider nicht möglich.
Dafür gutes Gelingen und herzlichen Dank für das Gespräch, Herr Jelovac.