Opposition und Verbände haben das gestern von der Bundesregierung verabschiedete Patientenrechtegesetz als enttäuschend bewertet. Wichtige Regegelungen etwa zur Patientensicherheit oder den sogenannten Individuellen Gesundheitsleistungen (IGeL) fehlten ebenso wie ein Härtefallfonds für die Opfer von Behandlungsfehlern. Den federführenden Minister für Gesundheit und Justiz Bahr und Leutheusser-Schnarrenberger (beide FDP) werfen SPD und Grüne vor, mit dem Gesetz den Interessen der Ärzteschaft nachzukommen.
Nach zwei Jahren Arbeit sei nun ein Gesetz herausgekommen, dass lediglich eine Zusammenfassung bestehender Rechte liefere, sagte die stellvertretende gesundheitspolitische Sprecherin der SPD Marlies Volkmer. Entgegen der Ankündigungen der Koalition blieben wesentliche für Patienten relevante Bereiche gänzlich unerwähnt. Dazu zählte sie den Entschädigungsfonds für Härtefälle ebenso wie Regelungen zur Verbesserung der Sicherheit von Medizinprodukten. „Auch Maßnahmen zur Kontrolle der problematischen Individuellen Gesundheitsleistungen sind im Gesetzentwurf nicht zu finden“, so Volkmer. Bahr und Leutheusser-Schnarrenberger enttäuschten damit alle Patienten, denen sie seit Jahren Unterstützung versprochen hätten. „Das ist auch nicht verwunderlich, wenn man sich die gegenseitigen Sympathiebekundungen von Bahr und der Ärzteschaft auf dem derzeit stattfindenden Ärztetag anschaut.“ Schließlich halte Ärztepräsident Montgomery jede Verbesserung der Patientenrechte für unnötig.
Auch die Sprecherin für Patientenrechte und Prävention der Grünen, Maria Klein-Schmeink, warf den beiden Ministerin vor, mit dem Entwurf zwar den Applaus der organisierten Ärzteschaft sicher zu haben, aber keinerlei durchgreifende Verbesserungen für Patienten durchzusetzen. Auch sie nannte fehlende Regelungen bei IGeL und Medizinprodukten und den fehlenden Härtefallfonds, kritisierte aber zudem, das geltende Rechtsprechung in einigen Passagen nur in Teilaussagen übernommen werde, was anderslautende Vorgaben im Gesetz wiederum teilweise relativiere. „Es ist daher nicht auszuschließen, dass die Rechte von Patienten in einem Beweislastprozess hinter höchstrichterliches Recht zurückfallen. Bisher haben Aufklärungsversäumnisse des behandelnden Arztes die Beweislast von Patienten erleichtert“, sagte Klein-Schmeink. Allein gelassen würden darüber hinaus etwa gehörlose Menschen mit Kommunikationsbarrieren. Sie müssten auf eigene Kosten einen Dolmetscher hinzuziehen.
Der Paritätische Wohlfahrtsverband kritisierte, der Entwurf bleibe nicht nur hinter den Erwartungen, sondern auch hinter der geltenden Rechtsprechung zurück. Zwar schaffe es Transparenz und Verbindlichkeit, aber immer noch keine Kommunikation auf Augenhöhe. Der Patient bleibe damit in einer unmündigen Position, sei es die Frage der Kommunikation mit Menschen ohne Deutschkenntnisse, der Beweislast beim Kunstfehler oder der notwendigen Beratung bei zusätzlichen Leistungen wie IGeL. Insbesondere dem Geschacher mit den Selbstzahlerleistungen werde kein ausreichender Einhalt geboten, sagte Verbandschef Rolf Rosenbrock. „Vom Leitbild des mündigen Patienten und dem vertrauensvollen Arzt-Patient-Verhältnis ist dieser Gesetzentwurf noch denkbar weit entfern.“