Die Krankenhäuser haben in ihrem Kampf gegen Budgetkürzungen und Sonderabgaben gestern noch einmal den Druck auf die Landes- und Bundespolitik erhöht. In Nordrhein-Westfalen forderte der Vizepräsident der Landeskrankenhausgesellschaft (KGNW) schnelle finanzielle Hilfen für die 404 Kliniken in NRW, die durch die jüngsten Tarifabschlüsse einer Finanzierungslücke allein im Personalkostenbereich von 295 Millionen Euro im laufenden Jahr entgegen sähen. In Hessen veröffentlichte der Klinikverbund öffentlich-rechtlicher Träger sein angekündigtes Fünf-Punkte-Papier, in dem auch er Sofortentlastungen und ein solides Finanzierungskonzept verlangt. Zudem laufen in beiden Ländern großangelegte Informationskampagnen, um die Öffentlichkeit auf die Finanzlage der Kliniken aufmerksam zu machen.
„Unsere Sorge ist, dass die Politik hier die Krankenhäuser im Stich lässt und damit mehr als 6.000 Arbeitsplätze in den Krankenhäusern gefährdet“, sagte KGNW-Vize Jochen Brink gestern auf einer Pressekonferenz in Düsseldorf. Mit 400 Millionen Euro belasteten die Tarifabschlüsse die Kliniken in diesem Jahr, nur 105 Millionen stünden aber zur Refinanzierung bereit. Hinzu kämen noch die erheblichen Energie- und Sachkostensteigerungen. Um nicht in die groteske Situation zu kommen, einerseits unbesetzte Stellen für Ärzte und Pflegekräfte zu haben, gleichzeitig aber aus Finanzierungsnöten weitere Mitarbeiter nicht beschäftigen zu können, müssten die Kliniken schnelle finanzielle Hilfen bekommen. Darüber hinaus brauche es dringend „eine nachhaltige und verlässliche Krankenhausfinanzierung, um den Patientinnen und Patienten weiterhin eine qualitativ hochwertige Krankenhausversorgung ohne Billigmedizin, ohne Wartelisten und ohne Leistungseinschränkungen bieten zu können“, so Brink. Er forderte insbesondere auch die Landespolitiker in NRW auf, sich im Zuge der Landtagswahl auch in Berlin aktiv für die Umsetzung dieser Forderungen einzusetzen. Zum einen erwarteten die 250.000 Beschäftigten in den nordrhein-westfälischen Krankenhäusern, dass sich die Kandidaten aus NRW heraus in Berlin um ihre Belange kümmerten, zum anderen habe, wer ein Fünftel der Bevölkerung in Deutschland repräsentiere, „Stimme und Einfluss bei den verantwortlichen Kollegen der Bundestagsfraktion.“
Brink ging auch auf die zum Teil bereits angelaufene Informationskampagne der KGNW ein, in derem zuge Großflächenplakate in 167 Städten geschaltet würden, ergänzt durch MegaLights, Infoscreens und mobile Flächen, aber auch eine Großveranstaltung am 25. April, Anzeigenschaltungen in regionalen und überregionalen Zeitungen sowie eine SocialMedia-Aktion bei Facebook.
Parallel veröffentlichte der Klinikverbund Hessen heute wie angekündigt sein Fünf-Punkte-Papier, in dem der Zusammenschluss 33 hessischer Krankenhäuser in öffentlich-rechtlicher Trägerschaft ebenfalls Soforthilfen und ein solides Finanzierungskonzept fordert. Verbundgeschäftsführer Arist Hartjes nannte es einen Skandal, dass die Kliniken trotz gewaltiger Sanierungsanstrengungen von der Bundesregierung im Stich gelassen würden, während die Gehälter stiegen und die Krankenkassen auf Milliardenüberschüssen säßen. Dabei müsse berücksichtigt werden, dass jede Tarifsteigerung auch die Sozialabgaben der Beschäftigten erhöhen, was wiederum die Einnahmen der gesetzlichen Krankenkassen anhebe, während die Krankenhäuser auf den Lohnsteigerungen sitzen blieben. „Es ist an der Zeit, das Finanzierungssystem an diesem Punkt zu ändern. Auch die Leistungserbringer müssen an den Einnahmezuwächsen beteiligt werden“, lautet deshalb eine der Kernforderungen des Fünf-Punkte-Papiers, eine weitere, dass die Kosten für die Krankenhausleistungen künftig an die allgemeinen Kostensteigerungen gekoppelt werden sollen, die auch die Tarifentwicklung berücksichtigen.
Auch der Klinikverbund Hessen unterstützt die Aktionen der Deutschen und der Hessischen Krankenhausgesellschaft, um die Bevölkerung mit einzubeziehen. „Schließlich sind sie am Ende die Leidtragenden, wenn sich durch das bestehende Finanzierungssystem mit seinen Fehlanreizen die medizinische Versorgung zunehmend verschlechtert“, sagte Geschäftsführer Hartjes.