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Patientenverfügungen

Das Undenkbare denken

Es kann schnell passieren, dass Angehörige oder enge Freunde durch Unfall oder schwere Krankheit nicht mehr ihren eigenen Willen äußern können. In solchen Fällen schaffen Patientenverfügungen und Vorsorgevollmachten Sicherheit. Was bei der Erstellung dieser Dokumente zu beachten ist, erläutert ein Fachanwalt.

Niemand befasst sich gern mit schwerer Krankheit und dem eigenen Tod. Doch was, wenn ein Unfall ins Koma führt oder wenn eine Demenz weit fortgeschritten ist? Dann können Betroffene ihren Willen nicht mehr äußern, und in der Regel müssen die Hinterbliebenen entscheiden, wie es medizinisch weitergehen soll. Das kann sie seelisch stark belasten. Deshalb ist es wichtig festzulegen, was im Fall der Fälle geschehen soll: mit einer individualisierten Patientenverfügung oder einer Vollsorgevollmacht.

In einer Patientenverfügung wird festgelegt, wie in einem Notfall im Bereich der medizinischen und pflegerischen Versorgung verfahren werden soll. Es geht dabei um sehr komplexe Themen wie eine auftretende Demenz, eine andere Hirnschädigung, die es unmöglich machen, eigene Wünsche und Bedürfnisse zu äußern, oder eine nicht heilbare Krankheit. Deshalb Vorsicht – es kommt auf genaue Formulierungen an. „Sätze wie ‚Ich wünsche keine lebenserhaltenden Maßnahmen‘ sind zu pauschal", sagt Dr. Ansgar Beckervordersandfort, Fachanwalt für Erbrecht und Notar sowie Partner von SmartLaw. „Die Verfügung muss konkrete medizinische Situationen beschreiben, in die ein Mensch geraten kann, und sie muss Behandlungsmethoden für jede dieser Situationen explizit benennen beziehungsweise ausschließen." Nur dann könnten Mediziner eindeutig auf den Willen eines Patienten schließen, der sich nicht mehr klar artikulieren kann.

Individuell statt „von der Stange"

Krankenkassen, Patientenverbände und Institutionen wie die Deutsche Alzheimer Gesellschaft raten deshalb davon ab, Standardformulare zu verwenden. Wer eine Patientenverfügung aufsetzen möchte, sollte sich mit Familie und Freunden beraten und möglichst auch den Hausarzt befragen. Dieser weiß, welche Behandlungsmethoden in welcher Situation potenziell zum Einsatz kommen. Danach kann ein Dokument zusammengestellt werden, das den individuellen Wünschen entspricht. Spezielle Online-Anbieter können dabei helfen, ein individuelles und juristisch klares Dokument zu erstellen und können mithilfe eines einfachen, strukturierten Online-Fragenkatalogs Missverständnisse durch eine falsche Wortwahl und eine verwirrende Argumentationsstruktur verhindern.

Den eigenen Willen regelmäßig prüfen
Außerdem sollte eine Patientenverfügung regelmäßig aktualisiert werden. Zwar bleibt eine Verfügung formaljuristisch auch nach vielen Jahren wirksam, in der Praxis führt ein altes Dokument aber oft zu Problemen.

Ein Beispiel:

Eine Frau Ende 50 steht noch voll im Berufsleben und äußert sich in ihrer Patientenverfügung über Demenz. Die Passagen spiegeln ihre gegenwärtige Einstellung zum Thema wider. Diese kann sich später aber ändern, sollten Ärzte eine beginnende Demenz diagnostizieren. Ist die Erkrankung erst so weit fortgeschritten, dass die Frau ihre Patientenverfügung nicht mehr erneuern kann, wird das Dokument möglichweise faktisch unbrauchbar.

Vorsorge auch für Vermögens- und andere persönliche Angelegenheiten
Die Vorsorgevollmacht regelt vor allem, wer im Namen des Betroffenen handeln darf. Es werden ein oder mehrere Bevollmächtigte benannt, die befugt werden im Notfall, die persönlichen und Vermögensangelegenheiten im Namen des Betroffenen zu regeln. Dazu gehört auch der Zugriff auf das eigene Vermögen. Dies ist notwendig, wenn etwa Rechnungen bezahlt werden müssen und der Betroffene selbst dazu nicht in der Lage ist. Natürlich besteht auch das Risiko des Missbrauchs der Vollmacht. Der Bevollmächtigte kann jedoch nur handeln, wenn er das Original der Vollmachtsurkunde besitzt. Sie schließt aber erst einmal die Entscheidungen, wie die medizinische und pflegerische Behandlung aussehen soll, nicht mit ein. Erst durch die Ergänzung der Vorsorgevollmacht um eine Patienten- und Betreuungsverfügung wird dies möglich.

Vorsorgevollmacht, Patientenverfügung und Betreuungsverfügung gemeinsam erstellen

Die umfassendste Möglichkeit zur vorsorglichen Regelung der eigenen Angelegenheiten für „den Fall der Fälle" ist eine Kombination aus Vorsorgevollmacht, Patientenverfügung und Betreuungsverfügung. So sind alle Aspekte in einem Dokument geregelt. Dadurch wird verhindert, dass diese wichtigen Dokumente einander widersprechen und am Ende vielleicht doch nicht der eigene Wille Beachtung findet.

„Mit diesem Recht ist eine hohe Verantwortung verbunden, die auch zur Last werden kann", sagt Anwalt Beckervordersandfort. Denn im Notfall muss die oder der Bevollmächtigte den Ärzten mitteilen, ob eine medizinische Maßnahme durchgeführt oder abgebrochen werden soll. „Deshalb sollten derjenige, der eine Vorsorgevollmacht und Patientenverfügung errichtet und seine Vertrauensperson ausführlich und offen über Wertvorstellungen und Ängste sprechen." Außerdem müsse der Bevollmächtigte wissen, wo die Vollmacht aufbewahrt wird oder aber er sollte selbst ein Exemplar erhalten, um für den Vollmachtgeber handeln zu können. Freilich könne auch eine tiefe zwischenmenschliche Beziehung über die Jahre Risse bekommen, so Beckervordersandfort. Deshalb bestehe selbstverständlich die Möglichkeit eine Vorsorgevollmacht jederzeit zu widerrufen.

Schließlich können und sollten Vorsorgevollmacht und Patientenverfügung im zentralen Vorsorgeregister der Bundesnotarkammer registriert werden. Dies ist auch für Vollmachten möglich, die nicht bei einem Notar errichtet worden sind. Durch Einsicht in das Register finden Ärzte, Gerichte und Behörden im Fall der Fälle schnell heraus, dass eine Vorsorgevollmacht und Patientenverfügung existiert und wer der Bevollmächtigte ist.

 

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