Arbeitsverdichtung und Kostendruck – die Pflege steht heute zunehmend im Spannungsfeld zwischen Ethik und Ökonomie. Umso wichtiger ist es für die Berufsgruppe, sich einzumischen und politisch aktiv zu werden, so der Tenor des 5. Pflegemanagement-Kongresses in Köln. „Viele Pflegende empfinden ihre tägliche Arbeit als ethisch problematisch und mit dem beruflichen Selbstverständnis kaum noch vereinbar", sagte Vera Lux in ihrer Begrüßung vor rund 150 Teilnehmern. Die Pflegedirektorin und Vorstandsmitglied an der Uniklinik Köln hatte Ende September nach Köln eingeladen, um mit renommierten Referentinnen und Referenten zu diskutieren: Stehen Ethik und Ökonomie als unüberbrückbare Gegensätze grundsätzlich im Widerspruch? Und wie kann die Pflege sich bei ethischen Dilemmata positionieren? Prof. Dr. Christiane Woopen, Leiterin der Forschungsstelle Ethik an der Uniklinik Köln, bemängelte als zentralen Missstand, dass Klinikarbeiter Patienten nicht so versorgen können, wie es ihren berufsethischen Vorstellungen entspreche. „Es steht zu sehr im Vordergrund, was für die Abrechnung das Beste ist, und es wird zu wenig gefragt, was für den Patienten gut ist", resümierte Woopen. Der Deutsche Ethikrat spreche sich deshalb für eine Weiterentwicklung des DRG-Systems aus. „Das Patientenwohl muss wieder in den Fokus rücken", so Woopen, die bis April 2016 Vorsitzende des Deutschen Ethikrats war. Diese Forderung unterstützte auch Cordula Mühr, Patientenvertreterin im Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA). Sie betonte, dass ein wirtschaftlicher Umgang mit den Ressourcen im Gesundheitswesen zwar auch im Interesse der Patienten sei. Allerdings habe sich die Wirtschaftlichkeit dem Patientenwohl unterzuordnen. „Eine patientenzentrierte Versorgung braucht Personal, Zeit, Kompetenz und gelingende Kommunikation", so die Patientenvertreterin. Welche Möglichkeiten Pflegende haben, Einfluss auf Rahmenbedingungen zu nehmen, diskutierten Prof. Dr. Frank Weidner und Dr. Markus Mai. Die Pflege könne hier von der Medizin einiges lernen, meinte Weidner, Direktor des Deutschen Instituts für angewandte Pflegeforschung (DIP). Denn die Einflussnahme hänge eng mit dem Grad der Organisiertheit zusammen. „Der Marburger Bund hat aktuell mehr als 115.000 Mitglieder und vertritt damit etwa 75 Prozent der angestellten und verbeamteten Ärztinnen und Ärzte", so der DIP-Direktor. Das bekomme die Pflege nicht annähernd hin. Er appellierte an die Pflegenden, sich stärker politisch zu engagieren, zum Beispiel in Berufsverbänden und Gewerkschaften. Dabei zitierte er Agnes Karll, Gründerin des DBfK: „Wer soll uns denn unser Boot aufbauen, wenn wir es nicht selbst tun?" Als erster Präsident einer Landespflegekammer in Deutschland konnte Dr. Markus Mai konkret aufzeigen, wie sich eine Selbstverwaltung im Spannungsfeld zwischen Ökonomie und Ethik positionieren kann. Dazu gehöre beispielsweise das Formulieren ethischer Prinzipien und Leitlinien, aber auch die Beratung der Mitarbeiter bei ethischen Fragen. Das Thema Ethik sei zudem mit einem eigenen Ressort in der Pflegekammer besetzt. Das Fundament von allem sei aber die Berufsordnung. „Diese ist das Grundgesetz für die Entwicklung der Pflege im Land", betonte der Kammerpräsident aus Rheinland-Pfalz. „Sie bietet uns Orientierung, Selbstbewusstsein und wird eine neue Form von Identität schaffen. Künftig werden sich Arbeitgeber gut überlegen, ob sie Beschäftigungsverhältnisse zulassen, die eine adäquate Umsetzung der Berufsordnung nicht ermöglichen."