Ärztepräsident Frank Ulrich Montgomery hat sich zu Beginn des 115. Deutschen Ärztetages in Nürnberg für den Erhalt des dualen Krankenversicherungssystems mit gesetzlichen und privaten Anbietern ausgesprochen. Eine wirkliche Zwei-Klassen-Medizin, wie sie immer wieder beklagt werde, gibt es seiner Ansicht nach zurzeit nicht. „Die würde aber sofort entstehen, wenn in einer Einheitsversicherung in Zukunft Bürokraten entschieden, wie Fortschritt und Zukunft auszusehen hätten“, warnte Montgomery. Die von SPD und Grünen propagierte Bürgerversicherung wäre für ihn nichts anderes als ein „Turbolader“ für die Zwei-Klassen-Medizin.
Der Ärztetag will sich in diesem Jahr intensiv mit Finanzierungsfragen der Krankenkassen beschäftigen. Montgomery kündigte an, sich in die gesundheitspolitische Debatte einschalten zu wollen. Wenn die Parteien im Herbst ihre Programme für den Bundestagswahlkampf schreiben, müssten die Ärzte „sehr genau darauf achten, dass ausreichend Freiheitselemente in sozialer Gerechtigkeit“ darin auftauchten. Die Freiheit ärztlicher Entscheidungen in medizinischen Fragen sei auch eine Grundfreiheit der Patienten, denn diese müssten sich darauf verlassen können, dass der Mediziner, der sie berate und behandele dies in ihrem Interesse tue und nicht als Vertreter des Staates oder der Kassen tue.
Ein positives Urteil fällte Montgomery in seiner Eröffnungsrede über die gesundheitspolitische Arbeit der Bundesregierung. Der schwarz-gelben Koalition sei es gelungen, Finanzsicherheit für eine ganze Legislaturperiode zu schaffen. Die jetzt vorhandenen Überschüsse von Kassen und Gesundheitsfonds müssten nun als Rücklagen angelegt werden. „Wenn Politik dann aber doch Begehrlichkeiten im Wahlkampf entwickelt und meint, dem Bürger als politischem Akt etwas zurückgeben zu müssen, dann sollte man das Geld nicht durch kaum merkbare Beitragsrückerstattungen oder noch schlimmer – durch Beitragssatzsenkungen verpulvern“, warnte Montgomery. Stattdessen müsse die Praxisgebühr abgeschafft werden, die keinen messbaren Effekt bringe und nur Bürokratie schaffe und das Verhältnis von Arzt und Patient belaste. Auch die Sinnhaftigkeit von „Sonderopfern“ der niedergelassenen Ärzte und der Krankenhäuser gehöre auf den Prüfstand. Diese für notleidende Kassen einzufordern, sei kaum länger redlich, wenn die Kassen kräftige Überschüsse einführen.