In Thüringen etabliert sich ein Pflege-Hospitationsprogramms, in dem Pflegekräfte des Universitätsklinikums Jena den Arbeitsalltag von Altenpflegern kennenlernen – und umgekehrt die Altenpfleger den auf einer Krankenhausstation. Ziel dieses Perspektivwechsels: die Betreuung von Pflegebedürftigen nach einer Behandlung im Klinikum zu verbessern.
Für einen Tag hat Krankenschwester Bärbel Weise ihren Arbeitsplatz am Universitätsklinikum Jena gegen einen im Pflegeheim in Jena getauscht. Die 59-Jährige von der Klinik für Innere Medizin gehört zu den Teilnehmern eines Pflege-Hospitationsprogramms, in dem Pflegekräfte des UKJ den Arbeitsalltag von Altenpflegern kennenlernen – und umgekehrt die Altenpfleger den auf einer Krankenhausstation. Ziel dieses Perspektivwechsels: die Betreuung von Pflegebedürftigen nach einer Behandlung im Klinikum zu verbessern. „Die Kranken- und Altenpfleger lernen die jeweils andere Seite kennen und bekommen Einblick in die dortigen Abläufe", sagt UKJ-Pflegedirektorin Arne-Veronika Boock. Mit dem seit eineinhalb Jahren laufenden Projekt ist das UKJ bundesweit Vorreiter. Rund 60 Beschäftigte von Klinikum und Pflegeeinrichtungen der Region Jena haben das Angebot seitdem genutzt.
"Viele Schnittmengen"
Dass ein solches Hospitationsprogramm Sinn macht, hängt mit der Struktur der Berufsausbildung in den Pflegeberufen zusammen. Alten- und Krankenpflege sind in Deutschland getrennte Berufsbilder und Ausbildungsgänge. „Im praktischen Alltag des Personals in Kliniken oder Pflegeeinrichtungen gibt es allerdings viele Schnittmengen", erläutert Dr. Norbert Hebestreit, Pflegewissenschaftler am UKJ. Der Anteil älterer Patienten im Krankenhaus nimmt immer mehr zu.
„Demenz zum Beispiel ist so ein Thema, die Zahl demenzkranker Patienten steigt am Klinikum", so Hebestreit. „Gerade hier können wir viel von Altenpflegeeinrichtungen lernen." Auch der Schutz bettlägeriger Pflegebedürftiger vor Dekubitus betreffe Kranken- wie Altenpflege gleichermaßen, ebenso der Umgang mit den körperlichen Beeinträchtigungen der noch nicht ganz so schwer Pflegebedürftigen. Bärbel Weise etwa betreut als Krankenschwester vor allem rheumatologische Patienten. „Sie können nicht richtig greifen oder laufen, brauchen dabei Hilfe, der Pflegeaufwand ist höher", erzählt sie. „Das ist bei uns nicht anders als im Pflegeheim." Altenpfleger wiederum erhalten bei ihrem Aufenthalt am Klinikum Einblick in spezifisch medizinische Pflegetätigkeiten, etwa Verbandstechniken oder die Versorgung von Port-Anlagen, künstlicher Venenzugänge für die Gabe von Medikamenten.
Entsprechend groß ist das Interesse der Sozialverbände Diakonie, Arbeiterwohlfahrt und Deutsches Rotes Kreuz, die das UKJ als Partner gewonnen hat. Die Mehrheit der Hospitanten sind bislang Altenpfleger aus deren Einrichtungen im Raum Jena, die den Krankenschwestern und -pflegern am Klinikum über die Schultern schauen.
Kollegen lernen sich gegenseitig kennen und schätzen
An dem Hospitationsprogramm sind alle Kliniken des UKJ beteiligt, wobei die Nachfrage der Pflegeeinrichtungen vor allem die Fachrichtungen Innere Medizin, Psychiatrie und Neurologie betrifft. Die Altenpfleger erhalten auf den jeweiligen Stationen eine Krankenschwester oder einen Krankenpfleger als feste Ansprechpartner, denen sie bei ihrer Arbeit zuschauen. Neben dem Lernen voneinander gibt es noch einen weiteren Nutzen: „Die Kollegen lernen sich gegenseitig auch persönlich kennen und schätzen." Das wirke sich dann sicher auch auf den wertschätzenden Umgang im Arbeitsalltag aus, hofft Hebestreit.
Katrin Zeiss
Quelle: Klinikmagazin des Universitätsklinikums Jena (www.uniklinikum-jena.de)