Der stellvertretende Vorstandsvorsitzende der Kassenärztlichen Vereinigung Baden-Württemberg, Johannes Fechner, hat mit deutlichen Worten auf die jüngsten Äußerungen des GKV-Spitzenverbandes zur Diskussion um die Individuellen Gesundheitsleistungen (IGeL) reagiert. Fechner sagte am Mittwoch in Stuttgart: „Es fällt mir schwer nachzuvollziehen, warum der GKV Spitzenverband IGeL ablehnt und Schranken fordert. Die meisten IGeL erfolgen zum einen auf Patientenwunsch und sind zum anderen medizinisch sinnvoll“. Warum sollten etwa reise- oder sportmedizinische Beratungen, die Tauglichkeitsuntersuchungen für Exremsportarten, Bescheinigungen für den Besuch des Kindergartens oder das Entfernen von Tätowierungen nicht vom Patienten selbst bezahlt werden? „Ich darf darauf hinweisen, dass viele dieser Leistungen nur deshalb von den Patienten selbst bezahlt werden müssen, weil die Krankenkassen sie aus ihrem Leistungskatalog gestrichen haben“, so Fechner. Besonders fragwürdig finde er die Haltung des Spitzenverbandes, „wenn gleichzeitig eine Reihe seiner Mitglieder derartige Leistungen in ihren Leistungskatalog aufgenommen haben.“
Als „abwegig“ bezeichnete Fechner vor diesem Hintergrund die Forderung, dass IGeL erst nach einer 24-stündigen „Denkpause“ erbracht werden dürfen. „Der GKV-Spitzenverband zeigt hier mal wieder, dass er wenig Kenntnis vom Alltag in einer Praxis und der Behandlung von Patienten hat.“ Warum solle der Arzt einen Patienten, der eine IgeL nachfragt, wieder nach Hause schicken? Die Patienten müssten einen neuen Termin vereinbaren und noch einmal den Aufwand für den Besuch auf sich nehmen, obwohl sie bereits vor dem Arzt stünden. „Viele Leistungen ergeben sich zudem erst im Laufe einer Behandlung. Soll der Arzt die Patienten, deren Kasse die IGeL wie beispielsweise Osteopathie in ihren Leistungskatalog aufgenommen hat, auch erst nach Hause schicken? Das ist Absurdistan und führt zu völligem Unverständnis bei den Patienten.“
Fechner betonte, dass das Erbringen von IGeL klar gesetzlich geregelt ist. Nach dem Gesetz und den Handlungsempfehlungen der Kassenärztlichen Vereinigungen müsse der Arzt den Patienten vor der Behandlung darüber aufklären, warum die Leistung sinnvoll ist, dass sie nicht von den Kassen bezahlt werde und einen schriftlichen Behandlungsvertrag abschließen. Der Patient müsse also ausdrücklich zustimmen. „Das ist sinnvoll so, aber auch ausreichend.“