Die Zweiklassenmedizin in Deutschland stellt sich laut einer aktuellen Studie unter Federführung des Kieler Gesundheitsökonomen Thomas Drabinski offenbar anders dar als bislang angenommen: Die Vorteile kürzerer Wartezeiten oder zuzahlungsfreier Augentropfen bezahlen privat Krankenversicherte demnach mit einem insgesamt schlechteren Gesundheitsschutz und „existenziellen Leistungsausschlüssen im Krankheitsfall“. Mehr als 80 Prozent der Tarifsysteme der Privaten Krankenversicherung (PKV) leisteten weniger als die Gesetzliche Krankenversicherung (GKV), berichtet der „Spiegel“ heute aus der Studie.
Für den einmaligen Leistungsvergleich der beiden Krankenversicherungssysteme haben Drabinski und seine Mitarbeiter laut dem Magazin 85 Kriterien ausgewählt, um einen Standard für eine umfassende Absicherung zu definieren. 32 private Versicherer und 208 Tarifsysteme mit insgesamt 1567 Kombinationen wurden daran gemessen, keine konnte alle erfüllen. Im Ergebnis sei eine private Krankenversicherung danach nur für Menschen von Vorteil, die nie krank werden oder so viel Geld haben, dass sie sich alles auch aus eigener Tasche leisten können.
Im Sinne einer Reformierung des PKV-Systems empfehlen die Studienautoren einheitliche Tarifkriterien und eine Abkehr von den bisherigen Vertriebsstrukturen. So müsse es einheitliche Ausbildungs- und Zulassungsvorschriften für Makler geben sowie Mindestqualifikationen. Auch die Provisionen der Makler sollten von derzeit neun Monatsbeiträgen auf vier beschränkt werden. Eine Abschaffung der PKV, wie sie etwa SPD und Grüne seit Jahren fordern, lehnen die Wissenschaftler ab, weil es auch Vorteile gegenüber der GKV, etwa durch die Bildung von Altersrücklagen, gebe.