Der gesundheitspolitische Sprecher der Union Jens Spahn (CDU) hat davor gewarnt, die Diskussion um die Private Krankenversicherung (PKV) als „Neiddebatte“ im Verhältnis zur Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) zu führen. Stattdessen müsse es um die Probleme innerhalb der PKV gehen und wie diese auch innerhalb des Systems zu lösen seien. Eine Auflösung der PKV oder Überführung in eine Bürgerversicherung, wie die Opposition es teilweise anstrebt, lehnt er in einem gestern veröffentlichten Thesenpapier anlässlich des heute beginnenden 115. Deutschen Ärztetages in Nürnberg weiter strikt ab.
Spahn identifiziert „eine Reihe von Problemen“ im PKV-System, die mittlerweile auch von führenden Branchenvertretern eingeräumt würden. Dazu zählten deutliche Ausgabensteigerungen aufgrund steigender Morbidität und Überalterung, aber auch teils unnötig abgerechneter Leistungen, was wiederum zu überdurchschnittlichen Beitragssteigerungen in vielen Tarifen führe, die viele Privatversicherte überforderten. Hinzu kämen Lock- und Billigtarife, die nicht ansatzweise hielten, was sie versprächen, eine zu große Zahl von verschiedenen Tarifen, die Transparenz und Wettbewerb im Weg ständen sowie ein Markt, der nicht versorgungs-, sondern vertriebsgesteuert sei, was auch die Provisionsexzesse der vergangenen Jahre belegten.
Um dieser Probleme Herr zu werden, fordert Spahn in seinem Thesenpapier „das Ende der Billigtarife, eine überarbeitete Systematik zur Kalkulation der Tarife, ein einheitlich definierter Mindestversicherungsschutz und eine stärkere Versorgungs- und eine geringere Vertriebsorientierung“. Grundlage aller Überlegungen zur Zukunft der Krankenversicherung in Deutschland müsse aber weiter ein System sein, in dem eine große Zahl von Anbietern in Preis und Qualität miteinander im Wettbewerb stünden, damit Versicherte und Patienten profitierten.
Der Opposition warf Spahn vor, eine „linke Neiddebatte“ zu führen, deren Argumente aber zu kurz griffen. So seien etwa die Finanzprobleme der GKV nicht dadurch zu lösen, dass die privat versicherten „unsolidarischen Besserverdiener“ zwangseingegliedert würden und sei es ein Mythos, dass Privatpatienten besser versorgt würden als gesetzlich Versicherte. Branchenexperten gingen sogar davon aus, dass bis zu 80 Prozent der PKV-Tarife einen schlechteren Schutz böten als die Gesetzliche Krankenversicherung, etwa wegen schlechterem Leistungsanspruch bei Heil- und Hilfsmitteln, Dauer und Umfang von Anschlussheilbehandlungen, psychiatrischen und psychotherapeutischen Behandlungen und vielem mehr. „Da lässt sich mancher von kürzeren Wartezeiten beim Arzt in die Irre führen“, so Spahn.
Für die GKV hält der Unionspolitiker weiter an der Notwendigkeit einer lohnunabhängigen Beitragskomponente fest, um künftige Kostensteigerungen zu finanzieren. Nur so könne die einseitige arbeitsmarktpolitische Sichtweise auf steigende Beitragssätze als etwas Negatives vermieden werden. Denn wenngleich Gesundheitspolitik immer zuerst sozialpolitische Daseinsvorsorge sei, werde die Gesundheitsbranche eben auch immer mehr als Wirtschafts- und Wachstumsmotor wahrgenommen, der Arbeitsplätze schaffe und in dem steigende Ausgaben aus wirtschaftpolitischer Sicht in gewissen Maßen sinnvoll und wünschenswert seien. Dies und die sicher weiter steigenden Kosten müsse die Politik aber auch ehrlich kommunizieren.
Spahns zehn Thesen zur Zukunft der Krankenversicherung hat er in seinem persönlichen Blog veröffentlicht.