Der Jurist und Experte für Medizin- und Gesundheitsrecht Jochen Taupitz hat der deutschen Ärzteschaft nahegelegt, davon abzusehen, ein Verbot der Beihilfe zum Suizid standesrechtlich festschreiben zu wollen. Das gestern bekannt gewordene Urteil des Berliner Verwaltungsgerichts, wonach Ärzte in besonderen Ausnahmefällen sterbewilligen todkranken Patienten entsprechende Medikamente überlassen dürfen, habe Medizinern einen „kleinen Türspalt“ geöffnet, sagte Taupitz der Nachrichtenagentur dpa. Er hält die Mediziner für die geeignetste Berufsgruppe für einen assistierten Suizid. Taupitz ist Direktor des Instituts für Deutsches, Europäisches und Internationales Medizinrecht, Gesundheitsrecht und Bioethik der Universitäten Heidelberg und Mannheim und Mitglied des Deutschen Ethikrates.
Die Ärztekammer Berlin hingegen, in dem vor dem Berliner Verwaltungsgericht konkret verhandelten Fall unterlegene Partei, beharrt weiter auf berufsrechtlichen Konsequenzen wie dem Entzug der Approbation oder Geldstrafen für Mediziner, die bewusst Beihilfe zum Selbstmord leisten. Laut einem Bericht der „Berliner Zeitung“ begründet Kammerpräsident Günther Jonitz dies mit der ärztlichen Ethik. „Wenn ein Patient beschließt zu sterben, dann kann der Arzt nicht derjenige sein, der das vollzieht," zitiert ihn die Zeitung. Viele Menschen, die sich an Sterbehilfeorganisationen wendeten, seien zudem nicht tödlich erkrankt, sondern litten unter psychischen Problemen. Das von den Berliner Richtern gesprochene Urteil betreffe dagegen nur eine geringe Zahl von Menschen. Er verwies auf die passive Sterbehilfe, bei der Mediziner etwa auf Wunsch todkranker Patienten keine lebensverlängernden Maßnahmen ergreifen oder Morphium verabreichen, obwohl dies lebensverkürzend wirken kann.