In Hessen hat sich die Landesregierung gestern in einer außerordentlichen Gesellschafterversammlung über die wirtschaftliche Lage des Universitätsklinikums Gießen und Marburg (UKGM) informieren lassen, an dem das Land noch fünf Prozent der Anteile hält. Anlass waren die vom privaten Betreiber Rhön dementierten, aber vom Betriebsrat bestätigten und in den Medien zirkulierten Pläne, in den kommenden zwei Jahren rund 500 Stellen am Klinikum zu streichen. Wie Wissenschaftsministerin Eva Kühne-Hörmann (CDU) im Anschluss an die Versammlung mitteilte, soll es aber keinen Stellenabbau in dieser Höhe gebe.
Völlig ausschließen konnte sie die Streichung von Arbeitsplätzen laut einem Bericht des „Hessischen Rundfunks“ (HR) aber auch nicht. Zurzeit werde noch diskutiert, welche Maßnahmen in Krankenhausversorgung, Forschung und Lehre verantwortet werden könnten. Offenbar muss am Klinikum also gespart werden. Die Geschäftsleitung hat sich noch nicht offiziell geäußert, dem Betriebsrat zufolge sei ein Stellenabbau aber bereits im Gange. Dem HR sagte er, im Patienten-Transportdienst seien bereits Stellen gestrichen und in der Pflege nicht mehr neu besetzt worden. Entsprechend wurde die gestrige Versammlung von einer Demonstration begleitet. Für den kommenden Samstag hat dem Bericht zufolge zudem ein Bündnis aus Parteien, Gewerkschaften, Bürgern, Beschäftigten und Betriebsrat zu einer Protestveranstaltung in Marburg aufgerufen. Geplant sei auch eine Unterschriftenaktion.
Die Universitätsklinika Gießen und Marburg waren 2005 fusioniert und im Jahr darauf als erstes und bislang einziges deutsches Universitätsklinikum privatisiert worden. Seitdem hält das Land fünf Prozent der Anteile und die Rhön-Klinikum AG 95 Prozent. Während die Bilanz aus wirtschaftlicher und politischer Sicht bislang erfolgreich ausfiel, wurde die Übernahme durch den größten deutschen privaten Krankenhausbetreiber aber von Beginn an auch von Protesten begleitet. Kritiker fürchten, das Gewinnstreben des Konzerns stehe dem Versorgungsauftrag sowie der Unabhängigkeit von Forschung und Lehre entgegen. Zudem wurde eine Verschlechterung der Arbeitsbedingungen befürchtet. Eine Initiative für ein Volksbegehren gegen die Privatisierung blieb erfolglos.
Ende Februar hatte die Geschäftsführung des UKGM angekündigt, Gespräche mit Betriebsrat und Gewerkschaft aufnehmen zu wollen, um über die Auswirkungen des Kostendrucks im Gesundheitswesen zu sprechen. Allein in diesem Jahr müsse das Klinikum eine Belastung seines geplanten Ergebnisses von mehr als zehn Millionen Euro durch externe Rahmenbedingungen hinnehmen, während gleichzeitig der Landesbasisfallwert zu gering ansteige, um die Tarifsteigerungen ausgleichen zu können. Da sich abzeichne, dass die Erlösentwicklung des UKGM nicht dauerhaft mit der Kostenentwicklung Schritt halten könne, seien sowohl Maßnahmen zur Erlössteigerung als auch zur Kostensenkung notwendig. Abläufe im Haus, die Sachkostenentwicklung und der Personaleinsatz ständen daher ab sofort auf dem Prüfstand, hieß es in einer offiziellen Mitteilung. In einem in den Medien zitierten internen Schreiben an die Mitarbeiter soll konkret von 500 Arbeitsplätzen die Rede gewesen sein, die im Laufe der kommenden zwei Jahre abgebaut werden sollten. Rhön dementiert diese Zahl.